Nach 40 Jahren legt Renault die Legende R4 wieder auf: modern, elektrisch und vielseitig. Er soll ein Alleskönner bleiben.
Können Sie sich noch an den R4 erinnern? Lange, lange ist es her, dass die automobile Ikone das Straßenbild prägte. Doch wer damals mit dem kleinen Alleskönner ein Stück seines Lebens verbracht hat, für den bleibt dieses urige Gefährt auf ewig unvergessen – genial einfach und einfach genial. Nie zuvor gab es eine kleine Kombi-Limousine mit vier Türen, großer Heckklappe und umklappbarer Rücksitzbank. Der R4 diente, so klein er mit 3,66 Metern auch war, oft genug als Möbelwagen und Liebeslaube, als Nutzfahrzeug und Familienkutsche. Fast unverändert wurde er in über 30 Jahren mehr als acht Millionen Mal gebaut.

Solche Zahlen dürften für die Neuauflage des R4 ganz sicher Utopie bleiben. Dafür hat sich die automobile Welt zu sehr verändert. Doch es spricht viel dafür, dass der neue R4 – seine offizielle Bezeichnung lautet R4 E-Tech Electric – viele Menschen begeistern wird. Das Design ist cool, die Proportionen wirken stimmig, die Silhouette sowie die Grill-Scheinwerfer-Einheit und das hintere Seitenfenster wecken Erinnerungen an das Original aus den 60ern.
Der R4 positioniert sich zwischen R5 und Mégane
Der neue R4 fährt genau in die Lücke, die das Elektro-Portfolio von Renault bislang offenließ und positioniert sich mit seinen 4,14 Metern Länge zwischen R5 (3,95 Meter) und Mégane (4,20 Meter). Kosten wird der R4 ab 29.400 Euro. Renault will in erster Linie junge Familien ansprechen. So wundert es nicht, sich die Entwickler hierzu eine Menge praktischer Dinge haben einfallen lassen. Der Kofferraum ist mit 420 Litern (inklusive 55 Liter Unterbodenfach) überdurchschnittlich groß. Die Heckklappe, in der Topversion elektrisch betätigt und mit Fußschwenk zu öffnen, geht weit hinunter in den Stoßfänger.

Die Ladekante ist dadurch rund zehn Zentimeter tiefer als bei anderen Modellen dieses Segments, was das Ein- und Ausladen von Getränkekisten enorm erleichtert. Auch so mancher Hund dürfte sich über den niedrigen Zugang freuen. Im R4 lassen sich nicht nur die beiden Rücksitzlehnen umlegen (dann bis zu 1.450 Liter Ladevolumen), sondern auch die Lehne des Beifahrersitzes ist klappbar, einzigartig in dieser Klasse. So können selbst 2,20 Meter lange Bretter vom Baumarkt trocken nach Hause transportiert werden.
Technisch basiert der R4 E-Tech Electric auf der sogenannten AmpR Small Plattform. Sie ermöglicht einen recht großen Radstand von 2,62 Metern und schafft für die Hinterbänkler eine angenehme Beinfreiheit, mehr als man bei den Außenabmessungen erwarten würde. Insgesamt ist das Raumgefühl gut, gleiches gilt für die Sitzposition hinterm Lenkrad. Die etwas höhere Bauweise des R4 (Bodenfreiheit 18 Zentimeter) erlaubt zudem einen bequemen Ein- und Ausstieg sowie eine gute Übersicht – ähnlich wie in einem kleinen SUV.
Zwei Antriebe, zwei Akkugrößen
Beim Antrieb lässt sich zwischen zwei Leistungen in Abhängigkeit von zwei Batteriegrößen wählen. Das Basismodell (Urban Range) hat 90 kW/122 PS und eine Kapazität von 40 kWh, schafft damit nach WLTP-Zyklus immerhin eine Reichweite von 308 Kilometern. Wem das nicht reicht, kreuzt die Version Comfort Range (32.400 Euro) an, hat damit 110 kW/150 PS Leistung und den größeren 52-kWh-Akku. 409 WLTP-Kilometer sollen mit einer Batteriefüllung möglich sein. Gleichzeitig erhöht sich die DC-Ladeleistung von 80 auf 100 kW. Gut eine halbe Stunde dauert es, den Akku wieder auf 80 Prozent seiner Kapazität zu bringen. Mit Glück erlaubt die Säule Plug & Charge. Dann muss nicht mal mehr die Ladekarte gezückt werden. Der Ladepunkt erkennt das Auto, Strom fließt.

Was das Fahren betrifft, so liefert der R4 E-Tech Electric wenig Überraschendes, gibt sich angenehm ruhig und komfortabel. Das eint eigentlich alle Elektroantriebe. Die Leistung – gefahren sind wir die 110-kW-Variante – reicht für den Alltag dicke aus, zumal das Gewicht mit 1,4 Tonnen vergleichsweise niedrig einzuordnen ist. Sauber abgestimmt sind Lenkung und Fahrwerk, man freut sich über die gute Handlichkeit und den relativ kleinen Wendekreis von 10,8 Metern.
Hochmodern geht es beim elektrischen R4 im Cockpit zu, dominiert von einem doppelten, horizontal ausgelegten Bildschirm. Man hat Zugriff auf das Multimediasystem OpenR link mit integrierten Google-Diensten. Letzteres bietet vor allem Vorteile bei Navigation und Sprachsteuerung, aber auch was die vielen Apps aus dem Google Play Store betrifft. Es sind über hundert. Wie schon beim R5 ist auch im R4 der Avatar Reno an Bord, eine Art virtueller Copilot. Aktiviert wird er über Sprache (Hey, Reno!), kann dank ChatGPT-Anbindung unendlich viele Fragen beantworten sowie bei der Bedienung oder beim Laden helfen. Etwas später im Jahr will Renault für den R4 auch einen digitalen Schlüssel anbieten, der über das Smartphone läuft. Die physische Schlüsselkarte muss man dann nicht mehr bei sich haben. Zudem kann der digitale Schlüssel mit anderen Personen geteilt werden.

Das Faltdach hat überlebt
Auch was die Assistenzsysteme angehen, fährt der R4 E-Tech Electric vorn in seiner Klasse mit. 26 sind es insgesamt. Am meisten zu schätzen wissen dürfte man auf der Autobahn wohl den adaptiven Tempopiloten mit Stop&Go-Funktion und Spurhaltung. Eine gute Idee ist zudem, dass sich bis zu fünf favorisierte Assistenzsysteme abspeichern und über einen Schalter abrufen lassen. Renault wäre töricht, das Charisma und die Sympathie des alten R4 nicht auch beim Thema Ausstattung auf die Neuauflage zu übertragen. So gibt es erneut ein großes Faltdach, Plain Sud (nach Süden) genannt und elektrisch zu betätigen. Ebenso möglich sind Zweifarblackierungen und vielfältigen Personalisierungen – inklusive des bereits beim R5 vorgestellten Baguette-Korb. Michael Specht/SP-X
Renault 4 E-Tech Electric – Technische Daten:
Fünftüriges, fünfsitziges Crossover der Kompaktklasse; Länge: 4,14 Meter, Breite: 1,81 Meter (mit Außenspiegeln: 2,02 Meter), Höhe: 1,57 Meter, Radstand: 2,62 Meter, Kofferraumvolumen: 420-1.405 Liter.
Urban Range: E-Motor mit 90 kW/122 PS, Drehmoment: 225 Nm, Frontantrieb, 0-100 km/h: 9,2 s, Vmax: 150 km/h, Verbrauch: 14,7 kWh/100 km, Akkugröße: 40 kWh, Reichweite: 308 km (WLTP), Ladeleistung: 80 kW (DC), 11 kW (AC), Ladedauer: DC: 15-80 % in 30 Minuten, AC: 10-100 % in 3:30 Std., Preis: ab 29.400 Euro.
Comfort Range: E-Motor mit 110 kW/150 PS, Drehmoment: 245 Nm, Frontantrieb, 0-100 km/h: 8,2 s, Vmax: 150 km/h, Verbrauch: 15,1 kWh/100 km, Akkugröße: 52 kWh, Reichweite: 409 km (WLTP), Ladeleistung: 100 kW (DC), 11 kW (AC), Ladedauer: DC: 15-80 % in 30 Minuten, AC: 10-100 % in 4:30 Std., Preis: ab 32.400 Euro.
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