Optimismus ist ja stets Pflicht für Automobilhersteller, erst recht aber in diesen Tagen der Internationalen Automobil-Ausstellung. Aber wird das ein neuer Aufbruch für die deutschen Hersteller? Die aus den Marketing- und PR-Abteilungen erdachten Superlative wirken allerdings auch ein wenig wie das laute Pfeifen in einem ziemlich dunklen Wald, in dem Unternehmen wie BYD, Geely, XPeng oder Nio lauern.
Während Volkswagen mit dem ID.Cross Concept ein „kompaktes SUV für bezahlbare E-Mobilität“ bewirbt, was nebenbei als Eingeständnis bewertet werden könnte, dass alle anderen Elektroautos der Wolfsburger zu teuer sind, spricht man bei der Konzerntochter Porsche über den neuen 911 Turbo gleich vom „Alleskönner unter den Sportwagen“. Und während Mercedes mit dem elektrischen GLC eine „neue Ära“ einläuten will, spricht BMW schon seit Monaten von seiner „Neuen Klasse“.
Wiedererwachen deutscher Hersteller?
Gerade der Auftritt der beiden süddeutschen Edelhersteller hatte schon im Vorfeld für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Denn mit und an ihnen wird nichts weniger als das (Wieder)erwachen der deutschen Automobilhersteller festgemacht.

Dabei sind der neue GLC und der BMW iX3 erstmal nichts anderes als zwei weitere elektrische SUV der oberen Mittelklasse. 800-Volt-Technik, schnelles Laden, Reichweiten zwischen 700 und 800 Kilometer? Das bieten einige chinesische Hersteller allerdings auch und schon länger.
Kein technischer Vorsprung
Natürlich sind die deutschen Premium-Produkte vollgestopft mit weiterer Technik, von einem echten technischen Vorsprung kann allerdings kaum die Rede sein.
Die neuen Deutschen haben einige Gemeinsamkeiten, sprechen aber eine unterschiedliche Designsprache. Mit dem ID.Cross Concept und den ID.Polo kehrt Volkswagen nicht nur in der Nomenklatur, sondern auch beim Design zu mehr niedersächsischer Solidität zurück, die nur bösartige Beobachter als Rückkehr zur Langweile bezeichnen könnten.
Ganz anders bei Audi, wo das Design der Sportwagenstudie Concept C zeigt, wie man sich in Zukunft mit klarer Kante und einem Schuss elegantem Minimalismus stärker abheben will von den Konzernverwandten und dabei die eigene Vergangenheit aber nicht aus den Augen verliert.

Die wiederum beschwört Ford und verweist auf den hundertsten Geburtstag der Marke in Deutschland, verkneift sich aber spektakuläre Studien, die die Zukunft betreffen. Dauerrivale Opel nutzt die IAA, um Marke und Fans mit dem sportivem Kürzel GSE zu emotionalisieren und setzt dazu nicht zuletzt auf die Community der Gamer, die das Konzept eines dynamischen neuen Corsa (Foto ganz oben) schon virtuell fahren können, während die richtigen Kunden auf den neuen elektrischen Corsa der 25.000-Euro-Liga noch bis 2028 warten müssen, wie Opel-Chef Huettl erklärt.
BMW und Mercedes sind modern, aber äußerlich alles anders als revolutionär. Innen setzt Mercedes auf eine Mischung aus konventionellen Bestandteilen – sogar die Lautstärke-Walze am Lenkrad ist wieder zurück, wie Mercedes-Boss Ola Källenius bei der Vorstellung des Fahrzeugs stolz betonte – und modernen Aspekten wie dem riesigen, auf Wunsch das gesamte Armaturenbrett einnehmende, fast einen Meter in der Breite messenden Bildschirm. Hier setzt BMW mit einem ultramodernen Innenraum dagegen, was auch nicht jeder Betrachter als gelungen einstufen wird.
Alles nur für China?
Aber spielt die Meinung deutscher, respektiver europäischer Autofahrer überhaupt noch eine größere Rolle? Man wird das Gefühl nicht ganz los, dass etwa der mit Verweis auf die Vergangenheit und als neues Designmerkmal künftiger Modelle vorgestellte, auf Wunsch „sternenbeleuchtete“, keinerlei praktische Funktion erfüllende verchromte Kühlergrill, von Mercedes bescheiden als „Hightech-Meisterwerk“ bezeichnet, vor allem Käufer in Fernost ansprechen soll. Was auch durch die Vielzahl chinesischer Gäste bei der Vorstellung des GLC dokumentiert.
Und so steht die IAA Mobility im Jahr 2025 in München für Beides: eine neue Generation interessanter deutscher Fahrzeuge und zugleich für die wachsende Herausforderung, der sich diese Industrie aus Fernost gegenübersieht. Peter Eck/SP-X
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