IAA Technologie

IAA-Trends: Wenn das Auto spricht

Auf der IAA Mobility wurden auch Technologie-Trends vorgestellt, die einen Blick in die Zukunft werfen. Eine Auswahl.

In den modernen Autos verändert sich einiges. Nicht nur, dass der Autointeressent sich Gedanken über die Art des Antriebs machen muss, das Fortschreiten der Software-Entwicklung oder auch Vorgaben von EU (siehe den Ioniq 6) und Regierung sorgen dafür, dass sich vieles ändert. Nicht zuletzt der chinesische Verbraucher, für den ein Auto ein rollendes Smartphone ist.

Diese Trends haben sich freilich auch auf der IAA Mobility in der vergangenen Woche gespiegelt. Ziehen wir mal Bilanz: Mercedes-Benz möchte schon bald in den USA all jene Besitzer neuester Modelle beglücken, die auf Knopfdruck am Lenkrad „Hey Mercedes, ich will am Beta-Programm teilnehmen“ sagen. Das dürften vor allem viele aus dem Silicon Valley sein. Denn damit fahren Technik-Freaks sofort unter einem guten Stern namens ChatGPT. Die Quasselstrippe mit Künstlicher Intelligenz wird fortan dafür sorgen, dass rund 900.000 Fahrzeugbesitzer von 27 Modellreihen eine Anwendung via Microsofts Azure Open-AI Service over-the-air in das MBUX-Infotainment-System integrieren können. Praktisch kann der Fahrer dann nicht die üblichen Kurzbefehle für das Fahrzeug geben, sondern auch längere Gespräche führen über Gott und die Welt. Na ja, oder zumindest interessante Fakten zum Ziel oder die Shopping-Gelegenheiten entlang der Strecke. Mercedes betont, dass der Fahrende sich so kontinuierlich auf den Verkehr konzentrieren könne und die Hände am Lenkrad lässt.

Gespräche über Gott und die Welt

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Neben den Sitzen halten Recycling-Stoffe mehr und mehr im gesamten Innenraum Einzug wie etwa beim neuen Renault Scenic. Foto: Renault

Mit solcher Technik – und den vielen eigenen Betriebssystemen, die Autohersteller wie VW, Leapmotors oder Tesla und ihre Partner bei Google, Amazon oder Apple auf der IAA Mobility vorstellten – lassen sich nicht ganz nebenbei natürlich auch kräftig Daten zu den Menschen im Auto und ihren Interessen sammeln. Der Kunde bleibe immer Herr über seine Daten, versichern unisono alle Anbieter. So ähnlich wie beim Smartphone wahrscheinlich. Auf jeden Fall soll die Hard- und Software das Fahren vor allem in den kommenden autonomen Umständen leichter, unterhaltsamer und sicherer machen. Im Effekt könnte es aber auch teurer werden, falls die Menschen all das shoppen, dinieren oder einkaufen, was der Chatbot so vorschlägt.

Lenkräder mit Swarovski-Kristallen

Hauptsache, die Reisenden haben gute Laune. Und auch darum geht es im tieferen Sinne bei vielen kommenden Innovationen. Schließlich soll das Auto ein rasendes Wohnzimmer werden, in dem man gerne streamt, speist oder einkauft. Luitpold Haarländer, Manager bei der Automotive Business Area Plastic Decoration des Zulieferers Leonhard Kurz, erklärt: „Wenn das Wohlbefinden an erster Stelle steht, müssen wir die Mobilität neu interpretieren.“ Die Designer sehen den Trend hin zu großen Dekoren gestylten Tasten und nahtlosen, geschlossenen Oberflächen – hinter denen aber auf Touch oder auch nur bei Annäherung immer mehr Funktionen zur Bedienung verborgen sind. Haarländer ist etwa stolz auf Lenkräder mit eingearbeiteten Swarovski-Kristallen, sicher gerade bei asiatischen Kunden begehrt.

Mehr Show also – aber das bitte nachhaltig. „Karosseriebauteile mit Flachsfasern, Polsterstoffe aus Kaktus – es gibt immer mehr Alternativen zu herkömmlichen Materialien.“ Recycelte, recycelbare und biobasierte Rohstoffe seien ein Muss. Darum stellte Kurz beispielsweise sogenanntes Spacewood vor. Ein künstliches Holzimitat, das komplett aus Rezyklaten angefertigt ist.

Aber bitte nachhaltig

Das ist ein Trend, den viele Lieferanten erkannt haben: „Veganes“ Leder – früher als Kunstleder verpönt – haben inzwischen fast alle Marken im Angebot. Neben den Sitzen halten die Recycling-Stoffe mehr und mehr im gesamten Innenraum Einzug. Angenehmer Nebeneffekt für die Kostenrechner im Konzern: Edel anmutende Kunststoffe aus Abfall sind oft deutlich billiger als Leder oder Alcantara – und nach Ende des Autolebens mit weniger Aufwand wieder in den Kreislauf zurückzubringen.

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Ein bisschen Bling-Bling darf nicht fehlen: Lenkräder mit eingearbeiteten Swarovski-Kristallen. Foto: Kurz

Mehr solcher Kreisläufe braucht es auch, weil Staaten und Gesetzgeber rund um die Welt Druck machen. Ohne den Beitrag des Verkehrs ist die klimaneutrale Welt schließlich nicht zu erreichen. Transport und Verkehr sind schließlich für 64 Prozent des weltweiten Ölverbrauchs, 27 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs und 23 Prozent des damit verbundenen globalen Kohlendioxidausstoßes verantwortlich, wie auf dem IAA-Kongress gleich in mehreren der mehr als 100 Vorträge von Unternehmenslenkern zu hören war. Die wissen: Nur eine bessere Ökobilanz gewährleistet, dass ihre Produkte noch eine Zukunft haben.

Im Blick: die Ökobilanz

Viele Innovationen gab es auch zu neuen Sicherheitskonzepten bei hochautomatisierten Fahrzeugen. Zentrale Herausforderung dabei: Wie bringe ich den Menschen hinterm Steuer möglichst flott wieder dazu, aktiv zu werden, wenn er gerade im Stop-and Go vor sich hindöst? Brose hat hier etwa eine Hallo-Wach-Lösung namens Brain entwickelt. Das steht für „Brose Access and Interior Network“. Wer in einem derart ausgestatteten Auto sitzt, bekommt etwa deutliche Lichtsignale, der Sitz rüttelt und richtet sich selbsttätig auf, Lenkrad und Mittelkonsole kommen aus der Schlummerposition zurück und selbst der Luftstrom der Klimaanlage bläst dem Fahrer den Wind der Warnung ins Gesicht.

Die Show der Scheinwerfer

Apropos Lichtsignale: Auch das ist bereits ein Trend der auf der IAA, der bald auch auf immer mehr Straßen zu sehen sein wird: Wo früher mit schrillem Motorsound die Aufmerksamkeit der neidischen Nachbarschaft provoziert worden ist, geht das jetzt per Optik-Show der Scheinwerfer. Audi zeigte mit dem neuen Q6 bereits die Möglichkeiten, sich mit individuellen Licht-Animationen in Szene zu setzen. Hella präsentierte die nächste Generation chipbasierter Scheinwerfer. Die sollen richtige Lightshows ermöglichen – zumindest auf dem Parkplatz oder beim Stehen an der Ampel. Und eine neue Heckleuchte mit besonders kleinen Optiken im Lichtleiter soll auch für die Nachfolgenden neue Formen von Lichtsignaturen möglich machen. Das Auto bleibt eben ein Statussymbol Der Trend bleibt auch in Zukunft ungebrochen. SP-X/Titelfoto:

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