Mit dem iX3 schlägt BMW ein neues Kapitel auf. Das SUV ist das erste Modell der Neuen Klasse des Unternehmens. Wir sind es schon gefahren.
Neue Klasse ist ein großer Begriff. Und BMW denkt dabei auch tatsächlich groß. Bis 2027 soll in insgesamt 40 neue Modelle und Modellüberarbeitungen die für die Neue Klasse entwickelten Technologien entweder komplett oder in Details integriert werden. Das gilt laut Hersteller für alle Antriebsalternativen, die die Marke derzeit im Angebot hat. Der i3 wird im kommenden Jahr das zweite Fahrzeug sein, das sämtliche Errungenschaften der Neuen Klasse in Serie auf die Straße bringt.

Doch der erste Auftritt des „größten Zukunftsprojekts von BMW“, so Vorstandsvorsitzender Oliver Zipse, gehört dem iX3. Für den wird der erwartete Bestelleingang laut BMW schon jetzt deutlich übertroffen. Nach ersten Testfahrten, mit der Allrad-Version 50 xDrive, so viel sei schon hier gespoilert, ist das absolut zu verstehen. Das elektrische angetriebene SUV (BMW spricht von einem SAV/Sports Activity Vehicle) überzeugt in so gut wie jeder Hinsicht. Der Wagen wartet mit einer derartigen Vielfalt von Neuerungen auf, dass es schwerfällt, eine Rangliste aufzustellen.
BMW iX3: 4,78 Meter lang, 1,90 Meter breit
Wir starten deshalb mit dem, was als erstes ins Auge fällt – der Optik. Die Designer haben dem 4,78 Meter langen, ohne Spiegel 1,90 Meter breiten und 1,64 Meter hohen Wagen vor allem ein neues Gesicht verpasst. Die vertikal stehende typische Niere ist wesentlich feiner und kleiner gezeichnet als bei Modellen der jüngsten Vergangenheit. Da die oberen Ränder leicht in die Fronthaube reichen und der untere Bereich in der Frontschürze eingebettet ist, tritt die Skulptur dennoch deutlich hervor. In die weit nach unten gezogene Frontschürze sind mächtige Lufteinlässe eingelassen. Seitlich der Niere unterstreichen bis an die Scheinwerfer reichende feinste horizontale Leuchtflächen die neue Frontgestaltung.
Das wuchtige Heck wird aufgrund der von den Radkästen bis fast in die Mitte der Ladeklappe reichenden Rückleuchten optisch in die Breite gezogen. In der Seitenansicht fällt die sanft nach hinten abfallende Dachlinie ebenso auf wie die glatten Flächen mit bündig in den Türen liegenden Griffen. Die fahren übrigens automatisch aus, wenn sich Frau oder Mann mit dem digitalen Schlüssel (Digital Key) dem Fahrzeug nähert.

Der Innenraum bietet aufgrund des Radstands von 2,90 Metern jede Menge Platz auch auf der Rückbank. Weitaus beeindruckender aber ist der Blick auf oder besser gesagt über die mit textiler Oberfläche ausgestattete Instrumententafel. Denn alle wichtigen Informationen werden bestens erkennbar in einem schmalen Band am unteren Ende der gesamten Frontscheibe dargestellt. Das individuell konfigurierbare Display ersetzt nicht nur das herkömmliche Cockpit hinter dem ebenfalls neu konzipierten und sehr gut in der Hand liegenden Multifunktions-Lenkrad, sondern lässt es auf Anhieb vergessen.
Das Suchen in Untermenüs ist Vergangenheit
Auf Wunsch ist auch ein 3D-Head-up-Display zu haben. Der zentrale Touch-Bildschirm mit einer Größe von 17,9 Zoll lässt sich aufgrund einer neuen Menüstruktur mit einem Schnellzugriff einfach bedienen. Lästiges und ablenkendes suchen in Untermenüs ist so gut wie nicht notwendig. Zudem gibt es außer der Sprachbedienung haptische Schalter unter anderem für Lautstärkeregelung, Seitenspiegel und elektrische Verstellung der bequemen und besten Halt gebenden Vordersitze. Für das kabellose Laden von Smartphones stehen zwei Plätze zur Verfügung.
Der Kofferraum fasst 520 Liter und kann bei umgelegten asymmetrisch geteilten hinteren Lehnen auf bis zu 1.750 Liter vergrößert werden. Kleiner Nachteil: die Ladefläche ist dann nicht komplett eben. Zusätzlichen Stauraum gibt es unter der Fronthaube. Ein mit Deckel verschließbares Fach fasst 58 Liter. Da passt dann auch mehr rein als lediglich ein Ladekabel.

Wenn’s ums Laden, Lade-Performance, Zelltechnologie, Reichweite und E-Motoren geht, spielt der iX3 im Vergleich zum Vorgänger in einer komplett anderen Liga. In der nunmehr sechsten Generation des elektrischen Antriebs bei BMW, der Gen6, sind zunächst einmal alle Komponenten auf 800 Volt Hochspannung ausgelegt. Das ist noch nicht wirklich spannend und ist schlichtweg zeitgemäß. Doch die neue Rundzelle, die in der extrem flach bauenden Batterie zum Einsatz kommt, hat 20 Prozent mehr Energiedichte als die bislang eingesetzten prismatischen Zellen. Damit erreicht der iX3 nach der WLTP-Norm eine Reichweite von bis zu 805 Kilometer.
Neue Zellen: 805 Kilometer Reichweite
Bei unserem Start mit vollgeladenem Akku, der eine Netto-Kapazität von 108,7 kWh hat, zeigte der Bordcomputer sogar mögliche 910 Kilometer an. Das hat Dieselcharakter. In der Praxis ist das natürlich so gut wie nie zu erreichen. Doch 600 Kilometer sind bei nicht allzu forscher Fahrweise mit großem Landstraßenanteil absolut realistisch. Wir sind laut Bordcomputer bei Temperaturen um die 18 Grad, einem kleinen Autobahnanteil mit maximal Tempo 120, langen und durchaus flott absolvierten Steigungsstrecken sowie entsprechenden Bergabfahrten auf einen Wert von 18,4 kWh gekommen. BMW gibt einen Normwert von 17,9 kWh und einen WLTP-Verbrauch auf der Autobahn von 22,7 kWh an. Das alles kann sich bei einem Fahrzeuggewicht von um die 2,3 Tonnen und einer Systemleistung von 345 kW (469 PS) sowie einem Drehmoment von 645 Newtonmetern (Nm) mehr als sehen lassen.

Das gilt ebenfalls für die Ladeperformance. 21 Minuten soll es dauern, um die Batterie an der 400-kW-Schnellladestation von zehn auf 80 Prozent mit neuer Energie zu versorgen. Lediglich zehn Minuten dauert es nach BMW-Angaben, um an einer solchen Ladesäule Strom für bis zu weiteren 370 Kilometern in den Akku fließen zu lassen. An der Wallbox wird mit 11 kW oder optional mit 22 kW geladen.
Das 800-Volt-System ist Serie
Mit der Funktion Vehicle-to-Load (V2L) wird der neue BMW iX3 zur mobilen Powerbank, die unterwegs elektrische Geräte mit Strom versorgen kann. Vehicle-to-Home (V2H) macht ihn zum Zwischenspeicher für die zu Hause per Photovoltaik-Anlage erzeugte Solarenergie.
Angetrieben wird der iX3 als 50xDrive, der als erstes Modell der Baureihe auf den Markt kommt, über je einen E-Motor an Vorder- und Hinterachse. An der Hinterachse ist eine stromerregte Synchronmaschine, an der Vorderachse erstmals ein Asynchronmotor verbaut. Damit gelingt der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 in 4,9 Sekunden, in der Spitze wird bei 210 Kilometern pro Stunde abgeregelt. Viele Details der Gen6-Technolgie, wie beispielsweise die komplette Neugestaltung der Öl- und Wasserkühlsysteme, die Optimierung des einstufigen Getriebes oder der Einsatz der Siliziumkarbid-Halbleitertechnologie in der elektrischen Zentrale, tragen nach Angaben des Herstellers zu einer verbesserten Effizienz der Neuen Klasse bei.

Fahrwerkstechnisch waren die Modelle der bayrischen Motorenwerke schon immer top. Das trifft auch auf den iX3 zu. Zwar könnten vor allem sehr komfortorientierte Kunden vermissen, dass eine Luftfederung auch nicht gegen Aufpreis zu haben ist. Doch ein wirklicher Mangel ist das nicht. Schläge und Stöße auf schlechter Wegstrecke kommen kaum im Passagierabteil an. Und wenn’s auf kurvenreicher Straße so richtig zur Sache geht, dann bleibt das mit serienmäßig 20 Zoll großen Rädern bestückte SAV jederzeit in der vorgegebenen Spur. Die Lenkung ist BMW-typisch direkt und gibt beste Rückmeldung.
Vier Hochleistungsrechner steuern den iX3
Gesteuert werden Fahrdynamik, automatisiertes Fahren, Infotainmentsystem sowie alle Funktionen von vier Hochleistungsrechnern, die im Vergleich zur noch aktuellen Fahrzeuggeneration mehr als die 20-fache Rechenleistung bieten. Der zentrale Steuerungscomputer übernimmt dabei unter anderem die Steuerung von Laden, Rekuperation, Antrieb und Bremsen. Das Verzögern erfolgt dabei extrem sanft und ruckfrei bis in den Stand. BMW spricht davon, dass im Alltagsbetrieb, außer bei Gefahrenbremsung oder sportlicher Fahrweise, bei bis zu 98 Prozent aller Fahrten die klassische Bremse nicht benötigt wird. Mit eingeschaltetem Assistenzsystem können wir das bestätigen. Und nicht nur das. Das Spurhaltesystem hält den iX30 selbst in Serpentinen geradezu perfekt in der Spur.
Schon serienmäßig sind in dem iX30 50xDrive zum Basispreis von 68.900 Euro eine Vielzahl von Assistenzsystemen wie beispielsweise der Parkassistent samt Kamera oder der Driving Assistent Plus serienmäßig verbaut. Dazu gibt es wie gewohnt eine umfangreiche Liste mit optionalen Ausstattungsangeboten. Wer sich dort den einen oder anderen Wunsch erfüllt, hat schnell bis zu 20.000 Euro mehr auf der Rechnung. Daran hat sich auch bei der Neuen Klasse nichts geändert.


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