Ora 03

Test-Tagebuch: GWM Ora 03

Im Testzeitraum von 14 Tagen fallen uns an einem Auto viele Kleinigkeiten auf. Das Test-Tagebuch fasst diese zusammen. Der Kandidat: GWM Ora 03 400 Pro+.

04.01.2024: Nach dem Aiways U6 stellt sich nun ein weiterer – chinesischer – Newcomer in der Redaktion vor: der GWM Ora 03. Besser bekannt ist das Modell sicherlich als Funky Cat; unter dem (griffigen) Namen ist der Kleinwagen im vergangenen Jahr auf dem deutschen Markt angetreten. Doch mittlerweile hat man sich beim Mutterkonzern Great Wall Motor (GWM) auf eine neue Nomenklatur besonnen, und so wurde aus dem Funky Cat der Ora 03. Ob das aus der Sicht des Marketings eine kluge Entscheidung war, lassen wir mal dahingestellt.

Ora 03
Kleinwagen aus China: GWM Ora 03. Fotos: Mag

Wenden wir uns also dem Auto zu, das in der Länge 4,23 Meter misst und damit in die Kategorie der Kleinwagen fällt. Gar nicht Kleinwagen-like ist die stattliche Batterie mit 63,1 kWh (netto 59,3 kWh) Fassungsvermögen, die eine Reichweite von 420 Kilometer laut WLTP ermöglichen soll. Das zu erreichen dürfte vor allem im Winter schwierig werden, denn nach dem Vollladen auf 100 Prozent zeigte der Bordcomputer dieser Tage 343 Kilometer an. Eine erste längere Tour lässt indes darauf schließen, dass man sich auf die Reichweiteangaben des Bordcomputers aber verlassen kann.

Den Verbrauch gibt Ora mit 16,5 kWh je 100 Kilometer laut WLTP an; davon sind wir nach bisher gefahrenen 140 Kilometern mit 19,1 kWh ein Stück entfernt; allerdings auch mit hohem Autobahnanteil. Näheres wird uns die Verbrauchsrunde verraten.

Ora 03
Die maximale Reichweite liegt derzeit bei 343 Kilometer.

Weitere erste Eindrücke: Der Innenraum wirkt hochwertig ausstaffiert, die Bedienung wird dadurch erschwert, dass Symbolfelder auf dem Monitor recht klein bis winzig sind – etwa die der Sitzheizung. Und natürlich gibt es auch einen elektronischen Beifahrer namens Charly, der sich immer mal wieder mit einer Mahnung meldet, wenn man die erlaubte Geschwindigkeit überschreitet, aber glücklicherweise nicht allzu oft. Nervige Klingeltöne gibt es nicht.

08.01.2024: Statt nerviger Klingeltöne gibt es Charly. Der Begleiter, dargestellt als kleine weiße Figur auf dem mittleren Display, verstellt auf Wunsch die Heizung, öffnet den Kofferraum oder das Schiebedach und informiert über das Wetter und mehr. Er gibt aber auch Warnungen von sich, etwa wenn man zu schnell fährt, unaufmerksam ist oder (nach seiner Ansicht) zu spät bremst. Uns hat sich noch nicht erschlossen, nach welchen Kriterien Charly sich berufen fühlt zu warnen, denn er meldet sich nicht bei jeder „Verfehlung“.

Ora 03
Der Arbeitsplatz im Ora 03. Das Lenkrad ist ein wenig überladen mit Tasten. Foto: Mag

Auf jeden Fall mag Charly keine Nachtfahrten, denn ab 120 km/h auf der Autobahn wechselt ein Teil des Fahrerdisplays von Grün auf Rot, und Charly warnt vor zu hoher Geschwindigkeit. Naja, ein wenig Selbständigkeit sollte man dem Fahrer schon noch zugestehen.

Doch werfen wir einen Blick auf einen ganz anderen, aber für Interessenten wichtigeren Bereich, den Preis des Ora 03. Die von uns gefahrene Variante 400 Pro+ ist ausgestattet mit dem größeren von zwei Akkus (48 und 63 kWh) und bringt serienmäßig eine Wärmepumpe mit. Zusätzlich Geld ausgeben kann man nur noch für eine andere Farbe als Galaxy Beige; das kostet dann 690 oder 990 Euro Aufpreis.

Die Preispalette startet beim Basismodell namens 300, das es nur mit kleinem Akku für 38.990 Euro inklusive Mehrwertsteuer gibt. Erst „400 Pro“ (44.490 Euro) kommt mit dem größeren Akku, aber ohne Wärmepumpe, die dann 900 Euro kostet. Unser Testwagen, 400 Pro+, schlägt mit 47.490 Euro zu Buche. Das ist eine Menge Geld für einen Kleinwagen, auch wenn er top ausgestattet ist. Zum Vergleich: Das Tesla Model 3 steht derzeit ab 42.990 Euro im Konfigurator (Long Range 51.990).

Der Verbrauch bewegt sich weiterhin auf Werten um die 19 kWh je 100 Kilometer. Als nächstes geht es zum Laden; wir sind gespannt, ob er dank Vorwärmung bei Temperaturen um den Nullpunkt die vorgegebenen 67 kW Spitzenleistung erreicht.

Ora 03
Der Akku lässt sich über das Bordsystem vorwärmen. Foto: Mag

11.01.2024: Also auf zum Schnellader. Zunächst aber galt es herauszufinden, ob und wie man den Akku vorwärmen kann – wichtig bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt wie dieser Tage. Laut unserem Kontakt beim Importeur kann man dies in einem Untermenü vornehmen; der dort hinterlegte Erläuterungstext impliziert indes eine Klimatisierung nur mit eingestecktem Adapter. Wie dem auch sei: Wir kamen nach 30-minütiger Autobahnfahrt mit 15 Prozent SoC an der EnBW-Säule an. Die Temperatur: minus 2 Grad.

Wie erwähnt gibt GWM die Spitzen-Ladeleistung des 03 mit 67 kW an. Dementsprechend legte der Ora mit 60 kW nach einer Minute flott los und pegelte sich fortan bei um die 50 kW ein (siehe Chart). Das ist nicht viel, aber ein Wert, der zu erwarten war. Letztlich dauerte der Ladevorgang bis 80 Prozent SoC lange 54 Minuten; nach 30 Minuten Ladezeit hatte der Ora 55 Prozent SoC erreicht. In dieser Zeitspanne hatte er etwa 120 Kilometer nachgeladen. Der Durchschnitt lag bei 44 kW. Damit qualifiziert sich der Ora 03 nur bedingt als Reiseauto.

Ora 03
Die Ladekurve des Ora 03, vormals Funky Cat. Grafik: Mag

Was schade ist, denn Fahrwerk sowie Fahrkomfort eignen sich durchaus für die längere Tour. Allerdings nerven auch bei Tage auf der Autobahn optische Warnungen des Bordsystems, wenn man schneller als 120 km/h fährt. Das sei zu riskant. Naja. Nicht abstellen lässt sich auch die Aufmerksamkeitsüberwachung, die sich bisweilen mit einem Warnspruch meldet, wenn der Fahrer zu selten auf die Straße blickt oder einfach der linke Arm den Sensor verdeckt.

Die Rückfahrkamera bietet eine gute Übersicht. Foto: Mag

15.01.2024: Ja, die vielen Assistenten im Ora nerven bisweilen, doch das Gute ist: Man kann sie recht einfach abschalten. Dann meldet sich auch der Aufmerksamkeitswarner nicht mehr. Allerdings ist dies bei jedem Neustart vonnöten – und auch das kann auf Dauer nerven. Auch muss man das Radio nach jedem Start neu einschalten, was übrigens nicht nur beim Ora so ist, sondern uns auch bereits beim Nio EL7 und dem Aiways U6 aufgefallen ist.

Alles in allem ist man nach jedem Losfahren erst einmal damit beschäftigt, sich das Auto so einzurichten wie man es mag. Das geht über die winzigen Tasten auf dem Display oder per „Hey Charlie“ und einem Befehl an eben jenen Charlie. Die Kopplung des Handy erwies sich als problemlos, über Bluetooth lassen sich kabellos Audiodateien abspielen. Eine Ladeplanung für längere Strecken gibt es nicht.

Auf den Rücksitzen gibt es relativ viel Platz. Foto: Mag

Doch kommen wir noch zu einigen positiven Aspekten. So ist die Rückfahrkamera sehr gelungen und übersichtlich, und für einen Kleinwagen ungewöhnlich: Der Fahrersitz fährt zum bequemeren Aussteigen nach hinten und nach dem Einsteigen wieder nach vorne. Der Platz auf den Rücksitzen ist für ein Auto dieser Größe durchaus akzeptabel. Abstriche machen muss man beim Kofferraum: Er misst 228 bis 858 Liter bei umgeklappten Rücksitzlehnen und behindert das Be- und Entladen mit einer hohen Ladekante.

Und dann ist da noch der Verbrauch: Wir kamen nach knapp 400 gefahrenen Kilometern auf einen Durchschnittswert von 24,1 kWh je 100 Kilometer – inklusive Ladeverlusten wohlgemerkt. Und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt während der Testzeit. Im Sommer lässt er sich sicherlich unter 20 kWh je 100 Kilometer bewegen.

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