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Plug-in-Hybride: Warum sie ihre Nische bald verlassen könnten

Plug-in-Hybride fristen bislang ein Nischendasein. Das könnte sich aber bald ändern, denn technisch tut sich bei den Zwitterwesen einiges.

Zwitterwesen haben es nicht leicht. Obwohl sehr vielseitig werden sie in keiner ihrer beiden Welten als vollwertig anerkannt. Das geht so mit den bivalenten Gasautos und geht so bei den Plug-in-Hybriden. Dabei ist die Idee – zumindest für eine Übergangszeit – nicht schlecht: Man fährt ein Elektroauto, und wenn man sich verschätzt hat oder auf einer langen Fahrt keine Lademöglichkeit vorhanden ist fährt man mit Kraftstoff weiter.

Die Nachteile der Plug-in-Hybride freilich sind das höhere Gewicht wegen doppelt mitgeführter E-Technik und Batterie sowie der kleinere Kofferraum. Der Hauptnachteil ist aber der Mensch. Allzu oft wird das Fahrzeug aus unterschiedlichsten Gründen nicht geladen, so dass viele Strecken per Verbrenner zurückgelegt werden. Der Vorteil des Konzeptes wird also zunichte gemacht. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Steckdosen-Hybride kamen zu ihrer Anfangszeit vor rund einem Jahrzehnt elektrisch gerade einmal rund 30 Kilometer weit, was sie nur für den Kurzstreckenverkehr relevant machte.

50 Kilometer Reichweite und mehr

Doch das ändert sich derzeit rasant. Mittlerweile sind 50 Kilometer für Plug-in-Hybride fast schon Standard, einige Modelle fahren bereits deutlich weiter. Auch wenn der Zuwachs verglichen mit dem Reichweitenanstieg bei reinen E-Autos gering ist – in der Praxis fällt er deutlich ins Gewicht. Denn waren die Reichweiten der ersten Modelle noch nach dem laxen NEFZ-Zyklus ermittelt, dient nun meist das strengere WLTP-Verfahren als Grundlage. Auf der Straße dürfte sich die fahrbare Distanz in einigen Fällen nahezu verdoppelt haben.

Batterien werden günstiger

Dass die Reichweite zugelegt hat, hat zum einen technischen Grund: Batterien werden günstiger und leistungsfähiger, Reichweite damit weniger teuer. Wichtiger sind aber rechtliche Aspekte. Denn Vergünstigungen wie der Umweltbonus oder die halbierte Dienstwagensteuer sind in Deutschland und anderswo an Vorgaben bei CO2-Ausstoß und Reichweite gebunden. Hierzulande etwa müssen förderfähige Fahrzeuge mindestens 40 WLTP-Kilometer weit kommen, ohne dass der Verbrennungsmotor zuschaltet. Alternativ darf der CO2-Ausstoß nicht über 50 Gramm pro Kilometer klettern, ebenfalls nach der neuen WLTP-Norm gemessen. Das entspricht einem Benzinverbrauch von gut 2 Litern Benzin.

Rechtliche Hürden und größere Akkus

Viele frühe Plug-in-Hybride scheiterten zuletzt an den rechtlichen Hürden in vielen Staaten Europas, die Hersteller haben daher zügig nachgebessert und ihren Modellen aufgefrischte Antriebe verpasst. Wichtigste Zutat ist dabei eine größere Batterie. Besonders konsequent zeigt sich in dieser Hinsicht Mercedes. In die neue PHEV-Generation des Oberklasse-SUVs GLE haben die Stuttgarter einen 31,2 kWh großen Akku implementiert, der eine E-Reichweite von 106 Kilometern ermöglichen soll. Beim Vorgänger mussten 8,8 kWh und 30 Kilometer reichen. Ebenfalls neu beim Neuen: Erstmals ist nun auch Schnellladen möglich, so dass schon kürzere Zwischenstopps reichen, den Stromvorrat an der DC-Säule aufzufüllen. Zuvor musste der GLE noch stundenlang an die Steckdose, um dann ein paar Kilometer emissionsfrei fahren zu können.

Nachteil: Hoher Preis

Plug-in-Hybride wie der GLE 250de haben indes einen Nachteil: den extrem hohen Preis. Noch kommuniziert Mercedes den fälligen Betrag nicht, doch er dürfte deutlich oberhalb von 70.000 Euro liegen. Das mag für ein luxuriöses SUV noch ok sein, für die breite Privat- und Dienstwagenmasse ist das aber keine Option. Der Großteil der PHEVs nutzt daher deutlich kleinere Stromspeicher – die nämlich sind der Haupt-Kostentreiber bei der Antriebstechnik. Ford etwa begnügt sich beim neuen Kuga mit einer 14,4 kWh großen Batterie, die für rund 50 Kilometer (NEFZ) Fahrt reichen soll, und bleibt preislich unter der 40.000-Euro-Grenze. Nicht viel mehr Akku (15,6 kWh) trägt die neue Mercedes A-Klasse in der Plug-in-Hybridvariante mit sich rum. Dank der geringeren Masse soll der Stromvorrat für bis zu 70 Kilometer reichen. Mit rund 37.000 Euro ist der A 250e gewiss kein Schnäppchen.

Umweltbonus und niedrige Steuer

Weil 3.000 Euro Umweltbonus vom Kaufpreis abgehen und die private Dienstwagennutzung nur mit 0,5 Prozent besteuert wird, kann sich der Kauf eines Teilzeitstromers jedoch durchaus lohnen. Insgesamt führt die Positiv-Liste des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das für die Bewilligung der E-Autoprämie zuständig ist, zurzeit 71 förderfähige Plug-in-Hybride – von Audi über Kia und Opel bis Volvo. Und es dürften noch zahlreiche weitere dazu kommen. Denn auch für die Hersteller sind die PHEVs interessant, drücken sie dank ihres geringen Normverbrauchs doch den Flottenverbrauch deutlich. Und verhindern so im besten Fall Strafzahlungen an die EU.

Der Mensch entscheidet

Ob Plug-in-Hybride aber wirklich eine längerfristige Lösung sind, hängt nicht zuletzt daran, wie sie von ihren Besitzern am Ende wirklich genutzt werden. Sollten sie weiterhin fast ausschließlich mit Verbrennungsmotor betrieben werden, dürfte es für Hersteller und Halter schwer werden, gegen künftige Fahrverbote in Innenstädten zu argumentieren. Noch nämlich ist vielerorts unklar, ob neben reinen E-Autos auch Plug-in-Hybride als emissionsfrei gelten und freie Fahrt erhalten sollten. Klar ist nur: Verbote sind bereits in zahlreichen europäischen Ländern geplant und sollen in ersten Städten und Regionen ab 2030 wirksam werden. HM/SP-X/Foto: VW

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