Mit dem Trafic Van E-Tech Electric vollzieht Renault den Schritt in die Zukunft. Das liegt auch an der 800-Volt-Ladetechnik.
Kein Wunder, dass der französische Staatskonzern Renault ausgerechnet mit einem leichten Nutzfahrzeug einen Riesenschritt in die Zukunft macht. Schließlich war 2024 gut jeder Vierte weltweit verkaufte Renault ein Transporter oder Lieferwagen. Bis 2030 rechnen die Franzosen zudem mit einer jährlich um 30 bis 40 Prozent wachsenden Nachfrage nach Elektro-Transportern. Da überrascht es auch nicht, dass der Trafic ab Ende 2026 zunächst nur als Stromer geliefert wird. Der Diesel wird später folgen.

So richtig spannend macht die Premiere auf dem dicht umlagerten Renault-Stand im Messegelände von Lyon aber nicht das moderne Design des Trafic. Unter Spannung wird das Fachpublikum vor allem durch die installierte Technik gesetzt. Und das gleich doppelt: Zum einen ist die neue Transporter-Generation, die noch durch den Großraumkasten Goelette und das Kurierfahrzeug Estafette komplettiert werden wird, das erste Fahrzeug der Franzosen mit 800-Volt-Technik. Und es ist kein konventionell mit einem Netz aus zahlreichen Steuergeräten ausgestattetes, sondern ein softwaredefiniertes Fahrzeug. Sprich: Eine Art Superrechner steuert zentral alle Funktionen des Trafic. Das spart nicht nur Kosten. Das ermöglicht auch dauerhaft Updates „over the air“, das Fahrzeug bleibt also immer auf dem neuesten Stand.
Trafic Van: Immense Vorteile durch SDV

Gerade für ein Nutzfahrzeug sind die Vorteile der Software Defined Vehicle-Technologie (SDV) immens. So müssen spezifische Funktionen der unterschiedlichsten Trafic-Eigner nicht aufwendig und teuer mit Extrageräten nachgerüstet werden. Sie lassen sich ganz einfach per Software integrieren. So bekommt beispielsweise der Lieferfahrer seine Infos zur nächsten Station und zum Weg dahin mit einem Touch auf den Bildschirm des Infotainment-Systems. Kranken- und Streifenwagen können ebenso mit den für sie relevanten Funktionen ausgestattet werden, Reparaturen und Wartung lassen sich von der Zentrale des Flottenbetreibers steuern.
Keine Frage: Das Design mit aerodynamisch optimierter Front samt flachen LED-Scheinwerfern und dreiteiliger Frontscheibe ist neu, erfrischend und markant. Das Interieur ist erkennbar funktional, wirkt aber definitiv nicht billig. Auffallend sind der quadratische, leicht zum Menschen am Steuer geneigte 12-Zoll-Bildschirm und die zahlreichen durchdachten Ablagemöglichkeiten. Dazu bietet der Trafic solide Transport-Technik. Es wird ihn ab Ende 2026 als H1 mit 4,87 und als H2 mit 5,27 Meter Länge, jeweils 1,92 Meter Breite und einer tiefgaragenfreundlichen Höhe von 1,90 Metern geben. 5,1 beziehungsweise 5,8 Kubikmeter Ladung kann der Neue wegstecken, auch an eine bestuhlte Kleinbus-Version ist gedacht. Renault peilt eine Anhängelast von 2 Tonnen und eine Nutzlast von 1,25 Tonnen an.
Laden in 20 Minuten

An der Hinterachse sitzt ein 150 kW/204 PS starker E-Motor, der ein Drehmoment von maximal 354 Nm realisiert. Seinen Strom bekommt er vom Marktstart weg aus einem Nickel-Mangan-Kobalt-Akku mit einer Kapazität von 81 kWh. Die Reichweite gibt Renault mit 450 WLTP-Kilometern an, in der Stadt sollen sogar 600 Kilometer drin sein. Dank der 800-Volt-Technik und 240 kW Ladeleistung soll sich der Trafic-Stromspender in 20 Minuten von 15 auf 80 Prozent füllen lassen. Vehicle-to-load-Technik zum Betrieb von Werkzeugen oder Laptops ist ebenso installiert. Später schicken die Franzosen noch einen kleineren (und preiswerteren) Akku mit 60 kWh auf Lithium-Eisenphosphat-Basis nach, der für 350 Kilometer Reichweite sorgen soll. Er ist speziell für Gewerbetreibende gedacht, die hauptsächlich innerstädtisch auf Tour gehen. Ein spannender Aspekt angesichts der globalen chinesischen Akku-Dominanz: Alle Batteriezellen werden in Europa hergestellt und im Werk Sandouville in Frankreich montiert.
Zu den Preisen mag man sich bei Renault rund ein Jahr vor dem Marktstart noch nicht äußern. Der Blick auf die Mitbewerber gibt aber schon mal den Rahmen vor. Um die 50.000 Euro dürften realistisch sein. Rudolf Huber/SP-X


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