Wichtige Säule der künftigen Ford-Strategie: Aushängeschilder wie der Mustand Mach-e. Foto: Ford

Mustang Mach-E im Test: Das Biest ist jetzt Familienvater

Der Ford Mustang ist eigentlich bekannt als das Muscle-Car schlechthin, kommt nun aber in neuem Design und mit E- Antrieb daher – kann das funktionieren?

„Ein völlig neues Auto, ein völlig neues Konzept“, heißt es bei der Pressekonferenz in Berlin von Chefingenieur Matthias Tonn. 580 nm Drehmoment, 351 PS schafft die teuerste der vier angebotenen Versionen. „Die Variante des Mustang Mach-E mit Allradantrieb kommt in 5,8 Sekunden von null auf hundert“, fährt er fort. Das sei vergleichbar mit einem V8-Mustang. Deshalb habe sich für den Konzern bereits als das Auto noch rein auf dem Papier existierte gezeigt: Der Neue wird ein Mustang.

Die Mustang-DNA ist unverkennbar. Fotos: Ford

1964 kam erstmals ein Ford mit dem Pferd auf der Motorhaube auf den Markt. Seitdem steht der Mustang sinnbildlich für alle Muscle-Cars, für Power und viel Verbrauch. Das kann auch der Mustang Mach-E, wenngleich in der elektrischen Variante und etwas familiärer. Denn Ford hat aus dem Muscle-Car, das sonst als Coupé auf den Straßen unterwegs ist, einen CUV gemacht. Vor allem die Scheinwerfer und die Fronthaube zeugen aber von der Mustang-DNA. Das rein elektrische Fahrzeug ist wahlweise mit Heck- oder mir Allradantrieb zu bekommen, die Batterie mit 68 kWh oder 88 kWh. So soll der Mustang in einer Konfiguration bis zu 610 Kilometer Reichweite schaffen, in der Günstigsten etwa 400.

Tür auf per Zahlenschloss

Unsere Testfahrt beginnt am Flughafen BER. Die Allrad-Variante hat Ford uns zur Verfügung gestellt. Noch vor dem Einstieg fällt auf: Der Mach-E hat rot leuchtende Zahlenfelder an der B-Säule. Diese sollen den Autoschlüssel obsolet machen, das Zahlenschloss feiert eine Renaissance. Über die Ford-App können Autobesitzer bis zu vier Codes vergeben. Auch wenn der Schlüssel nicht in der Nähe ist, kann das Auto mit dem richtigen siebenstelligen Code und einem individuellen Passwort entriegelt und gestartet werden.

Mit Eingabe eines Codes an der B-Säule ist der Mach-E auch ohne Schlüssel zu öffnen. Foto: Niklas Mag

Innen leuchtet das riesige 15,5-Zoll-Display auf. Dieses zeigt eine 3D-Version der Umgebung und bietet jede Menge Einstellungsmöglichkeiten. Zwar sind einige Funktionen auch über analoge Knöpfe im Innenraum und am Lenkrad verfügbar, doch dominiert das Display das Interieur. Durch die Größe sind alle Einstellungen schnell zu sehen und zu finden. Wer hin und wieder Artikel in unserem Online-Magazin liest, weiß allerdings, dass wir nicht die größten Fans von Touchscreens im Auto sind. Im Alltag zwar sehr praktisch, doch die Eigenschaft von Touch-Displays, bei der Bedienung permanenten Augenkontakt zu verlangen, ist beim Fahren ganz grundsätzlich knifflig. Im Mustang funktioniert die Bedienung aber sehr gut, gerade der Navigation und der Kartenansicht kommt die Größe des Displays sehr entgegen.

Ein Pferd mit drei Modi

Auch das One-Pedal-Driving lässt sich über dieses Menü regeln. Nimmt der Fahrer den Fuß vom Gas, bremst der Ford ab, die Energie kommt der Batterie zugute. Die Rekuperation lässt dem Fahrer allerdings ein bis zwei Sekunden bei Anheben des Fußes Zeit, bis die Bremswirkung einsetzt. Sehr angenehm, so bekommt man nicht das Gefühl, gleich einen Auffahrunfall zu verursachen, nur weil der Fuß das Strompedal nicht mehr drückt. Genauso sind die drei Fahrmodi über das Display einzustellen. „Zahm“, „aktiv“ und „temperamentvoll“ nennen sich diese – als Analogie zu nicht motorisierten Mustangs. Wer ins Galopp wechseln möchte, wählt den letztgenannten Modus, dann prescht der Wagen nämlich los und drückt den Fahrer ordentlich in den Sitz. Der Aktiv-Modus sorgt für eine ausgewogene Fahrweise, im zahmen Modus reagiert das Strompedal deutlich träger, um Energie einzusparen.

Kann der Mustang also alles, was die alten Mustangs auch konnten? Eigentlich schon. Lautes Motordröhnen weicht natürlich digitalem Motorsound oder wahlweise dem futuristischen Surren der Elektromotoren. Enormer Spritverbrauch im Sportmodus weicht orangenem Innenraumlicht, das anzeigt, dass der E-Mustang bereit zum Losgaloppieren ist.

Der Innenraum ist Ford sehr gut gelungen. Das riesige Display dominiert natürlich.

Premium statt Steroide

Fünf Menschen finden im Auto Platz, hinzu kommt ein Kofferraum mit rund 400 Litern Volumen. Ein weiterer und auswaschbarer Stauraum findet sich in der Front des Autos. Ein Panorama-Dach trägt weiterhin eher zum Flair eines Familienautos bei, statt zum puren Power-Image der früheren Modelle. Ford traut sich mit dem Mustang Mach-E einen großen Schritt in Richtung Alltagsauto. Die Zielgruppe des Gefährts dürfte sich im Vergleich zu den benzinbetriebenen Versionen damit etwas ändern. Und doch verhält sich der Mustang auf der Straße wie ein Mustang, wenn auch ein futuristischer. Ob das gefällt, ist Geschmackssache, größere Negativpunkte sind uns auf der rund 100 Kilometer langen Testfahrt mit Zwischenstopp auf einem Flugfeld zum Testen der Power, die der Mustang mitbringt, nicht aufgefallen. Der Mach-E macht definitiv Spaß.

Im Rahmen der Pressekonferenz hatte Ford außerdem angekündigt, ab 2030 nur noch auf Elektromobilität setzen und schon jetzt mehrere Milliarden investieren zu wollen. Vor rund zwei Wochen hatte auch Volvo angekündigt, sich vom Verbrenner trennen zu wollen.

Was bleibt unter dem Strich stehen? Der Mustang kann noch ordentlich galoppieren. Dank der Vorteile von Elektromotoren vielleicht sogar besser denn je. Aber ein tiefpreisiges PS-Monstrum ist der Mustang nicht mehr, sondern reiht sich mit Blick auf die Preisgestaltung Fords eher in die Riege höherklassiger Premium-Autos ein. Denn 46.900 Euro muss ein Käufer in die Hand nehmen, um die Variante mit kleinerem Batterie-Paket zu bekommen, 54.000 Euro kostet die größere Version. Die große Batterie gepaart mit Allrad-Antrieb kostet sogar 62.900 Euro als Grundpreis. Noch ein Wort zur Verfügbarkeit: Der Mustang Mach-E wird in Mexiko produziert, die erste Schiffsladung ist in Europa angekommen, sodass in den kommenden Tagen erste Mustangs bei den Händlern stehen werden. Ende des Jahres folgt noch die GT-Version des Mach-E, die auf pure Performance ausgelegt ist. NM/Titelfoto: Ford

Ford Mustang Mach-E AWD – Technische Daten:

Fünftüriges SUV der Mittelklasse mit fünf Türen; Länge: 4,71 Meter, Breite (ohne Außenspiegel): 1,88 Meter, Höhe: 1,62 Meter, Radstand: 2,98 Meter, Kofferraumvolumen: 402 – 1.420 Liter hinten + 81 Liter vorn, Leergewicht: ab 2.182 kg
Zwei Elektromotoren, 258 kW/351 PS, maximales Drehmoment: 580 Nm. Allradantrieb, Lithium-Ionen-Batterie mit 88 kWh (netto) bestehend aus 376 Lithium-Ionen-Zellen; Reichweite nach WLPT: 540 km, maximale Ladeleistung: 150 kW, Ladezeit von 10 auf 80 Prozent: 45 Minuten. 1-Gang-Automatik, 0-100 km/h: 5,8 s, Vmax: 180 km/h (begrenzt); Normverbrauch (WLTP) 18,7 kWh/100 Kilometer, CO2-Ausstoß: 0 g/km, Effizienzklasse: A+, Preis: ab 62.900 Euro

Mit 68 kWh-Batterie (netto), 198 kW/269 PS, 400 km Reichweite und 115 kW Ladeleistung ab 54.000 Euro.
Mit Heckantrieb: Ein Elektromotor, 198 kW/269 PS (68 kWh Batterie) bzw. 216 kW/294 PS (88 kWh Batterie). Reichweite: 440 km bzw. 610 km, maximales Drehmoment: 430 Nm. Preise: 46.900 Euro bzw. 54.475 Euro.

Stromverbrauch (je nach Version) zwischen 16,5 kWh und 19,5 kWh.

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