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Umstieg aufs E-Auto – Ein Reisebericht Teil 3

Der Judgement-Day naht: Welches Fahrzeug passt zu mir und vor allem zu meiner Lebens-, Arbeits- und Wohnsituation, zu meinem Fahrverhalten, meiner familiären Situation und dann noch zu meinem Geldbeutel. Und wäre ich gewillt, auf mein E-Auto ein Jahr zu warten und akzeptiere planwirtschaftliche Lieferzeiten?

dmt-Geschäftsführer Eckhard Schulte braucht ein neues Auto. Klar ist: Es soll rein elektrisch sein.

Ich habe nun mal das Einkaufsverhalten eines Dreijährigen. Wenn ich etwas sehe, was mir gefällt, brauche ich es gleich. Warten geht gar nicht. Ich habe mein E-Fahrzeug letztendlich an einem Donnerstag konfiguriert, am Freitag ein Angebot bekommen und online bezahlt (dabei 47 mal die korrekten Angaben kontrolliert), am Montag per Overnight die Papiere erhalten und am Dienstag angemeldet. So geht E-Autokauf! Nicht nur für die Dreijährigen unter uns, auch für viele Dienstwagennutzer ist die Lieferzeit ein wichtiges Kriterium.

Der Kern der Entscheidung

Die erste Frage meiner Nachbarn beim Blick auf das neue E-Mobil ist natürlich: „Und wieviel Reichweite hat der?“ Die Frage, die man sich stellen muss ist, brauche ich wirklich das Modell mit der dicksten Batterie für die höchste Reichweite? Ich habe mich für das Modell mit kleiner Batterie entschieden, dass dann 10.000 Euro günstiger war. Und es war goldrichtig! Warum ich das so sehe und die Vorteile meiner Entscheidung leuchten ein, wenn man sich mit der Materie beschäftigt. Dann löst sich auch die Reichweitenangst in Luft auf. Aber ich greife vor.

Das Budget und die Crux beim Preisvergleich

Das Budget steht als limitierender Faktor sicher für die meisten an erster Stelle. Hat man sich dieses gesetzt, wird einem die Suche nicht einfach gemacht. Hersteller und Händler geben sehr unterschiedliche Preise an.

Bei den meisten wird der Herstellerbonus bereits beim Angebotspreis abgezogen und die BAFA-Förderung von 6.000 Euro kann man dann nochmals runterrechnen. Bei einigen Angeboten wird aber auch diese schon abgezogen, so zum Beispiel bei vielen Angeboten auf Vergleichsplattformen. Also genau hinschauen und nachfragen.

Sehr verwundert hat mich, dass auch bei den eigentlich gut ausgestatteten E-Autos einige Features nur mit Aufpreis zu bekommen sind, die eigentlich basic sein sollten. Beispielsweise das dreiphasige Laden wird bei einigen Herstellern mit Aufpreis berechnet. So in einem KIA-Angebot. Und bei den zubuchbaren Paketen steigt der Preis ganz schnell um einige tausend Euro. Auch hier gilt vergleichen und hart bleiben. Was brauche ich wirklich? Und was funktioniert wirklich im Alltag?

Als Agentur für Neue Mobilität bringen wir den Mobilitätswandel in Wirtschaft und Gesellschaft voran. Mit unseren sieben Marken und der umfassenden Expertise unserer Gründer übernehmen wir für Unternehmen und Institutionen im Mobilitätssektor Öffentlichkeitsarbeit, Vertrieb, bieten Impuls- und Langzeitberatung an und veranstalten Events. Damit sind wir die perfekte Schnittstelle zwischen Corporate und Customer.

Wartungskosten mitrechnen

Wartung ist wichtig, allein schon, um die Garantie zu erhalten. Auch hier agieren die Hersteller sehr unterschiedlich. Tesla hat gar keine Wartungsintervalle, beim KIA E-Niro liegen sie bei 15.000 Kilometern. Warum das so unterschiedlich ist, bleibt das Geheimnis der Hersteller, denn ein E-Auto ist grundsätzlich viel wartungsärmer als ein Verbrenner. Keine Ölwechsel, kaum Bremsverschleiß, weil die Energierückgewinnung beim Gaswegnehmen für normale Fahrsituationen genug Bremswirkung erzeugt. Motorschäden sind so gut wie ausgeschlossen bei üblicher Laufleistung.

Die Reichweitenangst grassiert. Ausverkauft sind immer die Modelle mit der ganz großen Batterie. Ich habe mich für das Modell mit der kleinen Batterie entschieden und habe dadurch rund 200 Kilogramm Gewicht gespart, fahre dadurch viel ökonomischer. Bei Stadt- und Überlandfahrten habe ich einen Verbrauch von 11,2 kWh erreicht. Damit bin ich für 3,47 Euro 100 Kilometer weit gekommen. Unschlagbar. Durchschnittlich verbrauchen E-Autos 15 bis 20 kWh, die großen Boliden aus dem SUV-Bereich auch gern 30. Downsizing lohnt also auch beim E-Auto. Wichtig ist nur, dass man sicher, schnell und günstig unterwegs laden kann. Damit sind wir bei einem leidigen Thema angelangt, denn es gibt deutlichen Verbesserungsbedarf.

Wo laden und zu welchem Preis?

Glücklich schätzen kann sich, wer einen Tesla ordert, denn der sichert sich den Zugriff auf die Tesla-Supercharger, hat damit ganz einfachen Zugang, weil Auto und Ladesäule miteinander kommunizieren. Der Tesla-Fahrer kann nicht nur deutschlandweit, sondern auch im Ausland entlang aller Autobahnen laden und das auch noch günstig. Derzeit verlangt Tesla für Schnellladen an seinen Chargern 37 Cent/kWh –  der Strompreis zuhause liegt zum Vergleich bei etwa 31 Cent/kWh.

Bei Ionity liegt der Preis für Schnellladen mit HPC (High Power Charger), wenn man ein Fahrzeug der beteiligten Marken fährt (Mercedes, BMW, VW, Ford und Hyundai), bei 79 Cent/kWh. Für Fremdmarken liegt das nötige Entgelt bei 1,09 €/kWh. Das ist das extremste Beispiel. Bei EnBW liegt der Preis für Schnellladen bei 46 Cent/kWh mit Grundgebühr von 4.99 Euro pro Monat und bei 55 Cent/kWh ohne Monatsgebühr. Andere Anbieter liegen meist auch in diesem Bereich.

Allerdings unterscheiden sich die Ladesäulen der genannten Anbieter deutlich in der Geschwindigkeit, das sei fairerweise gesagt. Ob das aber 200 Prozent Preisaufschlag rechtfertigt, möge man sich selbst beantworten. Eigentlich sollte man froh sein, wenn E-Autos schnell laden, damit sie die Ladesäulen nicht unnötig blockieren. Das funktioniert am besten über Preisanreize. Auch hier agiert Tesla ganz anders. Dort überlegt man, langsam ladenden Fahrzeugen einen höheren Preis zu berechnen, weil sie eben die Säulen blockieren. Also genau entgegengesetzt. Das allerdings nur für den Fall, dass Tesla seine Supercharger für andere Marken öffnet, was gerade in der Diskussion ist.

Man kann die Preissituation getrost als Wildwuchs bezeichnen. Besonders ärgerlich ist, dass bislang sogar an geförderten Ladepunkten derartige Preispolitik möglich ist. Aber Hilfe ist im Anmarsch: Der Gesetzgeber hat Regelungsbedarf erkannt und reagiert. Hoffentlich bald. Der Bundesverband Elektromobilität e. V. hat hier deutliche Kritik vorgebracht und es wird an einer Lösung gearbeitet. Auch der einfache Zugang per Girokarte wird demnächst Pflicht. Bislang kennen wir nur die Lösung Giro-E von der GLS Bank, was auch schon eine gute Lösung ist, aber nur von einigen Anbietern genutzt wird. Der Gesetzgeber kann sich aber auch an die eigene Nase fassen und endlich die EEG-Umlage über den Jordan kicken. Beim Ladestrom ist sie kontraproduktiv, will man den Verbraucher auf E-Mobilität einschwören.

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Selig laden die Hausbesitzer

Wer ein Eigenheim besitzt, hat die besten Voraussetzungen zum günstig Laden. Der Preis an der heimischen Wallbox, die immer noch mit 900 Euro gefördert wird (und im Schnitt inkl. Montage für 1.300 Euro erhältlich ist), liegt bei etwa 31 Cent/kWh, je nach Anbieter. Noch günstiger und grüner fährt, wer eine Photovoltaik auf Dach oder Carport schraubt. Der braucht sich auch nicht zu fragen, ob der Strom grün ist, wenn er vom Dach kommt. Und noch eines spricht für das Laden zu Hause: Das Auto lädt, während es eh nur steht. Über Nacht ist jedes Fahrzeug vollgeladen, selbst mit der langsamsten Wallbox.

Allerdings ist auch hier ein Blick auf die Zusammensetzung des Strompreises ein Grund zum Ärgern: Mehr als die Hälfte setzt sich aus Steuern und Abgaben zusammen, auch dank EEG-Umlage. Herr Altmaier, jetzt mal mutig und konsequent agieren. Weg mit der EEG-Umlage beim Ladestrom. Noch günstiger fährt, wer bei Discountern wie Aldi Süd oder Lidl gratis tankt, teils sogar mit Schnellladern. Natürlich muss man dann fairerweise mal die Milch dort kaufen. Geschenkt. Die Hälfte meiner Ladevorgänge bekomme ich so gratis. Und mein Fitnesscenter ist in Laufweite.

Features, die ich brauche oder will

Als leidenschaftlicher Fahrradfahrer, Motorradfahrer und Kanut brauche ich Packmöglichkeiten auf dem Dach oder auf dem Anhänger. Die Anhängerkupplung ist derzeit noch spärlich gesät bei E-Autos. Einige Marken bieten es gar nicht an, andere nur zum Fahrradtransport mit Anhängelast null und wieder andere schon mit annehmbaren Anhängelasten. Und wer jetzt wieder mit der Reichweite kommt, die sich durch den Anhängerbetrieb verringert, sei gesagt, der Mehrverbrauch hält sich in Grenzen.

Bei einem E-Transporter habe ich einen Mehrverbrauch durch Anhänger von nur 15 Prozent selbst erfahren. Und demnächst gibt es Lösungen mit eigenem Antrieb im Anhänger. Eine erste Probefahrt mit einem Prototypen hat gerade stattgefunden. Mehr Wissen unter dem Link.

Judgement-Day

Zurück zum anfänglichen Argument: Meine spärliche Geduld erlaubt mir, bei meiner Auswahl nur auf Fahrzeuge zurückzugreifen, die lieferbar sind und natürlich bezahlbar. Leider werden immer erst die Luxusvarianten produziert, damit der geneigte Blogger seine Wow-Berichte in den Orkus pustet und die effizienten Varianten kommen erst später. Ich habe gefunden: Renault Zoe, Peugeot e-208, Nissan Leaf, Tesla Modell 3, VW ID 3, Hyundai Kona E, Kia E-Soul und Kia E-Niro. Bei der Wahl meines neuen E-Autos gehe ich nach Ausschlussprinzip vor, die Kriterien sind:

· Ich will ein Fahrzeug, dass 400 Kilometer Reichweite nach WLTP liefert, weil ich Strecken von 300 Kilometern in einem Rutsch bei jeder Wetterlage fahren will. Renault und Peugeot sind raus.

· Ich will eine Anhängerkupplung: Bei Hyundai, KIA und VW nur mit Anhängelast null. Alle raus.

· Ich will dreiphasig laden können, damit es auch beim AC oder Normalladen schnell geht – Nissan Leaf ist raus.

· Ich will ein Fahrzeug, dass geringe Wartungskosten hat. KIA aufgrund irrwitziger Wartungsintervalle von 15.000 Kilometern ist damit nochmal raus.

· Ich wohne in einer Mietwohnung ohne die Möglichkeit eine Wallbox zu installieren. Also bin ich nicht nur auf schnelles öffentliches Laden angewiesen, sondern auch auf günstiges. Also kommt nur das Fahrzeug in Frage, dass eine ausgebaute Ladeinfrastruktur mitliefert.

Beim Autokauf kommt es immer auf die persönliche Situation an. Auf den Tesla lief am Ende für Eckhard Schulte alles hinaus. Foto: Niklas Mag

Der Tesla Model 3 soll es also sein. Wie schnell das ging dank des Teams in Düsseldorf ist eingangs beschrieben. Die Entscheidung mag und sollte für euch anders aussehen, je nach euren individuellen Präferenzen und Lebenssituationen. Aber redet nicht – macht! Wer sich jetzt einen Neuwagen anschafft, sollte zur vollelektrischen Variante greifen. Ein neuer Verbrenner wird die nächsten 15 Jahre CO2 in die Luft blasen, ein Hybrid übrigens auch. Vielleicht startet ihr auch mit einem E-Kleinwagen als Zweitfahrzeug? Der wird garantiert zu eurem Erstfahrzeug, weil E-Mobilität einfach Spaß macht und eigentlich viel einfacher ist. Nur die Gewohnheit steht uns im Wege. Und richtig Hammer ist der Steuerbescheid. Zehn Jahre, null Euro.

Damit haben wir den dritten Gipfel erreicht. Der Tesla Model 3 steht vor der Tür und die erste große Tour ist geplant, 2006 Kilometer quer durch Deutschland mit kleiner Batterie. Diese folgt in Teil 4 dieses Reiseberichts. ES/Titelfoto: John Cameron (Unsplash)

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