Ein BMW tankt an dieser Location Wasserstoff. Foto: BMW

Wasserstoff – nicht immer sauber

Wasserstoff ist nicht gleich Wasserstoff. Auch wenn das Gas immer zu reinem Wasser verbrennt, kann es doch eine üble Klimabilanz haben.

Wasserstoff soll zum zentralen chemischen Element der Energiewende werden. Nicht nur im Verkehr könnte das farb- und geruchlose Gas künftig eine wichtige Rolle spielen. Auch in der Chemie- und Stahlindustrie soll H2 als Energieträger und Rohstoff in großem Stil zum Einsatz kommen. Neben serienreifen Anwendungen und dem Transport ist aber vor allem die Erzeugung des Wasserstoffs noch ein Problem. Prinzipiell gibt es dafür mehrere Wege – aber nur einer ist wirklich „grün“. Eine kleine Farbenlehre.

Grüner Wasserstoff: Die Variante, die im Grunde alle haben wollen. Und die einzige, mit der Brennstoffzellen-Fahrzeuge oder E-Fuels wirklich klimaneutral wären. Gewonnen wird er per Elektrolyse: der elektrischen Zerlegung von Wasser in seine Grundbausteine Sauerstoff und Wasserstoff. Wird hierfür „grüner“ Strom genommen, ist auch das Endprodukt „grün“. Das Problem ist die Verfügbarkeit von überschüssigem Öko-Strom. Erst wenn davon mehr vorhanden ist als aktuell benötigt wird, lohnt sich die verlustreiche Elektrolyse. Zurzeit ist das in Deutschland höchstens im kleinen Stil der Fall, etwa bei der lokalen Speicherung von überschüssigem Wind- oder Solarstrom direkt am Erzeugerstandort.

Grauer Wasserstoff: Die Variante, die heute in der Regel sowohl in der Industrie als auch im Transport in der Regel genutzt wird. Statt aus H2O wird er aus fossilen Rohstoffen – meist Erdgas – hergestellt, das ebenfalls zahlreiche H-Atome erhält. Übrig bleibt dann neben Sauerstoff („O“) allerdings auch Kohlenstoff („C“), in der Regel in Form von CO2 oder anderen, noch klimaschädlicheren Gasen wie Methan. Mit dem fossilen Wasserstoff ist dem Klima also nicht geholfen, auch wenn er etwa in der Brennstoffzelle oder im Verbrennungsmotor ebenfalls lokal emissionsfrei verbrennt. Wird bei der Herstellung der aktuelle Strommix verwendet, fließt sogar noch mehr CO2 in die Bilanz ein. Spätestens dann dürfte die direkte Verbrennung des Erdgases der günstigere Weg fürs Klima sein.

Neue Akkutechnologie spielt eine Rolle

Blauer Wasserstoff: Die Variante, die sich aktuell als Kompromiss zwischen dem verfügbaren grauen und dem klimafreundlichen grünen Wasserstoff herauskristallisiert. Seit dem Sommer erkennt die Bundesregierung auch die blaue, nicht mehr nur die grüne Variante des Gases als förderfähig an, auch im Rahmen des Gebäudeenergie-Gesetzes. Der Unterschied zum grauen Gas: Das bei der Produktion aus Erdgas anfallende CO2 wird abgeschieden und eingelagert, so dass es nicht mehr in die Atmosphäre gelangt. Allerdings ist die Kohlenstoff-Abscheidung (CCS) technisch nicht reif für den Einsatz in großem Stil. Und auch die Endlager-Frage wird noch ein Problem. Zudem bleibt die Frage nach den Kosten, die durch den großen Aufwand bei Erzeugung und Lagerung hoch ausfallen dürften.

Weißer Wasserstoff: Die Variante, die so gut wäre wie grüner Wasserstoff. Das Problem: In elementarer Form kommt das Gas auf der Erde nur in tieferen Gesteinsschichten vor. An einigen Stellen dürfte er zwar mit überschaubaren Bohrtiefen zu erreichen sein – aber die Gewinnung ist schwierig, weil die Moleküle extrem reaktiv und flüchtig sind. Dafür ist das Potenzial quasi unendlich – das Gas bildet sich im Erdkern immer wieder aufs Neue aus unterirdischem Wasser. CO2 entsteht dabei nicht. Entsprechend groß sind die Hoffnungen von Teilen der Wirtschaft. Befeuert wurden sie kürzlich, als in Frankreich die bislang größten Vorkommen (46 Millionen Tonnen) innerhalb Europas entdeckt wurden. Ob und wann sie ausgebeutet werden können, ist aber noch unklar.

Pinker Wasserstoff: Die Variante aus Atomstrom, hergestellt per Elektro- oder Thermolyse. Weil zumindest das Kernkraftwerk CO2-frei arbeitet, gilt er dem grünen Wasserstoff klimatechnisch oft als gleichwertig. Dabei werden aber weder die Emissionen beim Uranabbau, Anreicherung noch bei der Endlagerung berücksichtigt. Wie hoch die sind, ist schwer abzuschätzen, weil zum einen Erfahrungen fehlen und zum anderen viele Zahlen ideologisch eingefärbt sind. Klar ist aber, dass CO2 in nicht zu vernachlässigender Menge anfällt. Zudem ist die Technologie wegen der schwerwiegenden Unfallfolgen und der ungeklärten Endlagerfrage in vielen Gesellschaften ungeliebt. Zumindest in Europa ist die Zukunft der Technik sehr ungewiss, was Neubauten angeht. Selbst wenn diese kommen sollten, dürfte es wie zuletzt beim finnischen Olkiluoto-3 Jahrzehnte dauern, bis sie ans Netz gehen.

Klimaneutraler Wasserstoff dürfte also auf Jahre hinaus knapp und teuer bleiben. Auch die politische Öffnung hin zu blauem Wasserstoff ist höchstens eine Scheinlösung des Verfügbarkeitsproblems. Dass in Europa produziertes Gas in absehbarer Zeit für den Pkw eine Alternative zur Batterie darstellt, ist vor diesem Hintergrund kaum denkbar. Und selbst der Einsatz im Lkw dürfte sehr teuer werden.

Ob es langfristig Chancen für Wasserstoff im Straßenverkehr gibt, hängt nicht zuletzt von der Entwicklung der Akkutechnik ab. Sollten die Ankündigungen von Energiedichten weit jenseits der 500 Wattstunden pro Kilogramm Realität werden, dürfte es für die Brennstoffzelle auch im Lkw eng werden.  Holger Holzer/SP-X

 

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