E-Auto-Akkus halten länger als gedacht, so jüngere Erfahrungen und Studien. Doch es gibt einiges zu beachten.
Bei der Beurteilung eines Elektroautos ist die Batterie das entscheidende Kriterium und der größte Kostenblock. Ihre Größe und damit die Reichweite sowie ihr Zustand ist entscheidend für die Lebensdauer des Autos. Ist die Traktionsbatterie defekt, kann dies zu einem Totalschaden führen, der nicht nur ärgerlich, sondern auch teuer ist. Lange konnten weder Hersteller noch Batteriefachleute sagen, wie lange ein Fahrstromakku hält, der Kauf eines Stromers also mit Risiko behaftet.
Mittlerweile ist die Haltbarkeit von E-Auto-Akkus jedoch besser kalkulierbar und die zu erwartende Lebensdauer – wie sich herausgestellt hat – sogar außerordentlich hoch. In vielen Fällen dürfte sie sogar weit über die Lebensdauer des Fahrzeugs hinausgehen. Dafür sorgen unter anderem immer bessere Software und Zellchemie. Unabhängig vom Stand der Technik werden aber auch der Nutzer und das Nutzungsprofil weiterhin einen großen Einfluss auf den Zustand und die Lebensdauer der Batterie haben.
Es gibt jedenfalls mehrere Anzeichen dafür, dass Batterien längst keine kapriziösen und fehleranfälligen Komponenten mehr sind. Ein Indikator für E-Auto-Akkus sind die zum Teil hohen Laufleistungen gebrauchter Elektroautos. Von den rund 75.000 Stromern, die derzeit auf der Gebrauchtwagenplattform „mobile.de“ inseriert sind, haben 450 eine Laufleistung von 150.000 Kilometern. Rund 150 haben mehr als 200.000 Kilometer auf dem Tacho. Einige, und hier handelt es sich ausschließlich um Tesla, liegen sogar jenseits der 300.000 Kilometer. Hohe Laufleistung und Elektroantrieb schließen sich also nicht aus.
E-Auto-Akkus: 300.000 Km auf der Uhr
Ein weiterer Indikator für die Zuverlässigkeit der Batterien sind die immer großzügigeren Garantieleistungen der Automobilhersteller. Als die ersten Elektroautos in Großserie auf den Markt kamen, wurde der Angst vor dem Batteriefiasko oft noch mit Mietmodellen begegnet. Dabei wird nur das Auto gekauft, die Batterie aber nicht, sondern gegen eine monatliche Gebühr gemietet. Sollte die Batterie also stark degradieren oder komplett ausfallen, trägt der Hersteller und nicht der Autobesitzer das finanzielle Risiko.
Inzwischen werden jedoch explizit auf Batterien großzügige Garantieleistungen gewährt. Das Vertrauen der Hersteller und Assekuranzen in deren Zuverlässigkeit ist mit zunehmender Praxiserfahrung deutlich gestiegen und damit auch der Umfang der Garantiezusagen. Heute sind 8 Jahre oder 160.000 Kilometer speziell auf die Fahrstrombatterie die Regel. In Einzelfällen werden auch 10 Jahre oder bis zu 250.000 Kilometer gewährt. Lexus bietet für den UX 300e eine Garantieverlängerung auf 10 Jahre oder eine Million Kilometer an.
Aus Kundensicht sind das starke Aussagen. Doch nicht immer ist man damit auf der sicheren Seite. Wird die Batterie übermäßigen Stressfaktoren ausgesetzt, kann sie aus der Garantie fallen. Eine Tiefenentladung, ein nicht durchgeführter Service oder ein Ladeverhalten, das die Batterie zu stark belastet, könnten dem Hersteller die entsprechenden Argumente liefern, dem Kunden die Garantieleistung zu verweigern. Wer auf der sicheren Seite sein will, sollte die genauen Bedingungen und Nutzungsempfehlungen beachten, die der Hersteller mit der Garantie verbindet.
Wann tritt der Garantiefall ein?
Der Garantiefall tritt nicht erst beim Totalausfall einer Batterie ein, sondern bereits, wenn die Ladekapazität unter ein bestimmtes Niveau sinkt. Auskunft darüber gibt der sogenannte SoH-Wert (State of Health), der in Prozent angibt, wie viel der ursprünglichen Kapazität noch zur Verfügung steht. Sinkt die Kapazität innerhalb der Garantiezeit unter etwa 80 Prozent – in einigen Fällen liegt die Garantiegrenze bei 70 Prozent – der ursprünglichen Speicherkapazität, tritt der Garantiefall ein. Sind es nur noch 79 Prozent, ist die Batterie nicht defekt, aber die Reichweite hat sich deutlich verringert. Bei reichweitenstarken Autos schließt das die Alltagsnutzung noch lange nicht aus. Bei Stadtautos mit kleinen Akkus kann der Verlust aber zu einer schon ärgerlichen Einschränkung des Aktionsradius führen.
Auf den State of Health nehmen gleich mehrere Faktoren Einfluss. Einer davon ist die Zeit, denn eine Batterie altert, weil Anode und Kathode chemischen Zersetzungsprozessen ausgesetzt sind. Neben dieser kalendarischen Alterung ist die Anzahl der Ladezyklen der wohl wichtigste Alterungsfaktor. Mit jeder Ladung geht ein Teil der Kapazität verloren. Bei Lithium-Ionen-Akkus geht man davon aus, dass die Kapazität erst nach mehr als 1.000 vollständigen Ladezyklen unter 80 Prozent fällt. Schon diese Zahl ist beeindruckend, denn angesichts einer durchschnittlichen Reichweite von Elektroautos im Jahr 2023 von rund 400 Kilometern wären damit, grob gerechnet und ohne Berücksichtigung der dynamischen Degradation, Laufleistungen von 400.000 Kilometern möglich.
Alterungsfaktor: Die Zahl der Ladezyklen
Hierbei handelt es sich jedoch um einen theoretischen Wert, da die Degradation einer Batterie durch weitere Faktoren beeinflusst wird, die vom individuellen Nutzerverhalten abhängen. Wer zügig unterwegs ist, wird die Batterie stärker beanspruchen, da sie bei hoher Leistungsabnahme thermisch stärker belastet wird. Auch extreme Außentemperaturen können den Batteriezellen zusetzen. Wer sein Elektroauto in einer gleichmäßig klimatisierten Garage parkt und nicht in der prallen Sonne oder an Frosttagen im Freien, verlangsamt den Abwärtstrend der Degradationskurve.
Einen weiteren starken Einfluss hat das Ladeverhalten. Wird überwiegend an Schnellladesäulen getankt, wird sich die Degradationskurve auf der Zeitachse deutlich schneller nach unten bewegen, da schnelles Laden auch thermischen Stress für den Stromspeicher bedeutet. Langsames und damit schonendes Laden über Nacht an der heimischen Wallbox, also sanftes AC-Laden, lässt die Batterie langsamer altern, wie Labortests auf Zellebene und reale Beispiele von E-Auto-Nutzern zeigen. Das heißt aber nicht, dass die Schnellladesäule tabu ist. Gelegentliche Besuche werden über den gesamten Alterungsprozess der Batterie betrachtet nur einen geringen Einfluss auf die langfristige SoH-Entwicklung haben.
Einen deutlichen Einfluss hat auch der State of Charge (SoC), also der Ladezustand der Batterie. Häufiges Entladen der Batterie und damit ein häufiger SoC nahe 0 Prozent und anschließendes Vollladen (SoC 100 %) lassen die Batterie schneller altern. Werden extreme Ladezustände vermieden, verlangsamt sich die Degradation. Wird überwiegend in Teilzyklen im SoC-Bereich zwischen 60 und 80 Prozent geladen, rechnen Experten mit einer drei- bis fünffach höheren Lebensdauer. Praxisnäher ist es, den Ladezustand zwischen 20 und 80 Prozent zu halten.
Wie man Akkus schonend lädt
Der als „Akkudoktor“ bekannte Wissenschaftler und Youtuber Andreas Schmitz hat in einem aktuellen Videobeitrag zur Lebensdauer von E-Auto-Akkus zwei Extreme unterschiedlicher Batteriealterung als Beispiele angeführt. Ein Tesla Model 3, das in Norwegen als Taxi eingesetzt wurde, erreichte nach hochgerechnet rund 110.000 Kilometern den kritischen SoH-Wert von 80 Prozent aufgrund einer Schnellladequote von 93 Prozent. Hansjörg-Eberhard Freiherr von Gemmingen-Hornberg hingegen hat mit einem Tesla Model S P90 bereits mehr als zwei Millionen Kilometer zurückgelegt und dabei zwar mehrere Akkus verschlissen, die allerdings im Schnitt annähernd 500.000 Kilometer durchgehalten haben.
Diese Beispiele zeigen eine Bandbreite in der Nutzungsdauer. Andreas Schmitz wollte aber wissen, wie viele Kilometer bis zum SoH-Wert von 80 Prozent im Durchschnitt zu erwarten sind. Dazu sammelte er Daten aus Umfragen in seiner Community und aus Foren, um daraus Berechnungsmodelle für den Verschleiß zu generieren. Die von Unschärfen geglättete Aussage: 250.000 bis 300.000 Kilometer sollten bei normaler Nutzung auf jeden Fall drin sein. Stand heute.
Andere Zellchemien wie Nickel-Mangan-Kobalt (NMC), Natrium-Ionen (Na-Ionen) und vor allem Lithium-Eisenphosphat (LFP) gelten als besonders zyklenfest und sollen daher künftig noch deutlich höhere Reichweiten als die bislang üblichen Lithium-Ionen-Akkus ermöglichen. Der chinesische Konzern Svolt verspricht für seine ab Ende 2024 erhältliche Short-Blade-Batterie (LFP) eine Lebensdauer von mehr als 2.500 Ladezyklen und über eine Million Kilometer.
Der LFP-Akku schafft bis zu 2.500 Zyklen
Wer sein Elektroauto möglichst batterieschonend nutzt, profitiert nicht nur von einer höheren Reichweite, sondern potenziell auch von einem höheren Wiederverkaufswert. Das Interesse an Batteriezertifikaten, die Auskunft über den SoH geben, dürfte im Gebrauchtwagenhandel stark zunehmen. Mit einem hohen SoH-Wert ist man als Verkäufer in einer guten Verhandlungsposition, was natürlich höhere Preise ermöglicht. Wenn der Gebrauchtwagenmarkt für Elektroautos wirtschaftlich relevanter wird, könnte die Fälschung von Batteriezertifikaten eines Tages ein attraktives Geschäftsmodell werden.
Dies gilt auch für die Nachrüstung von Batterien. Eine bereits stark verschlissene Autobatterie muss nicht das Aus für das E-Auto bedeuten. Inzwischen gibt es einige Anbieter von Retrofit-Lösungen, die ältere Stromer mit neuen Batterien ausstatten. Mandrill Automotive aus Göppingen bietet dies beispielsweise für den Elektropionier BMW i3 an. Rund 13.600 Euro kostet ein neuer Stromspeicher im reichweitenstarken 120-Ah-Format, der deutlich mehr Kapazität bietet als die ursprünglich von BMW verbauten Versionen mit 60 oder 94 Ah. In einem Bericht der „auto motor & sport“ kündigte Mandrill ein neues Batterieformat mit anderen Zellen und anderer Zellchemie mit 147 Ah an, das die Reichweite des i3 auf 400 Kilometer erhöhen könnte. Das derzeit bereits erhältliche Batterie-Tuning für den i3 wird sogar mit einer 10-Jahres-Garantie versehen.
In der Praxis wird die Lebensdauer der Batterien ohnehin deutlich länger sein. Denn ausgemusterte Traktionsbatterien landen nicht gleich auf dem Schrottplatz, sondern werden einer Zweitnutzung als stationärer Speicher, zum Beispiel für Solarstrom, zugeführt. Dieses zweite Leben kann weitere zehn Jahre dauern. Mario Hommen/SP-X/Titelfoto: VW
Schade.
Eigentlich ein gutes und interessantes Thema, aber leider entlarvt sich der Autor als ziemlich unbedarft, da er NMC, LFP und NaI Batterien den „Lithium-Ionen-Batterien gegenüberstellt.
Dumm nur, dass NMC und LFP genau das sind: Lithium-Ionen-Batterien. Im Gegensatz zu Natrium-Ionen-Batterien. Die verschiedenen Kürzel beschreiben nur die verwendeten Materialien für Anode und Kathode, und da gibt es auch noch andere – aber bei allen wird Lithium verwendet, um die Ladung in Form von Lithium-Ionen zu transportieren.
Zeigt sich auch in anderen Formulierungen, so dass z.B. die Lebensdauer bislang fraglich war. Lithium-Batterien kennen wir aber seit über 40 Jahren, auch LFP-Lithium-Batterien kennen wir schon über 20 Jahre im Consumer Bereich.
Wir WISSEN doch schon lange, dass NMC oder NCA Zellen rund 20 Jahre oder >1500 Vollzyklen mit über 80% SoH halten, sofern sie nicht unzulässig gestresst werden, und LFP sogar 30 Jahre und >>5000 Vollzyklen.
Korrekt ist immerhin teilweise beschrieben, was genau unzulässiger Stress ist: sehr hohe und sehr niedrige Ladestände und zu hohe Temperaturen- Bei letzterem fehlt der Zusatz „unter Last“, denn ruhend ist den Batterien die Außentemperatur ziemlich egal.
Was wiederum falsch ist, ist die Feststellung zum Schnellladen. Dieses schädigt die Zellen grundsätzlich NICHT mehr als langsames Laden – vorausgesetzt, die Zellen werden ausreichend thermisch geführt. Es ist wiederum die Hitze, die die Zellen beim schnellen Laden schädigt. Der Hersteller, der die Klimatisierung im Griff hat, hat keinerlei signifikanten Einfluss des Schnellladens auf die Batterielebensdauer. Wie Tesla ja ständig beweist.
Alles in allem: Schade um das gute Thema.