Audi Ausblick

Test-Tagebuch: Audi Q8 e-tron 55 Sportback

Im Testzeitraum von 14 Tagen fallen uns an einem Auto viele Kleinigkeiten auf. Das Test-Tagebuch fasst diese zusammen. Der Kandidat: Audi Q8 e-tron 55 Sportback.

10.07.2023: Jüngster Neuzugang im Testpool ist der Audi Q8 e-tron. Als Audi 2019 den e-tron auf die Straße brachte gab es noch keinen Q4 e-tron, so dass allein die Bezeichnung „e-tron“ als Differenzierung ausreichte. Das hat sich mittlerweile geändert, und da ist es nur logisch, dass das Flaggschiff der Baureihe nun das Kürzel Q8 im Namen trägt. Gleichzeitig hat Audi ein wenig am Fahrwerk gefeilt, die Ladeleistung ein wenig angehoben (beim 55 e-tron auf maximal 170 kW) und die Motoren optimiert.

Unser Testwagen ist ein Q8 e-tron 55 Sportback. Die beiden Asynchronmotoren an Vorder- und Hinterachse leisten zusammen 300 kW (408 PS) – und damit mehr als genug, um von A nach B zu kommen. Denn wenn man sie fordert steigt der Verbrauch in Richtung 30 kWh je 100 Kilometer – wir kennen das ja. Vernünftig bewegt soll der 55 e-tron 19,9 bis 24,1 kWh verbrauchen. Wir werden das checken. Und wen es interessiert: Die Beschleunigung auf 100 km/h schafft er in 6,5 Sekunden; mit Boost in 5,6. Die Reichweite laut WLTP wird mit 487 bis 600 Kilometer angegeben.

Q8 e-tron
Mit den digitalen Außenspiegeln konnten wir uns (noch) nicht anfreunden. Fotos: Mag

Digitale Außenspiegel

Da müssen wir aber einhaken, denn der Bordcomputer zeigt uns nach der Vollladung eine Reichweite von nur 368 Kilometer an. Und wir stutzen ein weiteres Mal: Statt der üblichen Außenspiegel finden wir nur eine Kamera außen und Monitore innen vor. „Virtuelle Außenspiegel“ nennt Audi das Gimmick, das 1.650 Euro Aufpreis kostet. Wir kennen solche Systeme aus anderen Fahrzeugen wie etwa dem Honda-e. Doch während die Bildschirme beim Japaner ins Armaturenbrett rechts und links verbaut sind, finden sie sich im e-tron in den Türen; zwar ein wenig zum Fahrer hin angewinkelt, doch irgendwie zu klein. Bislang huscht unser Blick (noch) stets zu dem Ort, wo wir die Spiegel gewohnt sind und blicken dann nur auf die ausladenenden Kamera-Ausleger. Ein schneller Blick in den Spiegel geht andres. Ob wir uns daran gewöhnen können? Wir werden berichten.

12.07.2023: Auch bei einer Akkugröße von 106 kWh netto (114 brutto) muss man irgendwann an die Ladesäule. An der heimischen 11-kW-Wallbox dauert es freilich ein wenig länger, um dem Akku zu 100 Prozent zu füllen. An der HPC-Säule hat Audi die Ladeleistung nach eigenen Angaben auf 170 kW erhöht – mit dem Versprechen einer konstant hohen Ladekurve. Nun denn.

Wir kamen mit einem Reststand von 11 kWh an unserer Stamm-Säule (Aral pulse/Alpitronic) bei vorkonditioniertem Akku (Säule im Navi anwählen) und 21 Grad Außentemperatur an. Und wie versprochen legt der Lader eifrig los, startet bei 130 kW und steigert sich auf 150 kW nach 10 Minuten. Doch weiter nach oben geht es nicht. Die 150 kW hält er gut 10 Minuten, bevor er seinen Abstieg auf 133, 105 und 75 kW beginnt (siehe Kurve). Die versprochenen 170 kW schafft er nicht. Und so dauert es die üblichen 30 Minuten, den Akku von 11 auf 80 Prozent zu füllen.

Q8 e-tron

150 kW Ladeleistung maximal

Ein Lademeister ist der e-tron auch als Q8 nicht geworden, und man kann sich fragen, warum Audi nicht gleich die 800-Volt-Technologie eingebaut hat, die es im e-tron GT gibt. Doch das dürfte erst mit einer künftigen Plattform möglich sein, die gerade entwickelt wird. Sie soll erst im Q6 e-tron kommen. Schade. Übrigens kann man für 1.270 Euro einen 22-kW-Bordlader kaufen, was bei der erwähnten Akkugröße auch durchaus Sinn macht.

Ach ja, die digitalen Spiegel. Auch nach einigen Tagen haben wir uns noch nicht an die seltsam platzierten Displays gewöhnt. Vor allem, weil der linke Arm die Sicht versperrt, wenn man den Ellbogen an der Tür auflegt und das Lenkrad locker seitlich fasst.

Der Q8 e-tron 55 Sportback startet bei 90.200 Euro. Es gibt aber eine lange Liste von Extras.

13.07.2023: Werfen wir heute mal einen Blick auf die Preisliste, die – typisch für deutsche Marken – seeehr lang ist. Der Name Q8 signalisiert schon, dass der große E-Audi kein Schnäppchen ist. In der Basisversion kostet unser Testwagen Q8 Sportback S-line 55 e-tron quattro 300 kW derzeit 90.200 Euro. Immerhin sind dann schon das adaptive Luftfahrwerk, die MMI-Navigation und Sportsitze verbaut. Wer aber noch weitere Annehmlichkeiten genießen möchte, muss noch ein paar Tausender drauflegen.

Unser Testwagen landet schließlich bei 120.639,99 Euro brutto, und dieser Tagebuch-Eintrag wäre überladen, würden wir alle Extras aufzählen. Wichtig sind vielleicht das Head-up-Display für 1.390 Euro, die Umgebungskameras (1.150 Euro), elektrische Vordersitze mit Memory-Funktion (970), die Vierzonen-Klimaautomatik (800) und das 22-kW-Ladegerät (1.665). Wer Wert auf bestes Licht legt, muss für die digitalen Matrix-LED-Scheinwerfer und die LED-Heckleuchten (programmierbar) 4.500 Euro investieren. Dafür wirft das Auto dann beim Starten oder Aussteigen schöne Schriftzüge auf Straße und Wand und leuchtet die Straße wirklich klasse aus.

Im Fond ist viel Platz für Passagiere, was man bei einem Auto dieser Größe auch erwarten darf.

Über 100.000 Euro sollte man also für einen großen Q8 e-tron schon rechnen. Der kleinere, der 50 e-tron mit 89-kW-Akku und 250 kW Leistung, beginnt übrigens bei 77.050 Euro (Sportback ab 79.300 Euro), sollte aber auch noch mit Extras bestückt werden. Und über dem 55er kommt noch der SQ8 e-tron mit großem Akku und satten 370 kW (973 Nm Drehmoment) ab 95.800 Euro (Sportback 98.050 Euro).

Was den Verbrauch angeht, nähert dieser sich überraschenderweise der 20-kWh-Marke. Als wir den Wagen übernommen haben wurde ein Wert um die 25 kWh je 100 Kilometer im Bordcomputer angegeben. Nun, wir machen derzeit eine längere Tour – danach werden wir in Sachen Verbrauch Bilanz ziehen.

17.07.2023: Eine der Verbesserungen durch das kleine Facelift sollte ja der Verbrauch sein. Beim Premierenmodell hatten wir seinerzeit einen Verbrauch von 29,8 kWh je 100 Kilometer gemessen – allerdings im Winter, so dass dieser Wert sich kaum mit dem aktuell gemessenen vergleichen lässt. Laut WLTP soll er sich zwischen 19,9 und 24,1 kWh bewegen, eine recht große Spreizung.

Zu Beginn unserer zweiwöchigen Testfahrten bewegte sich der Konsum laut Bordcomputer um die 25 kWh, auch weil wir einige Kilometer mit 170, 180 km/h auf der Autobahn unterwegs waren. Danach sanken die Werte kontinuierlich, obwohl auf vielen eher kurzen Fahrten die Klimaanlage bei sommerlichen Temperaturen auf Hochtouren lief.

Q8 etronNach der im vorherigen Eintrag erwähnten längeren Tour zeigte die BC-Anzeige sogar einen Wert von 21,0 kWh, gefahren auf einem knapp 400 Kilometer langen Autobahntrip bei Geschwindigkeiten von 120 bis 130 km/h mit Tempomat und freier Strecke. Das kann sich sehen lassen. Über den gesamten Testzeitraum und 1.100 gefahrenen Kilometern wies der Computer 22,8 kWh je 100 Kilometer aus (siehe Foto). Inklusive Ladeverlusten ermittelten wir einen Verbrauch von 23,5 kWh. Damit lässt sich eine Reichweite von gut 400 Kilometern realisieren.

Übrigens wird im zentralen Display zwar die Reichweite in Kilometern angezeigt, aber nicht in Prozent. Es gibt zwar so etwas wie eine Tankanzeige, aus der man den Füllstand der Akkus abschätzen kann, will man ihn in Prozent wissen, muss man ins entsprechende Menü wechseln, das aber nur einen Tastendruck entfernt ist.

20.07.2023: Zum Schluss werfen wir noch einen Blick auf Daten und Details des Audi Q8 e-tron 55 Sportback. So besitzt er nicht nur einen großen und gut beladbaren Kofferraum, der 528 bis 1.567 Liter Gepäck fasst, er kann auch einen Frunk mit 62 Litern Fassungsvermögen vorweisen, worin die Kabel Platz finden. Seine Anhängelast beträgt 1.800 kg gebremst und 750 kg ungebremst. Etwas mau fällt die Stützlast aus mit 80 kg. Anzumerken ist, dass der Q8 e-tron nicht für bidirektionales Laden ausgelegt ist.

Q8 e-tron
Der Laderaum fasst 528 bis 1.567 Liter. Fotos: Mag

Aber es gibt auch einiges zu bekritteln. So sollte bei einem dermaßen großen Akku der 22-kW-Lader im Serienumfang der Ausstattung enthalten sein und im zentralen Display eine prozentuale SoC-Anzeige erscheinen. Ebenso haben wir eine Sitzbelüftung vermisst, die 800 Euro extra kostet. Bei der Ladegeschwindigkeit hat er im Vergleich zum Vorgänger zwar zugelegt, doch 150 kW Maximum sind trotz der langen Dauer, in der diese anliegt, zu wenig. Und bis zuletzt konnten wir uns nicht an die digitalen Außenspiegel gewöhnen – dieses Extra kann man sich wirklich sparen.

Dennoch: Der Q8 e-tron 55 ist ein großes, komfortables, kräftiges und geräumiges Elektroauto, dem das Facelift gut getan hat. Man muss aber auch tief in die Tasche greifen.

 

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