Nio EL7

Nio EL7: Wechseln oder laden?

Der Nio EL7 ist ein komfortabler Stromer mit einem speziellen Ladekonzept. Doch gerade da leistet er sich einige Schwächen. Ein Fahrbericht.

Im Winter fühlen sich Elektroautos einfach nicht wohl. Jeder Start bei Temperaturen um den Gefrierpunkt kostet eine Menge Strom, da nicht nur der Innenraum sowie Sitze und das Lenkrad, sondern auch der Akku gewärmt werden müssen. Und so kommt es, dass Verbrauchsvorgaben, die bei wärmeren Temperaturen ermittelt wurden, im Winter Makulatur sind. Gleiches gilt für die Ladeleistung, sofern der Akku nicht wirklich optimal auf Temperatur gebracht wurde. Somit sei vorausgeschickt, warum sich der Nio EL7 in manchen Disziplinen im Test ein wenig schwertat.

Lesen Sie auch das Test-Tagebuch zum Nio EL7

Nio EL7
Der Nio EL7 verwöhnt besonders auf Langstrecken. Foto: Nio

Doch dazu gleich mehr. Denn zum EL7 gibt es viel zu berichten, was sich auch im umfangreichen  Test-Tagebuch  nachlesen lässt. Da ist zum einen der ungewohnte Umgang mit Nomi, der Sprachsteuerung (oder sollte man sie schon KI nennen?), die viele Bedienwünsche und Routeneingaben versteht und ausführt und über die man einen eigenen Artikel schreiben könnte. Zum anderen sind diese vielen Funktionen auf dem riesigen, zentralen Display, die einige Einarbeitung erfordern.

Nio EL7: Nomi hilft stets weiter

Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Einstellung der Außenspiegel erfordert einiges Tippen auf dem Display, bevor man sie an den Lenkradtasten bewegen kann. Oder man bittet eben Nomi – was wir oft bevorzugten. Denn sonderbarerweise waren sie beim Neustart oft verstellt. Und nein: Zwischendurch ist kein anderer gefahren. Auch die Sitzheizung lässt sich über Nomi schneller ansteuern. Schön ist, dass im EL7 ein sehr schneller Prozessor verbaut ist. Kaum hat man auf dem Fahrersitz Platz genommen, ist Nomi schon bereit und das System hochgefahren.

Nio EL7
Auf dem Armaturenbrett thront Nomi. Foto: Mag

Der Nio EL7 ist ein SUV der oberen Mittelklasse. Er misst in der Länge 4,91 Meter, ist 1,99 Meter breit (ohne Spiegel) und 1,72 Meter hoch. Wichtiger noch: Er wiegt mit dem 100-kWh-Akku 2.366 Kilogramm. Hinter der (elektrischen) Heckklappe öffnet sich ein Laderaum von 570 bis 1.545 Litern Fassungsvermögen und ausreichender Länge, um auch lange Gegenstände transportieren zu können und einem Fach unter dem Laderaumboden. Sogar an Zurrösen hat Nio gedacht – gut für Dienstwagenbelange. Im Fond finden die Passagiere wirklich üppige Beinfreiheit sowie heizbare und in der Neigung verstellbare Sitze vor. Einen Frunk gibt es aber nicht.

Vorne können sich Fahrer und Beifahrer nicht über mangelhaften Komfort beklagen: Sowohl der Fahrer- als auch der Beifahrersitz verfügen über eine elektrische 14-Wege-Einstellung mit Positionsspeicher und Kopfstützen mit 4-Wege-Einstellung. Auch eine Massagefunktion gibt es – alles serienmäßig wohlgemerkt. Wir hätten uns indes über ein paar mehr Ablagen gefreut, da Nio kein Handschuhfach verbaut hat. Unter der Armlehne findet sich zwar ein großes Fach, davor zwei Cupholder und eine flache Ablage für das Handy. Das wars aber auch schon. Immerhin: die Türtaschen fallen groß genug aus.

Zwölf verschiedene Fahrmodi

Nio EL7
Der Nio EL7 misst den Verbrauch exakt: rechts der Momentanverbrauch, links der Durchschnitt. Foto: Mag

Werfen wir noch einen Blick auf die Motorisierung. Die beiden Motoren des EL7 leisten insgesamt 480 kW (653 PS) und teilen diese Power intelligent zwischen den Achsen auf. Das maximale Drehmoment beträgt 850 Newtonmeter, was den Nio in 3,9 Sekunden von Null auf 100 km/h treibt – Werte, die zu erreichen vor nicht allzu langer Zeit ein kräftiger Sportwagen Probleme hatte. Bei 200 km/h wird abgeregelt. Erwähnen möchten wir noch die Anhängelast von zwei Tonnen (gebremst); einen ungebremsten Wert gibt Nio nicht an. Insgesamt bietet der EL7 zwölf verschiedene Fahrmodi von Eco bis Sport plus und für unterschiedliche Untergründe.

Die Besonderheit der Marke Nio ist, dass sie derzeit in Europa ein Netz von Akku-Wechsel-Stationen aufbaut – wir haben darüber berichtet. Dort bekommt man innerhalb von Minuten einen leeren gegen einen vollen Akku getauscht. Mittlerweile gibt acht in Deutschland und 28 in Europa. Doch nicht immer ist eine so genannte Swap Station in Reichweite, und dann muss man eben einen HPC-Lader nutzen. Nio gibt hierbei eine maximale Ladeleistung von 126 kW an sowie eine Ladezeit von 10 auf 80 Prozent SoC von rund 40 Minuten.

Nio EL7: Kein Lademeister

Nio EL7
Das Laden an der HPC-Säule dauerte beim ersten Mal recht lang. Foto: Mag

Bei unserer ersten Schnellladung bei Aral Pulse enttäuscht der EL7 zunächst. Er kam auf Ladeleistungen von um die 80 kW und benötigte für die Ladung von 11 auf 80 Prozent SoC knapp eine Stunde (57 Minuten/siehe Chart). Nach 30 Minuten war ein Ladestand von 51 Prozent erreicht – in dieser Zeit hatte er also 40 kWh nachgeladen – das reicht für 150 Kilometer. Das Navigationssystem berechnet auf Langstrecken die Ladepunkte in die Streckenführung ein und lotst den Fahrer hin. Zudem zeigt es die Säulen in der Umgebung an, wenn man Nomi höflich bittet.

Bei einer zweiten Schnellladung auf einer längeren Autobahntour schaffte er eine bessere Performance mit Ladeleistungen von um die 100 kW und einer Ladezeit von 9 auf 79 Prozent SoC in gut 40 Minuten. Was einmal mehr darauf hinweist, dass der Akku im Winter eben nicht so schnell auf Temperatur gebracht ist – obwohl wir auch beim ersten Laden zuvor 25 Minuten unterwegs waren und die Konditionierung aktiviert hatten.

Und noch etwas: Der EL7 lädt an Wechselstromquellen mit 11 kW. Ein 22-kW-Lader wird nicht angeboten. Bei einer 100-kWh-Batterie (90 kWh netto) wäre dieser für das Laden in der Stadt aber durchaus sinnvoll, denn ansonsten dauert das Laden acht Stunden und mehr – Stichwort Blockiergebühr.

Winter-Verbrauch: Der Nio konsumierte 33,5 kWh

Nio EL7
An der AC-Säule saugt der Nio mit 11 kW. Foto: Mag

Einen Abschlag für den Winterbetrieb muss man freilich auch beim Verbrauch machen. Wir kamen letztlich nach 680 gefahrenen Kilometern auf einen Durchschnitt von 33,5 kWh je 100 Kilometer, allerdings mit Ladeverlusten. Ohne diese dürfte der Verbrauch um die 30 kWh liegen, einen Wert, den auch der Bordcomputer auswies. Darin inkludiert war die erwähnte längere Tour sowie auch einige Kurzstrecken. Von den von Nio angegebenem WLTP-Verbrauch von 21,6 kWh waren wir somit weit entfernt. Die reale Reichweite schmilzt somit auf um die 300 Kilometer.

Kommen wir zu den Kosten: Der EL7 schlägt mit allen Extras (und derer gibt es viele) und Assistenten (und natürlich Nomi) mit 73.900 Euro inklusive Mehrwertsteuer (62.100,84 netto) zu Buche. Inbegriffen sind fünf Jahre Garantie und Pannenhilfe. Für private Kunden gibt es zudem für Service und Wartung einen Hol- und Bring-Service. Nur Sonderlackierungen und größere Räder kosten extra. Tagelanges Ausstattungsstudium entfällt hier also.

Der Preis des EL7: Akku-Wechsel nur bei Miete

Nio EL7
Die Bedienung läuft über den zentralen Monitor – oder eben Nomi. Foto: Mag

Nicht inbegriffen in dem Preis ist freilich der Akku. So kostet der kleine, 75 kWh große Speicher 12.000 Euro, der große mit 100 kWh 21.000 Euro. Man kann die Batterie aber auch mieten – den kleinen für monatlich 169, den großen für 289 Euro. Wer den Akku-Wechselservice in Anspruch nehmen will, der muss den Akku mieten.

Fazit: Der Nio EL7 ist ein großes SUV mit jeder Menge Power, Allradantrieb und viel Fahrkomfort. Die Idee mit den Wechselstationen ist innovativ; man muss aber abwarten, bis das Netz dichter ist. Die Ladeleistung sowohl DC als auch AC ist für ein Fahrzeug in dieser Liga zu dürftig. Hier sollte Nio dringend nachrüsten. Erfreulicherweise nervt Nomi nicht (mehr) mit ihren Ermahnungen, und auch nervige Klingeltöne gibt es nicht.

Lesen Sie auch das Test-Tagebuch zum Nio EL7

Nio EL7 – Technische Daten:

Fünftüriger Elektro-SUV mit Allradantrieb; Länge: 4,91 Meter, Breite: 1,99 Meter, Höhe: 1,72 Meter, Radstand: 2,96 Meter, Leergewicht 2.366 Kilogramm, Kofferraumvolumen: 570 – 1.545 Liter.

Permanentmagnet-Synchronantrieb mit zwei E-Motoren, vorne 180 kW/245 PS, hinten 300 kW/408 PS, Gesamtleistung 480 kW/653 PS, maximales Drehmoment 850 Nm, Automatikgetriebe, Lithium-Ionen Batterie mit 100 kWh., , max. 0-100 km/h: 3,9 s, Vmax: 200 km/h, Ladeleistung 11 kW AC, 126 kW DC, max. Reichweite 509 km (WLTP, kombiniert).

Anhängelast: 2.000 kg/k.A. (gebremst/ungebremst), Stützlast: k.A., Dachlast: k.A.

Verbrauch: 21,6 (WLTP), Testverbrauch: 33,5 kWh (Winter) inkl. Ladeverlusten.

Preis: ab 73.900 Euro
Batterie 75 kWh: Kauf 12.000 Euro, Miete 169 Euro/Monat.
Batterie 100 kWh: Kauf 21.000 Euro, Miete 289 Euro/Monat.

Toller Fahrkomfort

Viele und gute Assistenten

Navi mit Ladeplaner

Allradantrieb

Gutes Platzangebot

Akkutausch möglich

Sehr schneller Rechner

Gut nutzbarer Laderaum

Hoher (Winter-)Verbrauch

Langsames DC-Laden

Kein 22-kW-Lader

Kein Frunk

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