Polestar hat ein neues Flaggschiff, den Polestar 5. Foto: Polestar

Der Polestar 5 hat enorme Wucht 

Mit seinem Elektro-GT will die chinesisch-schwedische Marke Polestar in der eiligen Eliteliga der Stromer mitspielen.

Eigentlich steht Matthias Schweighöfer ja eher für gute Laune. Der beliebte Schauspieler und Regisseur präsentiert aber am Abend vor Beginn der IAA einen Kurzfilm, der reichlich kritische Töne transportiert: vor allem an Teilen der deutschen Politik und der Autoindustrie, die dem Verbrenner gern noch ein bisschen längere Zukunft gönnen wollen als bisher geplant.

Auftraggeber für das Werk ist indes nicht Greenpeace oder fridays for future … der schwedisch-chinesische Autobauer Polestar will so für sein neues Modell Polestar 5 werben. Der fährt natürlich vollelektrisch, gern mal ziemlich schnell und ab sofort auch mit Werbepartner Schweighöfer am Steuer. „Polestar steht für mutige Ideen, progressive Technologie und klare Haltung“, erklärt Firmenchef Michael Lohscheller die Idee hinter der Kooperation.

Skandinavisches Design

Seine Marke zeigt in München ihr viertüriges Elektro-GT-Modell erstmals der Öffentlichkeit – und setzt auf eine Symbiose aus skandinavischem Design, Hightech-Komponenten aus Asien, einer klaren Positionierung im Premiumsegment und hat es eben ganz eilig mit der Nachhaltigkeit. Die Bühne IAA ist dabei bewusst groß gewählt: Schließlich tritt der Polestar 5 nicht in einer Nische an, sondern im direkten Wettbewerb mit den größten Namen der Szene. Und die kommen vor allem aus Deutschland und den USA.

Heck ohne Scheibe. Technische Superlative und kühles Skandinaviendesign beim Polestar 5 sollen auch bisherige Kunden deutscher Premiummarken betören. Fotos: Polestar
Heck ohne Scheibe. Technische Superlative und kühles Skandinaviendesign beim Polestar 5 sollen auch bisherige Kunden deutscher Premiummarken betören. Fotos: Polestar

Der Gran-Tourismo setzt ohne klassische Heckscheibe, mit digitalem Rückspiegel sowie einem über zwei Meter langen Panoramaglasdach neue Designakzente. Das zieht sich bis zum Fond und betont die coupéhafte Silhouette. Der Radstand beträgt stattliche 3,01 Meter und sorgt für eine gestreckte Proportion. Trotz Länge von 5,08 Metern wirkt das Fahrzeug elegant, nicht wuchtig.

Enorme Kraft

Viel Wucht versprechen aber die Antriebsleistungen schon auf dem Papier:

Der intern entwickelte elektrische Heckmotor leistet schon bis zu 450 kW/612 PS und 660 Nm Drehmoment; insgesamt bringt es die Performance-Variante  so auf 650 kW/884 PS und 1.015 Nm. Damit beschleunigt der Polestar 5 Performance in 3,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h, der 550 kW starke Polestar 5 Dual Motor benötigt für denselben Test nur 3,9 Sekunden. Beide Versionen sind elektronisch bei 250 km/h abgeregelt.

Mit Eye-Tracking ergänzt

Das Cockpit folgt einer klaren, aufgeräumten Linie. Ein zentraler Touchscreen steuert die meisten Funktionen. Grundlage bildet das Google-Softwarepaket, das Navigation, Sprachsteuerung und Apps integriert. Ergänzt wird es durch Eye-Tracking, um Blickbewegungen zu erkennen und Bedienelemente intuitiver wirken zu lassen. Der viertürige sogenannte „Performance Grand Tourer“ startet mit Preisen ab 119.900 Euro (Dual Motor, 550 kW) beziehungsweise 142.900 Euro (Performance, 650 kW).

Beide Varianten nutzen eine 800-Volt-Elektroarchitektur und eine 112-kWh-Batterie (106 kWh netto); die Reichweite liegt je nach Modell zwischen 565 und 670 Kilometer (WLTP). Die maximale Ladeleistung beträgt 350 kW, wodurch ein Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent in rund 22 Minuten möglich ist. Die Batteriezellen sind so konstruiert, dass keine übermäßig komplexen Kühlsysteme erforderlich sind. Stattdessen sollen sie ihre Ladeleistung konstant und langlebig abgeben.

Pixel-LED-Scheinwerfer

Im Innenraum setzt Polestar auf nachhaltige Materialien wie Flachsfasern, recyceltes PET und Nappaleder aus der Lebensmittelindustrie, Garn aus alten Fischernetzen oder Vinyl auf Korkbasis. Damit soll der Premiumanspruch durch Nachhaltigkeit neu definiert werden. Auch bei Sitzflächen und Verkleidungen zieht sich dieses Konzept durch. Technisch wartet das Modell mit serienmäßigen Pixel-LED-Scheinwerfern, einem zentralen 14,5-Zoll-Display samt Android Automotive OS, zahlreichen Fahrerassistenzsystemen und adaptiven Dämpfern auf.

Besonders stolz ist Lohscheller auf die Karosserie: „Sie basiert auf Aluminium im Verbund mit innovativer Klebetechnologie.“ Das klingt nüchtern nach Produktionsverfahren, hat aber durchaus Konsequenzen: Es ersetzt klassische Schweißpunkte und erzeugt eine hohe Steifigkeit. Für ein Fahrzeug mit mehr als fünf Metern Länge ist ein weiterer Vorteil, dass Gewicht gespart wird. Wie robust und wartungsfreundlich das ist, wird sich erst langfristig auf den Straßen zeigen.

Lidar-Einheit an Bord

Auch bei den Assistenzsystemen setzt Polestar auf eine klare Botschaft. Das Fahrzeug wird ab Werk mit einer Sensor-Armada ausgestattet, darunter eine Lidar-Einheit. Diese Technik tastet die Umgebung mittels Laser ab und liefert ein exaktes dreidimensionales Bild. Studien belegen, dass Lidar-basierte Systeme beim Notbremsen im städtischen Verkehr bis zu 30 Prozent bessere Ergebnisse liefern als rein kamerabasierte Lösungen. Auch für autonome Funktionen ist das hilfreich.

Mit Preis und Leistung betritt Polestar den direkten Wettbewerb zu Mercedes EQS und Porsche Taycan. Zugleich verleiht die Herkunft dem Wagen eine besondere Note: Polestar als Marke mit Wurzeln in Schweden, aber Technologiefertigung in China, symbolisiert die Brücke zwischen zwei Welten – dem minimalistischen, nordischen Design einerseits und dem digitalen und elektrischen Lifestyle Chinas andererseits.   Peter Weißenberg/SP-X

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