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Fahrbericht: Porsche Macan E

Eine besonders sportliche DNA steht bei Porsche bei allen Modellen weit oben auf der Agenda. Auch beim elektrischen Macan.

Nach dem Taycan ist der Macan Porsches zweite Modellreihe, die komplett elektrifiziert wird. Angeboten wird der Vollelektriker in zwei Leistungsstufen und immer mit Allradantrieb. Dabei hat schon der Macan 4 mit seinen 285 kW (387 PS) und seiner Overboost-Leistung mit Launch-Control von 300 kW (408 PS) eine Performance, die es in sich hat. Das maximale Drehmoment von 650 Newtonmetern sorgt für eine Beschleunigung von 5,2 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. In der Spitze sind 220 Kilometer pro Stunde mit beiden permanenterregten Synchronmaschinen an beiden Achsen machbar. Wirklich überzeugend ist zudem die enorm breite Spreizung des Fahrwerks zwischen Komfort und Sportlichkeit.

In der Länge legt der neue Macan um gut 10 Zentimeter auf 4,78 Meter zu, ist etwas breiter geworden und minimal flacher Foto: Porsche

In der Länge legt der neue Macan um gut 10 Zentimeter auf 4,78 Meter zu, ist etwas breiter geworden und minimal flacher. Foto: Porsche

Das gilt vor allem dann, wenn eine Luftfederung mit der elektronischen Dämpferregelung „Porsche Active Suspension Management“ (PASM) verbaut ist. Die zählt im Turbo ebenso zum Serienumfang wie die elektronisch geregelte Quersperre an der Hinterachse, das sogenannte „Porsche Torque Vectoring Plus“. Neu im PASM sind Dämpfer mit Zweiventil-Technik.

So passiert der Macan souverän selbst schlechteste Fahrbahnabschnitte, ohne dass die Insassen durchgeschüttelt werden. Lediglich ganz kurze Stöße machen sich bemerkbar. Auf einer rasanten Fahrt über die engen Bergstraßen in Richtung Grasse und zurück zum Meer unterstreicht schon der Macan 4, dass die Entwickler einen tollen Job gemacht haben. Das Handling des SUV ist bestens. Dazu trägt die sehr direkt reagierende Lenkung ebenso bei wie in die in diesem Fall montierten 22-Zoll-Räder.

Leistung und Präzision

Getoppt wird das alles noch vom Macan Turbo. 430 kW (584 PS) und eine Overboost-Leistung von 470 kW (639 PS) bei einem maximalen Drehmoment von 1.130 Newtonmetern wirft das Modell in die Waagschale. Damit gelingt der Sprint von 0 auf Tempo 100 in 3,3 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit gibt Porsche mit 260 Kilometern pro Stunde an.

Kaum zu fassen, mit welcher Präzision der Macan selbst bei wirklich flottem Tempo um die Ecken fegt, sich dabei nicht einen Deut von der vorgegebenen Linie verabschiedet. Im Unterschied zum Macan 4 mit 50:50 hat der Turbo eine Gewichtsverteilung von 48:52, ist also ein wenig hecklastiger ausgelegt. Die Antriebskraft wird je nach Bedarf um bis zu 100 Prozent auf eine der beiden Achsen des Allradantriebs geleitet.

Außerdem steht auf Wunsch erstmals im Macan eine Hinterachslenkung mit einem maximalen Einschlagswinkel von fünf Grad zur Verfügung. Das bringt ein deutliches Plus an Fahrstabilität und damit mehr Performance. Die Abstimmung des Fahrwerks ist zudem beim Turbo eine Spur härter, bietet aber immer noch einen hohen Komfort. Antritt und Durchzug sind – wie aufgrund der Leistungsdaten nicht anders zu erwarten – sind nochmals spürbar knackiger als beim Macan 4.

Ausgeklügelte Ladetechnik

Beide Versionen stehen auf der gemeinsam mit Audi entwickelten Premium Platform Electric (PPE). Eine Lithium-Ionen-Batterie mit einer Gesamtkapazität von netto 95 kWh (100 kWh brutto) liegt im Unterboden. Der Schwerpunkt des E-Macan liegt damit um 140 Millimeter tiefer als beim Verbrenner. Dank 800-Volt-Technik ist eine maximale Ladeleistung von 270 kW möglich. An einer entsprechenden Schnellladesäule dauert es laut Porsche dann 21 Minuten, um den Akku von zehn auf 80 Prozent mit neuer Energie zu versorgen.

Vier Minuten soll es dauern, um Strom für 100 Kilometer in die Batterie zu leiten. Wenn die Ladesäule nur mit 400-Volt-Technik arbeitet, beschleunigt das so genannte Bank-Laden den Vorgang. Dabei wird der Akku in zwei Teil-Batterien mit halber Nennspannung geteilt, die parallel geschaltet mit je 400 Volt geladen werden.

Der On-Board-Lader hat lediglich eine Leistung von elf kW. Das bedeutet Ladezeiten von neun bis zehn Stunden an der heimischen Wallbox. Wie bei Porsche üblich gibt es zwei Ladebuchsen. Hinten links kann sowohl mit Wechsel- als auch Gleichstrom, hinten rechts ausschließlich mit Gleichstrom geladen werden. Das Navigationssystem übernimmt bei der Routenberechnung mit dem Charging Planner hinsichtlich der Ladepunkte unter anderem sowohl Fahrstil als auch Streckenprofil. Die Leistung der Ladesäulen wird ebenso einbezogen und die Vorkonditionierung der Batterie entsprechend aktiviert.

Porsche setzt aufs Segeln

Über die Rekuperation beim Bremsen können bis zu 240 kW zurückgewonnen werden. Ist die Schub-Rekuperation aktiviert wird ähnlich einer Motorbremse moderat verzögert. Porsche aber setzt eher aufs Segeln. Geht der Fuß vom Beschleunigungspedal ohne zu bremsen, wird der Antrieb komplett abgeschaltet. So gleitet der Wagen ohne weiteren Stromverbrauch möglichst weit.

Glücklicherweise erlag Porsche nicht der Versuchung, das Innenraum-Design neu zu erfinden oder mit Oversize-Displays zuzupflastern. Foto: Porsche

Glücklicherweise erlag Porsche nicht der Versuchung, das Innenraum-Design neu zu erfinden oder mit Oversize-Displays zuzupflastern. Foto: Porsche

Und damit sind wir auch bei den von uns erfahrenen Verbrauchswerten. Beim Macan 4 haben wir 21,4 kWh, beim Turbo 24,7 kW nach den wirklich ambitionierten Ausfahren auf den Bergstrecken auf dem Bordcomputer abgelesen. Der aerodynamische Feinschliff mit variablen Kühlluftklappen, geschlossenem Unterboden und einem adaptiven Heckspoiler mit einem cW-Wert von 0,25 wirkt sich dabei positiv aus.

Optisch unterscheidet sich der Vollelektriker erst auf den zweiten Blick von der Verbrennerversion. Silhouette und Abmessungen, 4,78 Meter lang und samt Außenspiegeln 2,10 Meter breit – sind ziemlich identisch. Allerdings rückt der Neuling etwas mehr als zwei Zentimeter näher an die Straße, kommt so auf eine Höhe von 1,62 Meter. Trotz der unverkennbaren Ähnlichkeit sind alle Bauteile des Macan E neu. Nicht eine Schraube wurde vom Vorgänger übernommen. Macan 4 und Turbo sind auf Anhieb an den unterschiedlichen Bug- und Heckteilen zu erkennen.

Rahmenlose Türen

Beide haben rahmenlose Türen. Im Innenraum verbaut Porsche beim Macan ein Bedien- und Infotainmentsystem, das weitestgehend sowohl dem des aktuellen Cayenne als auch dem des neuen Panamera entspricht. Dementsprechend liegt ein 12,6 Zoll großes, volldigitales Curved Display direkt in der Blickachse des Fahrers. Über die Lenkradbedienung lässt sich die Darstellung des Kombiinstruments sowie des erstmals verfügbaren, optionalen AR Head-Up Displays individualisieren. Das Bild erscheint in einer Entfernung von zehn Metern und entspricht der Größe  eines 87-Zoll-Displays.

Der zentrale Bildschirm ist ein 10,9 Zoll großes Touchdisplay. Auf Wunsch bietet Porsche ein ebenfalls 10,9 Zoll großes Beifahrer-Display an. Über das können Navigation oder auch Infotainment bedient oder Streamingdienste genutzt werden. Aufgrund einer Folientechnik ist dieses Display vom Fahrersitz aus nicht einsehbar.

Besseres Raumangebot

Das Raumangebot ist bei der E-Version noch besser geworden. Ob vorne oder im Fond – Bein-, Kopf- und Ellenbogenfreiheit sind bestens. Dazu kommt ein Gepäckraum mit einem Fassungsvermögen von 540 Litern beim Macan 4 (der Turbo hat 480 Liter), das sich auf bis zu 1.348 Liter (1.288 Liter) erweitern lässt, wenn die hinteren Lehnen vorgeklappt werden. Dazu gibt es unter der vorderen Haube ein großes Staufach. Der Frunk fasst 84 Liter und öffnet durch eine Wischgeste über einen Sensor, der unterhalb des Porsche-Wappens verbaut ist. Wer den Macan E als Zugmaschine nutzen möchte, kann bis zu zwei Tonnen anhängen.

Unterm Strich ist zu attestieren, dass der E alles besser kann als die bisher angebotenen Verbrennervarianten der Baureihe. Die werden übrigens in Europa seit geraumer Zeit schon nicht mehr angeboten. Es wäre schlichtweg zu aufwendig gewesen, die neuen EU-Vorschriften für die Cybersicherheit umzusetzen, erklärt Jörg Kerner. Das 2014 eingeführte Mittelklasse-SUV ist mit seither weltweit etwa 850.000 verkauften Einheiten Porsches Bestseller. Und das soll er bleiben.

Mit einer Vielzahl von Assistenzsystemen, 13 Serien- und 59 Sonderfarben, acht Raddesigns und acht unterschiedlichen Innenraumfarben rundet Porsche das überaus attraktive Angebot des Macan E ab. Eine Attraktivität, die allerdings auch ihren Preis hat. Bei 84.100 Euro startet der Macan E, der Turbo steht ab 114.600 Euro in der Preisliste.  Wolfgang Schäffer/Fotos: Porsche

 

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