Stellantis arbeitet daran, das Energiesystem im E-Auto zu revolutionieren. Doch bis „IBIS“ auf die Straße kommt, dauert es noch.
Stellantis, die Total-Energies-Tochter Saft und mehrere Partner haben mit dem Projekt IBIS (Intelligent Battery Integrated System) einen wegweisenden Schritt in der Entwicklung effizienterer und multifunktionaler Fahrzeugbatterien gemacht. Nach sechs Jahren Forschung und einjähriger Erprobung eines stationären Demonstrators startet nun erstmals ein Prototyp mit direkter Integration von Wechselrichter- und Ladefunktionen in die Batterie. Das Testfahrzeug ist ein Peugeot E-3008 auf der STLA-Medium-Plattform, der nun auf öffentlichen Straßen unter Realbedingungen geprüft wird.

Das IBIS-System vereint mehrere bisher getrennte Komponenten: Ladegerät, Wechselrichter und Teile des Batteriemanagements werden direkt im Batteriegehäuse platziert. Die Konstruktion funktioniert technologie-agnostisch und unterstützt sowohl Wechselstrom (AC) als auch Gleichstrom (DC). Die Energie gelangt direkt zum Elektromotor oder ins Bordnetz, sämtliche Nebenaggregate und das 12-Volt-System werden dabei versorgt. Damit entfallen externe Inverter und Onboard-Lader – der klassische Aufbau der E-Mobilität wird radikal vereinfacht.
Allerdings dauert es noch bis zur Serienfertigung: Erst in fünf Jahren sollen die ersten Modelle mit der Technologie auf die Straße kommen.
Vorteile gegenüber klassischen Batteriesystemen
- Effizienz & Leistung: Bis zu 10 Prozent höhere Energieeffizienz (WLTC) und 15 Prozent mehr Motorleistung (172 kW vs. 150 kW) bei identischer Batteriegröße.
- Gewicht & Platzersparnis: Rund 40 kg weniger Gewicht und 17 Liter mehr nutzbarer Raum. Das erleichtert Aerodynamik, Design und ermöglicht größere Stauräume (beispielsweise einen Frunk).
- Schnelleres Laden: Die Ladezeit mit 7-kW-AC-Geräten verkürzt sich um etwa 15 Prozent (z.B. von 7 auf 6 Stunden), Energieverluste und WLTP-Verbrauch sinken um rund 10 Prozent.
- Kosten & Wiederverwendung: Weniger komplexe Architektur bedeutet geringere Produktions- und Wartungskosten. Die Second-Life-Nutzung, etwa in stationären Speichern, wird erleichtert, weil Batteriemodule einfacher getauscht und gewartet werden können.
- Langlebigkeit und Sicherheit: Die Lebensdauer der Batterie steigt um etwa zehn Prozent, das Risiko von Kurzschlüssen wird deutlich gesenkt und die Betriebssicherheit laut Stellantis um den Faktor drei erhöht.
IBIS ist Teil einer großen französischen Forschungsinitiative, unterstützt durch das Innovationsprogramm France 2030 und umgesetzt mit Partnern aus Industrie und Wissenschaft (Saft, CNRS, Université Paris-Saclay, Sherpa Engineering, E2-CAD). Der erste Schritt war ein stationärer Demonstrator; mit dem mobilen Prototyp startet nun die zweite Entwicklungsphase. Ziel ist die Integration in Serienfahrzeuge der Stellantis-Marken bis etwa 2029–2030.
Ned Curic, CTO bei Stellantis, sieht im System eine konsequente Innovationsstrategie: „Vereinfachung ist Fortschritt – der neue Antriebsstrang wird leichter, effizienter und günstiger. Damit können wir bessere und erschwinglichere Elektrofahrzeuge anbieten.“ Auch Saft sieht IBIS als robusten Technologietreiber für flexible, nachhaltige Energielösungen weit über die Automobilbranche hinaus.
Konkurrenz und Ausblick
Stellantis ist nicht allein: Porsche Engineering testet ähnlich integrierte Systeme, mit dem Ziel, Ladegerät, Inverter und Batteriemanagement in einem Modul zu vereinen. IBIS ist aber das erste funktionierende System für mobile Anwendungen, das serienreif getestet wird. Der mögliche Nutzen reicht von Schienenverkehr und Schiffahrt bis zur stationären Energiespeicherung und zu Rechenzentren.
- Hersteller profitieren: Höhere Flexibilität und signifikant geringere Materialkosten pro Fahrzeug.
- Kunden profitieren: Mehr Reichweite, höhere Ladegeschwindigkeit, geringere Wartungskosten und bessere Zukunftssicherheit der Akkus.
- Umwelt profitiert: Weniger seltene Materialien, leichteres Recycling und eine längere Lebensdauer der Komponenten.
Die Praxistests werden entscheiden, ob das IBIS-Konzept die Serienreife erlangt und als neue Batteriegeneration die Elektromobilität revolutioniert. Sollte das Projekt erfolgreich verlaufen, könnten IBIS-Batterien bis Ende des Jahrzehnts in Fahrzeugen von Peugeot, Opel, Fiat und weiteren Marken integriert sein und den Markt grundlegend verändern. Titelfoto: Stellantis
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