Im Testzeitraum von 14 Tagen fallen uns an einem Auto viele Kleinigkeiten auf. Das Test-Tagebuch fasst diese zusammen. Der Kandidat: Audi Q6 e-tron quattro 285 kW.
01.04.2025: In der Redaktion hat sich jüngst ein Auto eingefunden, dass eine neue E-Mobilitäts-Ära einläuten soll. Der Audi Q6 ist das erste Ingolstädter Modell, das auf der mit Porsche gemeinsam entwickelten PPE-Plattform rollt. Und das bedeutet: großer Akku und schnelles 800-Volt-Laden. Bis zu 270 kW Ladestrom sollen erreicht werden, was ein Nachladen von 255 Kilometern in 10 Minuten ermöglicht. Nun, wir werden das nachprüfen.

Und was den Akku angeht: Mit einer Größe von brutto 100 kWh (netto 94,5) soll der gut 2,3 Tonnen schwere SUV Strecken von 540 bis 625 Kilometer ohne Zwischenstopp absolvieren. Auch das sind ehrgeizige Ziele.
Doch bevor wir dazu kommen, möchten wie den Testwagen kurz vorstellen. Angetreten ist der Q6 quattro SUV mit 285 kW Leistung, die er aus zwei Motoren gewinnt – je eine vorne und eine hinten. Diese beschleunigen ihn in weniger als sechs Sekunden von Null auf 100 Stundenkilometer. Für deutsche Stromer eher untypisch ist die Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h.
Audi Q6: Preise ab 74.700 Euro

Audi betont die Rekuperationsfähigkeiten des Q6. Der Antrieb holt sich besonders viel Energie aus der Verzögerung zurück. Bis zu 220 kW fließen beim Bremsen zurück in den Akku. Wobei der Wagen die Stärke automatisch wählt und die Rekuperation etwa vor Kurven schon von alleine aktiviert. Will der Fahrer die Stärke verstellen, kann er das mit zwei Paddels am Lenkrad erledigen. Das auf ersten Fahrten hervorragend geklappt. Der WLTP-Verbrauch wird mit 19,6 kWh je 100 Kilometer angegeben.
Ganz günstig ist der Q6 freilich nicht. Schon die Basisvariante kostet 74.700 Euro brutto. Mit einigen Extras strebt man schnell auf die 100.000-Euro-Grenze zu; unser Testwagen kostet letztlich 97.805 Euro, wobei der Löwenanteil auf das „Tech-pro“-Paket entfällt, das 8.500 Euro kostet und Nettigkeiten wie den adaptiven Fahrassistenten plus, die adaptive Luftfederung, das Komfortpaket pro und digitale OLED-Rückleuchten enthält.
Rein äußerlich erstreckt sich der Q6 auf Raummaße von 4,77 Meter Länge, einer Breite von 1,94 und einer Höhe von 1,65 Meter. Der Radstand beträgt 2,90 Meter. Das Ladevolumen variiert zwischen 526 und 1.500 Liter. Zusammengefasst: Der Audi Q6 ist schon ein ausgewachsenes SUV.
Und nun geht´s auf zur Verbrauchsrunde.

04.04.2025: Und die (Verbrauchsrunde) haben wir nun absolviert. Zuvor sei aber anzumerken, dass bei Temperaturen knapp unter 10 Grad Celsius von WLTP-Reichweiten um die 500 Kilometer und mehr nicht die Rede sein kann. Nach der 100-Prozent-Vollladung zeigt der Bordcomputer lediglich 375 Kilometer an. Das wundert auch nicht, denn bei zu erwartenden Verbräuchen von um die 25 kWh je 100 Kilometer kann man sich bei einer Akkugröße von 94,5 kWh schnell ausrechnen, wie weit der Q6 in der Praxis kommt.
Dennoch hat Audi bei der Effizienz des Q6 einen guten Job gemacht: Trotz einer Außentemperatur von nur 9 Grad schaffte das große SUV einen Durchschnittsverbrauch von 21,4 kWh auf unserer Testrunde. Zur Erinnerung: Der erste von uns gefahrene e-tron 55 quattro (Februar 2020) lag bei 29,5 kWh je 100 Kilometer – allerdings im Gesamtverbrauch. Im Alltagsbetrieb – das zeichnet sich bereits ab – dürfte auch der Q6 mehr als 21,4 kWh konsumieren.

Was auf der Testrunde auffiel: Das Fahren im Q6 ist sehr komfortabel. Das Luftfahrwerk bietet fünf verschiedene Fahrmodi (wir waren im Modus „efficient“ unterwegs) und bügelt alle Unebenheiten souverän weg. Der Antrieb reagiert auch im Eco-Modus auf leichte Bewegungen des Stromfußes mit markantem Vortrieb, die Lenkung ist direkt und liefert viel Gefühl für das Geläuf, bremsen muss man nur selten, und wenn dann sind die Stopper gut dosierbar und beißen kräftig zu. Der adaptive Tempomat folgt dem Straßenverlauf zuverlässig; lediglich der Spurwechselwarner greift uns zu stark in das Lenkrad, wenn man (nach Ansicht des Assistenten) mit nicht ausreichendem Abstand die Spur wechseln möchte.
Top ist das große Head-up-Display mit augmented-reality-Funktion. Es visualisiert die Fahrsituationen und blendet Abbiegehinweise so ein, dass ein Falschfahren nahezu ausgeschlossen ist. Dort geben wir als nächstes die von uns bevorzugte Ladesäule ein und fahren zum HPC-Laden. Wir sind gespannt.

07.04.2025: Mit 19 Prozent Rest-SoC machten wir uns also auf den Weg zu „unserer“ 300-kW-Ladesäule von EnBW. Diese war im Navi schnell gefunden, die Zielführung aktiviert, was den Akku vorwärmt. Doch schon nach wenigen Kilometern warnte der Audi vor niedrigem Akkustand und wollte uns zu einer näheren Säule lotsen. Der Fahrdatenbereich im Info-Screen zeigte auch keine Rest-Kilometer mehr an. Wir blieben hart und folgten den Anweisungen nicht; bis wir zu unserer Ladesäule kamen hatte der Audi drei-, viermal eine neue Route geplant. Letztlich kamen wir mit 10 Prozent Akkuladung an und wunderten uns, warum der Audi so viel Panik verbreitet hatte.
Wie erwähnt soll der Q6 mit bis zu 270 kW geladen werden können – ganz so viel hat er bei Temperaturen von 9 Grad aber nicht geschafft. Nach einigen Minuten hatte er sich auf 243 kW gesteigert, danach fiel die Kurve recht gleichmäßig ab (siehe Ladekurve). Die Ladezeit von 10 auf 80 Prozent SoC betrug 26 Minuten, die durchschnittliche Ladeleistung 162 kW. Die Audi-Vorgabe liegt bei 21 Minuten.

Indes: Bei einem knapp 95 kW großen Akku gibt es auch viel Strom nachzufüllen, was auch mit 800-Volt-System seine Zeit dauert. Ob die ständige Änderung der Routenplanung die Akkuklimatisierung gestört hat, können wir freilich nicht nachvollziehen. Wir gehen aber davon aus, dass der Q6 e-tron bei warmen Temperaturen durchaus die avisierten 270 kW erreicht.
Selbstverständlich integriert die Routenplanung auf Langstrecken notwendige Ladestopps und wärmt/kühlt den Akku entsprechend vor. Dabei plant sie auch zwei kürzere Stopps statt eines längeren, wenn sich dadurch Reisezeit sparen lässt. Leider kann man an AC-Säulen derzeit noch nicht mit 22 kW laden; diese bisweilen wichtige Funktion wollen die Ingolstädter bald nachreichen.
Ach ja, ein nettes Gimmick zum Schluss: Beim Druck auf den Deckel der beiden Ladeklappen (Fahrerseite AC und DC, Beifahrerseite nur AC) öffnen und schließen sie sich nicht per Federmechanismus, sondern werden von Motoren bewegt. Und eine Lichtleiste unterhalb der Windschutzscheibe zeigt den Ladestand an.

10.04.2025: Was wir beim Thema Laden noch nachtragen müssen: Man kann den Ladestand, zu dem das Navi eine Lademöglichkeit ansteuern soll, einstellen. Bei unserem Testwagen lag er bei 10 Prozent SoC; eigentlich gab es also keinen Grund für ständige Neuberechnungen. Nicht einstellen kann man leider die Ladegeschwindigkeit an AC-Quellen, was für Solaranlagenbesitzer schade ist, denn nur sehr wenige Anlagen schaffen eine Leistung von 11 kW.
Werfen wir noch einen Blick auf die Bedienung. Physische Tasten gibt es nur wenige, aber ein Drehknopf für die Lautstärke hat die Digitalisierung überlebt. Viel funktioniert via Monitor, in der Fahrertür finden sich noch einige Tasten. Gewöhnungsbedürftig sind die Lenkradtasten, die sowohl auf Sliden als auch auf Drücken reagieren: Hier braucht es viel Feingefühl.
Der A6 e-tron setzt noch auf einen Starterknopf. Doch seltsamerweise muss man ihn zweimal drücken, bevor man einen Gang einlegen kann. Der erste Druck schaltet lediglich die Zündung an. Schön hat Audi den Umgang mit dem „Euro-Klingeln“ gelöst: Einerseits sind die beiden Warntöne sehr dezent, andererseits kann man die Abschaltfunktion auch auf die Sterntaste am Lenkrad legen.

Das Raumgefühl auf den Vordersitzen ist auch ohne Glasdach sehr großzügig, die bequemen und langstreckentauglichen Sitze bieten einen sehr weiten Bereich an Einstellmöglichkeiten, das Lenkrad lässt sich axial weit verstellen. Recht wenig Platz herrscht vor den Fondsitzen: Bei einen SUV dieser Größe hätten wir mehr Beinfreiheit erwartet.
In den Laderaum passen 526 bis 1.529 Liter, und darunter findet sich noch ein geräumiges Staufach. Kabel kann man aber auch im Frunk unterbringen, der 64 Liter fasst. Die Anhängelast liegt bei 2 Tonnen gebremst und 750 kg ungebremst, die Stützlast beträgt 100, die Dachlast 75 kg.
Dass der Q6 unbedingt an eine näher gelegene Ladesäule wollte, liegt vermutlich an den Einstellungen. Beim Q6 kann man sicherlich, wie auch bei allen ID-Modellen, die Mindest-Restreichweite einstellen, mit der man die Ladestation anfahren möchte. Setzt man diesen Wert von z.B. 50 km auf 10 km Restreichweite runter, wird eine spätere Ladestation eingeplant.
Ebenso kann man sicherlich auch im Q6 wie bei den ID-Modellen einstellen, mit welcher Restreichweite man das Ziel erreichen möchte.
Vielen Dank für den Hinweis! Das ist richtig. Bei unserem Testwagen war der Wert auf 10 Prozent eingestellt, womit wir auch bei der ursprünglichen Ladesäule ankamen. Einen Grund zur „Panik“ gab es also nicht wirklich.