Bislang ist das Angebot von elektrischen Kleinwagen überschaubar. Das soll sich ändern, so Dongfeng aus China.
Am Rand der Auto China in Peking konnten wir den in China gut laufenden Kleinwagen Nammi von Dongfeng etwas genauer unter die Lupe nehmen. Sollte dieses Auto nach Europa kommen, müssen sich vor allem die Massenanbieter wie VW oder Stellantis warm anziehen, denn Nammi kommt über den Preis, ohne die Qualität zu vernachlässigen.
Nammi ist eine der zahlreichen Marken des in Europa weitgehend unbekannten chinesischen Autokonzerns Dongfeng, der mit 2,1 Millionen Fahrzeugen im vergangenen Jahr immerhin der sechstgrößte Hersteller der Welt war. Noch werden seine Produkte vor allem im Heimatland verkauft, in dem Dongfeng mit den Marken M-Hero, Voyah, Fengshen, DFM (Dongfeng Motor) oder DFSK bekannt ist. Der vor wenigen Tagen in Europa lancierte M-Hero 917 – ein elektrisch betriebener Monster-Geländewagen, der in der Schweiz als erstem Land des alten Kontinents bereits für umgerechnet gut 150.000 Euro bestellt werden kann – erhellt den Hintergrund des Konzerns: Dieses Auto ist die zivile Ableitung eines Fahrzeugs, das für die chinesische Armee entwickelt wurde und das in jener Version gerne auch mit einer lafettierten Bordkanone ausgestattet wird. Die Ähnlichkeiten mit dem amerikanischen Hummer sind unübersehbar.
Für zivilere und Ansprüche wollen die Chinesen nun mit dem Nammi EV 1 in Polo-Größe – also mit gut vier Metern Länge – auf den europäischen Markt kommen. Auf abgesperrtem Gelände stand das Auto in zwei Versionen zur Verfügung: als PHEV (Plug-in-Hybrid) sowie als EV (batterieelektrisches Fahrzeug). Die Antriebsleistungen beider Versionen sind – auch ohne technische Daten, die für etwaige Europaausführungen noch nicht vorliegen – über eventuelle Zweifel erhaben. Die China-Versionen sorgen trotz bescheidener 70 kW/95 PS in der EV-Version für ausreichend Vortrieb, der bei 140 km/h abgeregelt wird, und die Bremsen vernichten die aufgebaute Energie ohne zu schwächeln. Lenkung und Fahrwerk sind auf normalem europäischen Kleinwagenniveau, vermitteln also gut und gerne die Fahreindrücke etwa eines VW Polo oder anderer Fahrzeuge des B-Segments.
Auch beim Innenausbau müssen sich die Chinesen nicht verstecken. Die Plastikteile machen einen wertigen Eindruck, die Verarbeitung ist tadellos und die chinesisch-verspielte Software, die das obligatorische Tablet-Panel in der Mitte des Armaturenbretts antreibt, wird für Europa sicherlich noch angepasst. Begrüßenswert ist, dass der Nammi auf einem kleinen Zentraldisplay über der Lenksäule die wichtigsten Werte wie die gefahrene Geschwindigkeit anzeigt.
Die vollelektrische Ausführung des Nammi EV 1 soll mit zwei Batteriegrößen mit knapp 32 beziehungsweise gut 42 kWh kommen, was eine Reichweite zwischen 300 und 420 Kilometern ermöglichen soll. Dem Vernehmen nach soll der Energiespeicher in weniger als einer halben Stunde von 30 auf 80 Prozent der Kapazität aufgeladen werden können. Die Plug-in-Version ist in Sachen Motorleistung noch zurückhaltender als die vollelektrische, doch werden ihr gut 800 Kilometer Reichweite zugeschrieben. Allerdings ist es mehr als fraglich, ob der Hybride überhaupt nach Europa kommt.
Dass der Nammi EV1 den Weg in die Alte Welt findet, scheint nach Äußerungen der Dongfeng-Verantwortlichen im chinesischen Wuhan als sicher. Als möglicher Markteinführungstermin gilt das Frühjahr 2025. Als Drohkulisse für die etablierte Konkurrenz in diesem Segment kann durchaus die Preisgestaltung gesehen werden: In China kostet der Nammi rund 10.000 Euro. Der Preis wird in Europa sicherlich nicht zu halten sein. Hier fehlen noch die Homologation und auch ein Händlernetz. Aber auch ein Preis deutlich unter 20.000 Euro dürfte sehr wettbewerbsfähig in der elektrischen Kleinwagenklasse sein. Das technische Rüstzeug hat er. Frank Thomas Uhrig/SP-X
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