Im Testzeitraum von 14 Tagen fallen uns an einem Auto viele Kleinigkeiten auf. Das Test-Tagebuch fasst diese zusammen. Der Kandidat: BYD Sealion 7 Design AWD.
22.04.2025: Kurz vor Ostern hat sich wieder ein sehr spannender Testkandidat in der Redaktion eingefunden, der BYD Sealion 7. BYD (Build Your Dreams) ist die Marke, die im vergangenen Jahr weltweit die meisten Elektroautos verkauft und den Platzhirsch Tesla überholt hat. Doch in Deutschland läuft es (noch) nicht rund: In den ersten drei Monaten hat man hierzulande nur rund 1.200 Autos abgesetzt – in den Augen der Chinesen viel zu wenig.
Doch BYD ist gekommen, um zu bleiben – und die Power dazu hat das Unternehmen zweifellos. Der Konzern aus Shenzhen investiert Milliarden in den Bau seiner beiden ersten europäischen Autofabriken in Ungarn und der Türkei – und die müssen ausgelastet werden. Zusammen 300.000 Elektroautos im Jahr können die zwei Werke schon ab 2026 liefern. Bei 47.000 europaweit verkauften Autos in 2024 bleibt also einiges zu tun.

Dazu beitragen soll der Sealion 7, ein SUV-Coupé der Mittelklasse, das schon in seinen Abmessungen (Länge 4,83 m) andeutet, dass es dort eigentlich nicht mehr hingehört. Vielmehr konkurriert es mit dem Audi Q6 e-tron, der jüngst seine Visitenkarte bei uns abgab und der 4,77 Meter misst. Wie auch der Q6 fährt der Sealion 7 mit zwei Motoren (ASM vorne, PSM hinten) mit zusammen 390 kW (530 PS), die das 2,43 Tonnen schwere Gefährt in 4,5 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen. Natürlich mit Antrieb auf allen vier Rädern.
BYD Sealion 7: LFP-Akku mit 91,3 kWh

Gespeist werden die Triebwerke von einer netto 91,3 kWh großen LFP-Batterie, die eine Reichweite von 502 Kilometer ermöglichen soll. Das dürfte kaum zu schaffen sein, wie erste Fahrten zeigen, denn der Verbrauch liegt bisher zwischen 23 und 25 kWh.
Ein Wort noch zur Akku-Chemie: Im Gegensatz zur NMC-Batterie ist der LFP-Akku sicherer, da er keinerlei Brandgefahr darstellt. Zudem kann man ihn ständig auf 100 Prozent laden, ohne dass er abbaut. Zudem ist er günstiger. Der Nachteil: Er speichert weniger Energie.
Der erste Eindruck im Innenraum ist vielversprechend: Vor allem das Platzangebot ist enorm. Selbst auf den (verstellbaren) Rücksitzen findet ein 2,05 Meter großer Passagier ein sehr kommodes Auskommen und üppige Beinfreiheit – ohne dass der Vordersitz nach vorne verschoben werden muss wohlgemerkt. Und die Materialqualität und die Verarbeitung qualifizieren den Sealion durchaus für einen Vergleich mit dem Audi.
So weit der erste Überblick, nun machen wir uns auf die Verbrauchsrunde.
23.04.2025: Wir müssen zuerst aber über Preise reden. Da chinesische Autos hierzulande noch wenig Bekanntheit sowie Markenimage besitzen müssen sie sich auch über den Preis verkaufen. Das gilt auch für den Sealion 7: In der Basisausführung mit einem Motor, 230 kW Leistung, 82,5 kWh-Akku und einer Ladeleistung von 150 kW kostet er 48.000 Euro. Ein Head-up-Display ist für die Basis nicht zu haben. In „unserer“ Topversion mit allen Extras muss man 10.000 Euro mehr auf den Tisch blättern – inklusive HUD.

Der zuletzt von uns gefahrene Audi Q6 e-tron mit „nur“ 285 kW und fast vollständiger Ausstattung kostet etwa das doppelte, wobei dieser eine Luftfederung sowie eine 800-Volt-Architektur mitbrachte. Dennoch ein Riesen-Abstand.
Schauen wir uns aber den Hauptkonkurrenten für den Sealion 7, den Tesla Model Y, an. In der Top-Version „maximale Reichweite“ mit Allradantrieb, 254 kW und vergleichbarer Ausstattung kostet er derzeit 55.000 Euro, wobei derzeit als Rabatt ein Jahr kostenloses Laden an den Superchargern integriert ist. Als Vergleichsmodell besser passen würde die Variante Performance mit 331 kW – die wird momentan auf der Tesla-Seite nicht angeboten, wahrscheinlich wegen des Modellwechsels. Sie kostete bisher 65.000 Euro.
Größtes Hemmnis für einen Kauf des BYD dürfte (noch) das sehr dünne Händlernetz sein. Zwar gibt es etwa in Frankfurt/Main einen Ausstellungsraum, für den Service muss man aber bis ins 80 Kilometer entfernte Mannheim fahren. Bisher hat BYD weniger als 30 Vertriebsstandorte in Deutschland, notwendig seien gut 200, sagen Experten. Bis Ende des Jahres sollen es immerhin 120 Standorte sein.

25.04.2025: Nun aber zum Verbrauch: Laut WLTP-Wert soll der Seelöwe 21,9 kWh Strom je 100 Kilometer konsumieren. Wie sich herausstellt ist das ein Wert, der durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Wie immer aber hängt dessen Erreichen vor allem vom Stromfuß ab. Wer das Pedal mehr streichelt als tritt und den Fahrmodus auf Eco stellt (es gibt noch Normal und Sport), der kann sogar mit Werten unter 20 kWh rechnen – allerdings bei frühlingshaften Temperaturen um die 20 Grad. Wer eiliger unterwegs ist sollte eher mit 24 bis 25 kWh rechnen.
Unsere Testrunde über knapp 100 Kilometer absolvierten wir bei 16 Grad mit einem Schnitt von 22,8 kWh, wobei wir auf dem Autobahnabschnitt mit Geschwindigkeiten zwischen 120 und 130 km/h unterwegs waren. Mit einem Beweisfoto können wir an dieser Stelle allerdings nicht dienen, da der Bordcomputer die Messdaten auf 50 Kilometer hochrechnet. Angezeigt wird auch der Gesamtverbrauch seit Indienststellung des BYD, der mit derzeit 28 kWh bei knapp 8.000 Kilometern ziemlich hoch liegt und vor allem den Winterverbrauch widerspiegeln dürfte.

Grundsätzlich ist das Fahren im Sealion 7 sehr angenehm, vor allem wegen der Luftigkeit des Innenraums. Power ist genügend vorhanden, wobei die Motoren diese gut dosiert abgeben; ein abruptes Pressen in die Sitze bei Vollstrom gibt es nicht. Das Fahrwerk gibt sich freilich nicht so geschmeidig wie das Luftfahrwerk des Audi, es ist mehr auf Komfort ausgelegt und gerät bei höheren Geschwindigkeiten (abgeregelt wird erst bei 215 km/h) auch mal leicht ins Wanken.
Wie auch schon bei der Präsentation im November stören wir uns lediglich an dem etwas zu hohen Fahrersitz, der es Menschen ab 1,90 Meter ein wenig schwer macht, die richtige Position zu finden. Hier sollte BYD für den europäischen Markt nacharbeiten. Sitzheizung gibt es auf allen vier Sitzplätzen, und BYD-typisch lässt sich der riesige zentrale Monitor per Fingerdruck von Quer- auf Hochformat umstellen.
Zur Bedienung und mehr oder weniger störenden Tönen kommen wir dann im nächsten Eintrag.
28.04.2025: Insbesondere bei Pkw chinesischer Provenienz lohnt sich der Blick auf die Bedienung und die akustischen Warnungen. Nun, auch hier hat BYD gelernt. Es gibt keinen best body, der einem ständig mit Warnungen in den Ohren liegt. Das Euro-Klingeln ist sehr zurückhaltend gestaltet und besteht aus drei leisen Pieptönen, die sich über den Monitor mit einem Fingertippen abschalten lassen.

Ansonsten sind die Assistenten sehr zurückhaltend: Der Spurhalteassistent reagiert im richtigen Moment und hält wunderbar die Spur, wenn man den adaptiven Tempomaten einschaltet. Allein der Aufmerksamkeitswarner reagiert viel zu empfindlich, warnt mit einem kurzen Klingelzeichen und einer Anzeige auf dem Fahrerdisplay; leider dimmt er dabei kurz die Lautstärke der gut klingenden Soundanlage runter.
Keine Paddels für die Rekuperation
Physische Tasten gibt es nur wenige rund um den Getriebehebel – unter anderem eine Starttaste sowie Parkbremse und Klimaautomatik – sowie in der Tür für die Außenspiegel. Ein wenig stiefmütterlich wird das Thema Rekuperation im Sealion 7 behandelt, denn man kann sie nur in einem Untermenü verändern und das auch nur in zwei Stufen (stark/schwach). Lenkradpaddels gibt es nicht. Dafür kann man den Ladestrom in mehreren Stufen einstellen; Ladegrenzen leider nicht. Alles in allem findet man sich in den Menüs gut zurecht. Einiges, aber nicht alles kann der sehr verständige Sprachassistent erledigen.

Die Größe des Seelöwen macht sich freilich auch bei den Ladekapazitäten bemerkbar. Der Laderaum fasst beachtliche 520 bis 1.789 Liter – allerdings bei umgelegten Rücksitzen mit einer kleinen Stufe -, und unter dem Ladeboden finden sich weitere Staumöglichkeiten. Der Frunk fasst 58 Liter.
Während die Materialien ansonsten allesamt hochwertig anmuten, gilt das nicht für den Griff im Ladeboden: Er wirkt billig und wurde bei vorherigen Nutzungen auch schon beschädigt.
So, und nun machen wir uns auf Richtung Schnellladesäule.
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