Lithium-Metall-Akkus

Lithium-Metall-Akkus: Integrierter Flammschutz

Chinesische Forscher integrieren Flammschutzmittel in Lithium-Metall-Akkus. Ist das der Durchbruch?

Dreh- und Angelpunkt bei der Elektromobilität ist (neben dem Laden und deren Infrastruktur) die Leistungsfähigkeit des Akkus. Entsprechend spielen innovative Batterietechnologien eine Schlüsselrolle, die wir regelmäßig thematisieren – wie etwa den Natrium– oder den Festkörper-Akku. Derzeit dominieren aber (noch) Lithium-Ionen-Akkus den Markt, doch sie stoßen allmählich an ihre Grenzen, insbesondere hinsichtlich Reichweite, Ladegeschwindigkeit und Sicherheit.

Die nächste Entwicklungsstufe stellen Lithium-Metall-Akkus dar. Diese versprechen eine deutlich erhöhte Energiedichte – und damit Reichweite – bei gleichem Gewicht. Allerdings sind mit dieser Technologie auch neue Herausforderungen verbunden, wobei das Brandrisiko zu den größten Problemen zählt. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, forschen Wissenschaftler weltweit an Lösungen, insbesondere an Ansätzen zur Verringerung der Entflammbarkeit. Chinesische Forscher haben dabei unlängst eine wegweisende Innovation vorgestellt, die Lithium-Metall-Batterien deutlich sicherer machen könnte.

Die Grundlagen der Lithium-Metall-Akku-Technologie

Anders als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien, die auf einer Graphitanode beruhen, verwenden Lithium-Metall-Akkus eine Anode aus reinem Lithium-Metall. Kombiniert werden sie meist mit nickelreichen Oxid-Kathoden sowie flüssigen oder festen Elektrolyten. Durch den Wegfall der relativ schweren Graphit-Anode kann auf gleichem Raum mehr Energie gespeichert werden.

  • Lithium-Ionen-Akku: Graphitanode, Lithium-Metalloxid-Kathode, flüssiger Elektrolyt.
  • Lithium-Metall-Akku: Lithium-Metall Anode, meist NCM-Kathode (nickel-, kobalt-, manganhaltig), flüssiger oder in Zukunft fester Elektrolyt.

Warum ist Lithium besonders?

Natrium-Ionen-Akkus
Eine weitere Alternative zu Lithium-Ionen-Akkus sind Natrium-Akkus. Foto: BYD

Das Element Lithium zählt zu den leichtesten Metallen und zeichnet sich durch hohe Reaktivität und eine außergewöhnliche Fähigkeit zur Speicherung von Energie aus. Deshalb sind Lithium-Metall-Anoden besonders attraktiv für den Bau sehr leistungsfähiger Akkus: Sie ermöglichen die Abgabe und Aufnahme vieler Elektronen pro Volumeneinheit, was direkt die Speicherkapazität erhöht.

Der wohl wichtigste Vorteil von Lithium liegt in der drastisch gesteigerten gravimetrischen und volumetrischen Energiedichte. Lithium-Metall-Akkus können nach aktuellen Angaben bis zu 380 Wh/kg, in der Perspektive sogar 500 bis 600 Wh/kg erreichen. Das bedeutet: Auf gleichem Raum ließe sich rund doppelt so viel Energie speichern wie in aktuellen Lithium-Ionen-Akkus, die meist 250 bis 300 Wh/kg erreichen. In der Praxis könnten Elektroautos mit Lithium-Metall-Akkus Reichweiten von 600 km und mehr erzielen, selbst mit vergleichsweise kleinen Batteriepaketen.

  • Geringeres Gewicht: Weniger Masse für dieselbe Energiemenge – ein zentraler Vorteil nicht nur für Fahrzeuge, sondern auch für Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt.
  • Schnellere Ladezeiten: Die Technologie ermöglicht grundsätzlich deutlich schnellere Ladeprozesse. Hersteller und Forschungseinrichtungen berichten von geplanten Ladezeiten von unter 15 Minuten für 80 Prozent Ladung, zumindest bei fortschrittlichen Prototypen.
  • Nachhaltigere Materialnutzung: Die Möglichkeit, auf Graphit und teilweise auch auf kritische Materialien wie Kobalt und Nickel zu verzichten oder diese stark zu reduzieren, könnte die Materialversorgungskette langfristig nachhaltiger und weniger abhängig von geopolitischen Risiken machen..
  • Längere Lebensdauer (theoretisch): Lithium-Metall-Anoden können bei optimaler Nutzung sehr viele Ladezyklen überstehen, bevor die Kapazität nennenswert abnimmt. Moderne Prototypen versprechen Standzeiten bis zu 1.000 vollständigen Ladezyklen mit sehr geringem Kapazitätsverlust.
  • Kompakte Bauform und weniger Platzbedarf: Für Automobilhersteller bietet sich so die Möglichkeit, entweder leistungsfähigere Fahrzeuge zu bauen oder mehr Innenraum im selben Fahrzeug bereitzustellen.

Die Probleme von Lithium-Metall-Akkus

Lithium ist ein hochreaktives Metall und reagiert heftig mit Sauerstoff und Wasserdampf. Das macht es prinzipiell leicht entflammbar und erhöht das Risiko eines sogenannten „Thermal Runaway“ – eines thermischen Durchgehens. Durch Defekte, mechanische oder thermische Beschädigung, äußere Kurzschlüsse oder interne Fehler kann die Temperatur in einzelnen Zellen drastisch ansteigen. Überhitzt eine Zelle auf über 100 Grad Celsius zerfällt meist der Elektrolyt, es entsteht hoher Druck und es werden brennbare Gase freigesetzt. In Folge kann es zu einem Kettenreaktion kommen, die Zelltemperaturen von über 1.000 Grad und explosionsartige Brände auslösen kann.

Der Grund: Die in vielen Lithium-Metall-Akkus verwendeten flüssigen Elektrolyte bestehen meist aus organischen Lösungsmitteln und Leitsalzen, die hoch entzündlich sind. Ein mechanischer Defekt, Überladung oder übermäßige Überhitzung kann dazu führen, dass sich der Elektrolyt entzündet und eine schlagartige Freisetzung von Energie bewirkt, mit starker Hitzeentwicklung und giftigen Gasen.

Ein massives Problem dabei ist: Die Kombination von Lithium-Metall-Anode mit typischen Nickel-Mangan-Kobalt-Oxid-Kathoden (NCM) kann bei Überhitzung und Kontakt brennbare Gase (z.B. Wasserstoff, Methan) sowie Sauerstoff an der Kathode erzeugen. Schon eine moderate Überhitzung reicht aus, dass diese Gase zur spontanen Entzündung führen.

Lithium-Metall-Akkus reagieren empfindlicher auf Tiefentladung, Überladung und veränderte Lagertemperaturen. Der Betrieb außerhalb von 0 bis 40 Grad Celsius kann die Gefahr von Schäden drastisch erhöhen, die indirekt wiederum Brandrisiken steigern.

Strenge Batterieschutzsysteme, Sensorik zur Temperaturüberwachung und neue Separator-Technologien sind Standard in modernen Akku-Packs, helfen nur begrenzt bei den spezifischen Risiken der Lithium-Metall-Akkus, besonders wenn einmal eine kritische Temperatur erreicht wird.

Der Ansatz: Integrierter Flammschutz durch Smart Polymere

Ein Forscherteam des Institute of Chemistry der Chinese Academy of Sciences hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Lithium-Metall-Batterien eine wesentlich höhere Brandsicherheit erhalten können: Sie integrieren ein spezielles Polymer direkt in die Kathode der Batterie, das bei Überhitzung feuerhemmende Chemikalien freisetzt.

So funktioniert die Innovation

  • Im Normalbetrieb bleibt das Polymer chemisch stabil – es beeinflusst die Batterie nicht und behindert weder die Leitfähigkeit noch die Energiedichte.
  • Kritische Temperaturen: Überschreitet die Zelltemperatur 100 Grad, zerfällt das Polymer und setzt Aktivstoffe frei.
  • Sofortige Wirkung: Diese radikal wirkenden Chemikalien hemmen die weitere chemische Reaktion von Lithium-Metall-Anode und NCM-Kathode und verhindern somit die Bildung und Entzündung brennbarer Gase.
  • Das Resultat: Selbst wenn die Zelle stark überhitzt, kommt es weder zu einer Explosion noch zu einem Flammenausbruch. Die Temperaturentwicklungen blieben im Test deutlich unter 250 °C, ohne Verglimmung oder offenen Brand. Herkömmliche Akkus dagegen überschritten nach 13 Minuten oft 1.000 °C und gingen in Flammen auf.

Ein weiterer Vorteil dieser Lösung: Sie kann mit existierenden Produktionsmethoden relativ unkompliziert integriert werden. Nur kleine Änderungen bei der Kathodenherstellung sind notwendig, so dass bestehende Fertigungsstraßen erworben und umgerüstet werden können.

Die Wissenschaftler verglichen ihre Zelle mit einem identisch aufgebauten herkömmlichen Lithium-Metall-Akku. In Versuchen mit gezielt erhöhter Umgebungstemperatur setzte bei 100 Grad Celsius der Brandschutzmechanismus ein. Die normale Zelle brannte und explodierte, während die mit intelligentem Flammschutz ausgestattete Zelle maximal auf 220 Grad erhitzt wurde und kein Feuer fing.

Durch diesen Ansatz könnten die Sicherheitsbedenken gegenüber energiereichen Lithium-Metall-Akkus so weit reduziert werden, dass deren Weg für den breiten Einsatz in Elektroautos geebnet wird. Noch stehen ausführliche Langzeit- und Realtests aus, aber die ersten Ergebnisse deuten auf eine substanzielle Verbesserung der Batteriesicherheit hin.

Die Zukunft der Lithium-Metall-Akkus

Lithium-Metall-Akkus bieten gegenüber heute üblichen Lithium-Ionen-Akkus eine Vielzahl von Vorteilen:

  • Deutlich höhere Energiedichte: Potenzial für deutlich mehr Reichweite bei gleichem Batteriegewicht.
  • Schnelleres Laden: Theoretisch Ladezeiten von unter 15 Minuten für 80% Ladung.
  • Wegfall oder Reduzierung kritischer Rohstoffe: Insbesondere Graphit, Kobalt und Nickel könnten langfristig eingespart werden.
  • Geringeres Gewicht und kompaktere Bauform: Mehr Platz und weniger Masse für gleiche Leistung.

Dem stehen jedoch massive sicherheitstechnische Herausforderungen gegenüber, allen voran die hohe Entflammbarkeit der aktuellen Systeme:

  • Thermal Runaway und Brandrisiko bei Defekten, Unfällen oder Produktionsfehlern stellen bislang ein Haupthindernis für die breite Markteinführung dar.
  • Neue Ansätze, etwa Spezialseparatoren oder Feststoffelektrolyte, können das Risiko deutlich abmildern, sind aber noch nicht industriell etabliert.

Der Durchbruch chinesischer Forscher, ein intelligentes, überhitzungsreaktives Polymer direkt in die Batterie zu integrieren, bietet einen realistischen Weg zu hochsicheren, leistungsstarken Lithium-Metall-Akkus. Damit könnten in naher Zukunft Elektroautos mit deutlich höherer Reichweite, geringerer Ladezeit und verbesserter Sicherheit auf die Straße kommen – vorausgesetzt, die Maßnahme kann im industriellen Maßstab etabliert werden und hält Langzeittests stand. Titelfoto: VW

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