EU-Gesetz

Fuhrparkbetreiber kritisieren EU-Gesetzesvorschlag

Laut einem EU-Gesetzesvorschlag sollen große Fuhrparks bis 2030 komplett elektrifiziert sein. Fuhrparkbetreiber warnen vor zu strengen Vorgaben.

Die Europäische Union plant eine weitreichende gesetzliche Maßnahme, um den Anteil von Elektrofahrzeugen in Firmenflotten deutlich zu erhöhen. Ziel ist es, nicht nur die ambitionierten Klimaziele zu erreichen, sondern auch die europäische Automobilindustrie beim Übergang zur Elektromobilität zu unterstützen. Ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass Unternehmen mit großen Fuhrparks – insbesondere solche mit über 100 Fahrzeugen – verpflichtet werden sollen, schrittweise höhere Quoten an batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) in ihren Flotten einzuführen. Von betroffenen Unternehmen verlautete, dass bis 2027 eine E-Quote von 75 und 2030 von 100 Prozent im Raum stehe.

Der Vorschlag stößt auf gemischte Reaktionen: Während Umweltverbände und einige Unternehmen das Vorhaben ausdrücklich begrüßen, äußern sich Fuhrparkbetreiber und Branchenverbände teilweise kritisch.

EU-Vorschlag: 100 Prozent bis 2030

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Große Fuhrparks sollen bald bestimmte BEV-Quoten erfüllen, so die EU. Fotos: Hyundai

Hintergrund: Firmenflotten sind ein zentraler Hebel für den Wandel der Mobilität: Rund 60 Prozent aller Neuwagenzulassungen in der EU entfallen auf gewerbliche Kunden. Zudem ist der Einfluss auf den Gebrauchtwagenmarkt erheblich, da viele Leasingfahrzeuge nach wenigen Jahren in den privaten Markt übergehen. Eine verpflichtende Quote für E-Autos könnte daher einen enormen Schub für die Elektromobilität bringen. Die Umweltorganisation Transport & Environment (T&E) etwa rechnet vor, dass durch ein solches Gesetz bis zum Jahr 2030 über zwei Millionen zusätzliche Elektrofahrzeuge auf die Straßen der EU kommen könnten. Davon würden besonders deutsche Hersteller wie Volkswagen, BMW und Mercedes profitieren, die bis zu 72 Prozent ihres Absatzes mit Flottenkunden erzielen.

Ein wesentlicher Bestandteil des Gesetzes ist auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Sowohl öffentliche als auch betriebliche Ladepunkte sollen gefördert und durch gezielte Investitionen gestärkt werden. Gerade für Unternehmen mit Lieferfahrzeugen oder Pendlerflotten ist der Zugang zu verlässlicher Ladeinfrastruktur essenziell. Hier hakt es jedoch noch, wie viele Fuhrparkverantwortliche betonen. Insbesondere im ländlichen Raum und bei Logistikunternehmen fehle es noch immer an leistungsfähigen Ladepunkten.

Das Problem mit der Infrastruktur

Die Reaktionen auf den EU-Gesetzesvorschlag fallen unterschiedlich aus. Umweltorganisationen und einige große Konzerne wie Ikea, E.ON oder Geopost unterstützen den Kurs der EU. Sie fordern mehr Verbindlichkeit, um Investitionen in Ladeinfrastruktur und Fahrzeugflotten planbarer zu machen. Die Initiative „EV100+“ etwa setzt sich für ein verbindliches Flottenziel auf EU-Ebene ein. Auch viele Autohersteller begrüßen grundsätzlich den politischen Rückenwind, der dem Absatz von E-Autos zugutekommen könnte – wenn auch mit Vorbehalten hinsichtlich der praktischen Umsetzbarkeit.

Ganz anders sieht es bei vielen Fuhrparkbetreibern und Branchenverbänden aus. Organisationen wie die International Road Transport Union (IRU) warnen vor zu ambitionierten Vorgaben. Die Unternehmen seien bereit zur Transformation, bräuchten aber realistische Zeitpläne, Technologieoffenheit und ausreichende Infrastruktur. „Wenn die EU ab 2030 eine Elektroquote für Flotten einführt, würde dies – durch die Hintertür – effektiv einer Vorverlegung des Verbots von Verbrennungsmotoren im Jahr 2035 gleichkommen, da mehr als die Hälfte aller in der EU verkauften Fahrzeuge von unseren Mitgliedern finanziert und erworben werden.“, sagt etwa Richard Knubben, Director General von Leaseurope, dem europäischen Dachverband der nationalen Leasing-Verbände.

Auch die steigenden Kosten für E-Fahrzeuge, insbesondere bei der Beschaffung und im Leasing, bereiten Sorge. Die Wiederverkaufswerte von Elektroautos gelten weiterhin als unsicher, was Leasingmodelle – das Rückgrat vieler Firmenflotten – erschwert. Einige Leasinganbieter befürchten sogar, dass das Geschäftsmodell unter Druck geraten könnte, wenn sich keine nachhaltigen Restwerte erzielen lassen.

„Verbrennerverbot durch die Hintertür“

Kritik kommt auch von politischer Seite: Länder wie Deutschland, Frankreich und Tschechien setzen sich in Brüssel für flexiblere Übergangsfristen und technologieoffene Regelungen ein. Auch Hybridfahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge sollten anerkannt werden, argumentieren sie, um den Unternehmen mehr Spielraum bei der Umstellung zu geben. Als Reaktion darauf hat die EU-Kommission bereits angekündigt, die ursprünglich für 2025 geplanten Zwischenziele auf 2027 zu verschieben – ein deutliches Zeichen dafür, dass Brüssel kompromissbereit ist.

Dennoch bleibt der Druck hoch. Der Vorschlag ist Teil des übergeordneten Ziels, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen. Der Verkehrssektor spielt dabei eine zentrale Rolle. Der Erfolg der Gesetzesinitiative wird entscheidend davon abhängen, ob sie realistisch und wirtschaftlich tragfähig ausgestaltet wird. Viele Fuhrparkbetreiber zeigen prinzipiell Bereitschaft, ihre Flotten zu elektrifizieren – doch sie fordern verlässliche Rahmenbedingungen: Investitionssicherheit, funktionierende Ladeinfrastruktur, steuerliche Unterstützung und realistische Übergangszeiten. Nur so könne die Elektrifizierung der Firmenflotten gelingen – und damit ein zentrales Element der europäischen Klimastrategie in die Praxis umgesetzt werden. Titelfoto: AdobeStock

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