Ladeinfrastruktur

Wie steht es um die Ladeinfrastruktur?

Wie geht es voran mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur? Ist das Glas halb voll oder halb leer? Ein Blick auf die Ist-Situation und die nahe Zukunft.

Die verfügbare Ladeinfrastruktur ist und bleibt ein Hemmschuh für die Elektromobilität. Dabei ist es für Unternehmen und Fuhrparkmanager in Zeiten von steigenden Kraftstoff- und Strompreisen wichtig, genau abzuwägen, welche Antriebsart auf lange Sicht Geld spart. Rund 65.000 zugängliche Ladepunkte in Deutschland gibt es aktuell laut Bundesnetzagentur (siehe Grafiken). Damit teilen sich rund 22 Elektroautos einen öffentlichen Ladepunkt.

Was an den Zahlen der Bundesnetzagentur aber deutlich zu erkennen ist, sind die regionalen Unterschiede. 11.500 Ladepunkte befinden sich in Bayern, fast genauso viele In Baden-Württemberg. Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg kommen hingegen zusammengerechnet nur auf rund 7.000.

Unterschiedliche Gesetzgebung

Ladeinfrastruktur
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur schreitet voran, leider nicht überall in gleichem Tempo. Grafiken: Bundesnetzagentur

Regional unterschiedlich ist leider auch die Gesetzgebung. Der ADAC hat sich im Frühjahr die 16 Landeshauptstädte angeschaut und dabei festgestellt, dass der Alltag für Elektromobilisten in jedem Bundesland völlig unterschiedlich ist. Ob nur während des Ladens oder auch darüber hinaus an der Ladesäule geparkt werden darf, ändert sich beispielsweise von Land zu Land. Nur fünf der 16 Städte verbieten das Parken an Ladestationen ohne dabei zu laden. Und es gibt semantische Hürden. Kann von einem Elektrofahrer verlangt werden, dass er sein Fahrzeug um drei Uhr früh von der Ladestation wegfährt, weil der Akku voll ist und somit technisch gesehen nicht mehr geladen wird?

Lob gibt es vom ADAC für Hessen: „Wiesbaden zeigt sich auf dem richtigen Weg, sowohl was die Beschilderung als auch die Möglichkeiten zum Laden an öffentlichen Stationen angeht“, so Cornelius Blanke, Pressesprecher des ADAC Hessen-Thüringen. „Wenn bis 2030 jedoch 15 Millionen Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein sollen, darf der Ausbau der Ladeinfrastruktur nicht ins Stocken geraten, sonst wird es an den Ladesäulen eng.“ Diese Einschätzung ist einige Monate her, aber aktueller denn je. So hat die Bundesregierung das Ziel von 15 Millionen E-Autos und einer Million Ladestationen bis 2030 bei der Überarbeitung des „Masterplan Ladeinfrastruktur“ nicht verworfen.

Entschlackung der Bürokratie

„Masterplan Ladeinfrastruktur II“ heißt das von den Ministerien im Sommer vorgestellte Dokument. In diesem sind insgesamt 62 Punkte aufgeführt, um die Ladeinfrastruktur in Deutschland zum genannten Ziel zu führen. Die Industrie solle mehr in den Planungsprozess eingebunden werden, auch könnten künftig Solaranlagen in Verbindung mit dem Aufbau von Ladestationen gefördert werden. Gerade für Unternehmen mit großer Dachfläche ist der strategische Vorteil, den benötigten Strom für die E-Flotte einfach selbst zu produzieren, nicht von der Hand zu weisen.

Mehrere Punkte im Masterplan drehen sich um die Entschlackung der Bürokratie, die mit dem Aufbau von Ladeinfrastruktur einhergeht. Digitalisierung spielt eine wichtige Rolle, Cybersicherheit soll mehr Bedeutung bekommen. Bereits die ersten Entwürfe des neuen Masterplans hatten im Vorfeld viel Kritik einstecken müssen. Der Bundesverband eMobilität befürchtete, ein nationaler Alleingang könnte die Elektromobilität langfristig wieder ausbremsen. Journalisten bewerteten den Entwurf eher als Absichtserklärung und nicht als Planung konkreter Maßnahmen.

Längere Fahrten „ohne Bedenken“

Doch steht es wirklich so schlimm um die Ladeinfrastruktur in Deutschland? Ein Sorgenthema ist sie allemal, aber es gibt auch Zeichen, dass die deutschen E-Auto-Fahrer recht glücklich sind und darauf kommt es unter dem Strich schließlich an. So hat der Energiewirtschaftsverband BDEW im September in einer repräsentativen Umfrage herausgefunden, dass 76 Prozent der Fahrer „ohne Bedenken längere Fahrten antreten. Nur 15 Prozent sorgen sich wegen defekter Ladesäulen, 18 Prozent wegen möglicherweise belegten Ladesäulen.

Eine deutliche Verbesserung sehen die Befragten allgemein in der Anzahl der Ladesäulen, bei Lade-Apps und Ladestandorten. „Deutlich besser“ sei das geworden, sagen 21 Prozent, „besser“ bewerten 51 Prozent, 20 Prozent sagen „gleich“ und nur vier Prozent sehen eine Verschlechterung. Alle Befragten sind laut BDEW seit mindestens drei Jahren elektrisch unterwegs. In der Umfrage wird zwar nicht zwischen dienstlicher und privater E-Mobilität unterschieden, das Stimmungsbild ist dennoch überraschend deutlich und aussagekräftig. Weiterhin verfügt Deutschland laut dem Herstellerverband ACEA über die zweitmeisten Ladepunkte in Europa hinter den Niederlanden.

E-Lkw gewinnen an Bedeutung

Erwähneswert ist außerdem, dass E-Lkw aktuell an Bedeutung gewinnen und die benötigte Ladeinfrastruktur für diese einen Schub erfährt. Der Energieanbieter EnBW, der in der Elektromobilität schon vor Jahren eine Führungsrolle übernommen hat, ist zuversichtlich und arbeitet gemeinsam mit Mercedes Benz an der Elektrifizierung des Schwerlastverkehrs: „Was viele noch nicht wissen: Die Lösungen sind da, das ist keine Zukunftsmusik. Für die Kurz- und Mittelstrecke sind bereits heute vollelektrische Fahrzeuge verfügbar und auf der IAA ausgestellt“, erklärt Laura Gänzle, Head of Zero-Emission Business Solutions bei Mercedes in einem von EnBW veröffentlichten Interview Ende September.

Der Leiter E-Mobilität-Großprojekte bei der EnBW-Tochter NetzeBW pflichtet ihr bei: „Leistungsfähige E-Lkw sind eine Seite der Medaille, die elektrische Ladeinfrastruktur ist die andere. Denn die muss die nötige Power bereitstellen, um Lastwagen schnell zu laden. Gemeinsam mit unserer Konzernmutter, der EnBW, bringen wir die notwendige Expertise in den Bereichen Ladeinfrastruktur und Energiewirtschaft ein.“ Weiter erklärt er: „Dabei geht es nicht nur um öffentliche Ladeplätze. Eine große Rolle wird auch das Laden auf dem Betriebshof spielen – nachts laden können beispielsweise die städtische Müllentsorgung, Busflotten oder Logistikunternehmen, die auf Kurz- und Mittelstrecken spezialisiert sind.“ Die Unternehmen haben im Sommer gemeinsam einen Modell-Ladepark für E-Lastwagen in Wörth eröffnet.

Große Netze geben Sicherheit

Dass Ladeinfrastruktur entsteht, ist wichtig, aber sie muss auch einfach nutzbar sein. Gerade für Neueinsteiger in die E-Mobilität ist das wegen der Vielzahl der Anbieter schwer. Doch es gibt Netze, die schon den Basisbedarf mehr als ausreichend abdecken:

EnBW bietet 300.000 zugängliche Ladepunkte in Europa. Diese können mit einer Ladekarte und der App Mobility+ genutzt werden. In 16 europäischen Ländern sind die Ladepunkte zu finden. „E-Mobilität ist grenzenlos, also muss auch das Laden grenzenlos einfach sein“, sagt Timo Sillober, Chief Sales & Operations Officer und bei der EnBW für den Bereich E-Mobilität verantwortlich. „Gerade für Auslandsfahrten mit dem E-Auto ist eine gute Abdeckung an Ladeinfrastruktur und einfaches Laden auch in unseren Nachbarländern wichtig. Mit der Erweiterung um sieben neue Länder vergrößern wir das EnBW HyperNetz noch einmal deutlich.“ Das Laden sei im Ausland genauso einfach wie in Deutschland, verspricht Sillober.

Der größte Ölkonzern Europas ist längst in die Elektromobilität eingestiegen. Shell Recharge ist für Auslandsreisende besonders interessant, bietet Zugang zu 275.000 Ladepunkten in ganz Europa (im Osten endet das Angebot an der ukrainischen und der moldawischen Grenze). Per Ladekarte und App können E-Fahrer auf die Stationen zugreifen. Shell hat außerdem im Mai bekannt gegeben, über 200 Ladestationen von ABB aufzustellen. Diese ist laut Hersteller ABB die weltweit schnellste ihrer Art und kann mit 360 kW „jedes Elektroauto in maximal 15 Minuten vollständig aufladen.“

Maingau bietet 310.000 Ladepunkte in Europa. Auch das Ionity-Netz kann mit der Maingau Autostrom App, einer Ladekarte oder einem Ladechip benutzt werden. Maingau hat in diesem Jahr den „Energiewende Award“ von EuPD-Research gewonnen, die 1300 Energieversorger im deutschsprachigen Raum untersucht haben.

Mit DKV Mobility bekommen E-Fahrer ebenfalls Zugang zu 310.000 Ladepunkten in Deutschland, dem weiteren deutschsprachigen Raum oder auch Italien. Das funktioniert mit der DKV Mobility App oder der DKV+ Charge Card.

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