PwC-Studie

„Eine autofreie City kann zur Verödung führen“

Die autofreie Innenstadt wird in Hannover diskutiert. Interview mit Ex-Umweltminister Dr. Stefan Birkner (FDP) im Vorfeld der DMT Arena.

Viele Städte diskutieren und/oder planen derzeit, ob und wie sie den Autoverkehr in ihren Innenstädten reduzieren können. In Hannover dreht sich der Streit um eine autofreie Innenstadt, die auch im Wahlkampf zum Oberbürgermeister Thema ist. Die DMT Arena am 14. November im HCC greift diese und andere Fragen zur Mobilität in den Städten unter der Überschrift „Wem gehört die Stadt“ auf.

Nach dem Vortrag von Professor Dr. Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch-Gladbach findet eine Podiumsdiskussion statt, an der auch Dr. Stefan Birkner (FDP), ehemaliger Umweltminister von Niedersachsen und Fraktionsvorsitzender der FDP Niedersachsen teilnehmen wird.

 
Dr. Stefan Birkner (FDP), ehemaliger Umweltminister von Niedersachsen und Fraktionsvorsitzender der FDP Niedersachsen. Foto: Birkner

Mit ihm haben wir uns über einige Aspekte der Mobilität in der Landeshauptstadt unterhalten.

DMT: Herr Birkner, wie beurteilen Sie die derzeitige Verkehrssituation in Hannover? Insbesondere in Anbetracht der maroden Brücken am Südschnellweg sowie überholungsbedürftiger Bahntrassen und -brücken.

Dr. Birkner: Die Verkehrssituation in der Landeshauptstadt Hannover ist, wie in allen europäischen Großstädten, zeitweilig angespannt. Es gibt sehr viel Pendlerverkehr – wenn dann noch Veranstaltungen oder Messen hinzukommen, stößt das Verkehrssystem an seine Grenzen. Derzeit sind in und um Hannover zudem rund 60 Baustellen eingerichtet. Baustellen sind leider unausweichlich und müssen in der Regel im laufenden Verkehrsbetrieb abgewickelt werden, was dann zu Einschränkungen für die Verkehrsteilnehmer führt.

„Die Kosten müssen im Rahmen bleiben“

Hier ist es wichtig, die Planungen so zu gestalten, dass sowohl die Kosten im Rahmen bleiben, gleichzeitig aber Anreize für eine möglichst schnelle und qualitativ gute Abwicklung gesetzt werden. Mein Wunsch wäre es darüber hinaus, dass Straßen und Bauwerke regelmäßig geprüft und eventuell notwendige Erhaltungsmaßnahmen möglichst zeitnah umgesetzt werden.

Was müsste sich für eine emissionsärmere Mobilität ändern?

Eine emissionsärmere Mobilität ist auf vielen Wegen erreichbar. Der öffentliche Personenverkehr auf der Schiene ist in der Regel elektrisch, so dass hier beim Strommix anzusetzen wäre. Beim Individualverkehr sind emissionsarme Antriebe wie beispielsweise Erdgas, Wasserstoff, synthetische Kraftstoffe oder auch moderne Verbrennungsmotoren mit neusten Schadstoffklassen geeignet. Sinnvoll wäre zudem die vermehrte Einführung von E-Taxis, LNG-Lkws oder Wasserstoffbussen.

„Radfahren sollte attraktiver werden“

Radfahren und die Nutzung von Bussen und Bahnen sollte zudem attraktiver werden. Beim Transport von Gütern können Schüttgüter in großen Mengen gut im Binnenschiff oder auf der Schiene transportiert werden. Lastkraftwagen, die über 70 Prozent des Gütertransports in Deutschland abwickeln, können zum Beispiel durch moderne Flüssiggasantriebe einen Beitrag zur Emissionsreduzierung leisten.

Welche Maßnahmen anderer Städte könnten Sie sich für Hannover vorstellen?

Der Nahverkehr und die Erreichbarkeit von Hannover sind gut. Hier können andere Städte noch etwas von Hannover lernen. Wichtig erscheint mir, dass Hannover seinen Straßenverkehr durch eine intelligente Ampelschaltung verflüssigt. Hier wäre das umweltorientierte Verkehrsmanagement (UVM) der Stadt Braunschweig beispielhaft. Einfahrverbote, wie in Stuttgart, sind für mich ungeeignete Maßnahmen.

Was halten Sie von der autofreien Innenstadt wie sie ja für Hannover diskutiert wird?

Die Innenstadt von Hannover zählt mit ihren kurzen Wegen zu den attraktivsten Einkaufsstädten Deutschlands. Vom Hauptbahnhof über den Kröpcke bis zur Altstadt kann man sich bereits heute nahezu autofrei bewegen. Die Ausdehnung der autofreien Innenstadt auf den Cityring halte ich für unausgereift. Sie geht zu Lasten der Pendler, Arbeitnehmer und Besucher der Innenstadt.

„Die Ausdehnung der autofreien Innenstadt halte ich für unausgereift“

Letztlich würde die weiträumige Sperrung des Kerns von Hannover, im schlimmsten Fall in Verbindung mit einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h im gesamten Stadtgebiet, zur Verödung der Innenstadt führen. Es kann nicht das Ziel von Politik sein, den Einzelhandels- und Dienstleistungsstandort Hannover zu gefährden.

Vielen Dank für das Gespräch

Add a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *