Akku-Reparatur

Akku-Reparatur: Modul-Wechsel in der Werkstatt

Porsche hat ein Akku-Reparatur-System entwickelt. Bislang gibt es weltweit 80 HV-Stützpunkte. Doch es sollen mehr werden.

Wer über Elektromobiliät spricht, kommt fast immer auf die Themen Reichweite und Ladezeiten. Wie groß ist die Kapazität der Batterien? Wie lange halten die Bauteile? Was für Zellen sind verbaut? Was passiert, wenn ein Akku kaputt ist? Wie sieht es überhaupt mit der Haltbarkeit der Energiespeicher aus? Grundsätzlich gilt, dass die Akku-Kapazität immer bestimmt wird durch die schlechteste Zelle. Genau an diesem Punkt haben die Porsche-Ingenieure frühzeitig den Hebel angesetzt und bei der Entwicklung des Taycan ein Reparaturkonzept für Hochvolt (HV)-Batterie entwickelt. „Wir haben von Anfang an nicht nur die effiziente Fertigung im Blick gehabt, sondern auch an die Reparaturmöglichkeiten in qualifizierten Porsche-Betrieben gedacht. Deshalb musste der Aufbau des Stromspeichers entsprechend einfach gestaltet werden, erklärt Daniel Schukraft, Vice President Aftersales und Kundendienst.

Wichtiger Punkt im Lastenheft

Christian Brügger, der den Bereich der Produktbeeinflussung Aftersales Elektrik leitet, und sein Team haben maßgeblich dazu beigetragen, dass die Reparaturfähigkeit der Batterien in den Werkstätten ein wichtiger Punkt im Lastenheft war. Und das vor allem auch im Hinblick auf die Zukunft und den damit verbundenen deutlich größeren Anteil an elektrifizierten beziehungsweise vollelektrisch angetriebenen Fahrzeugen des Sportwagenherstellers. Bereits 2021 wurden mehr Taycan als Porsche 911verkauft. In 2025 soll die Hälfte aller neu verkauften Porsche elektrifiziert sein, fünf Jahre später soll der Anteil aller rein elektrisch angetriebenen Neufahrzeuge bei mehr als 80 Prozent liegen. „In Sachen Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ist das von uns entwickelte Reparaturkonzept deshalb ein wichtiger Baustein“, ist Schukraft überzeugt.

1 Prozent Akku-Defekte

Akku-Reparatur
Daniel Schukraft, Vice President Aftersales und Kundendienst. Fotos: Porsche

Bei den bisher verkauften 90.000 Taycan-Modellen habe es ein Prozent gemeldete Akku-Defekte gegeben, sagte Peter Reck, Produktmanager After Sales. 80 Prozent davon seien zu reparieren gewesen. Als Defekt wertet Porsche jede Art von Beanstandung, die mit einem Eintrag in den Fehlerspeicher verbunden ist, verdeutlicht Brügger. Probleme wie geringe Reichweite oder fehlende Vorkonditionierung der Batterie seien meist kein Defekt, sondern häufig auf zu hohes Tempo oder nicht korrekte Einstellung des Navigationssystems zurückzuführen. So etwas sei in den meisten Fällen im Gespräch mit dem jeweiligen Kunden zu klären.

Ein Defekt indessen muss grundsätzlich an die Porsche-Zentrale in Zuffenhausen gemeldet werden, damit dort entsprechend reagiert werden kann. Für Christian Brügger ist das ganz wichtig, um die Qualität nicht nur zu sichern, sondern auch noch zu verbessern. „Gerade in den ersten Monaten haben wir Batterien sicherheitshalber komplett getauscht, um zu erkennen und zu verstehen, was im System passiert ist und eventuelle Fehlerquellen in der Produktion schnellstens abzustellen.“ Hinweise darauf habe es jedoch nicht gegeben.

Vier Tage Reparaturzeit

Für die eigentliche Reparatur einer Batterie kalkuliert Porsche zwischen dreieinhalb und vier Tagen ein. Denn außer den Sicherheitsvorkehrungen müssen auch Klebe- und damit verbundene Trocknungsvorgänge berücksichtigt werden. Um die Akkueinheit vom Unterboden zu lösen wird der Wagen auf einer Hebebühne nach oben gefahren und die Batterie anschließend auf einen speziell konstruierten, fahrbaren Arbeitstisch abgesenkt. Nachdem die Batterie auf die eigentliche Arbeitsfläche gerollt ist, wird an einem Diagnosegerät getestet, wo das Problem liegt. Die Ursache kann in Kabelverbindungen, Platinen oder auch einzelnen Zellen liegen. Ist eine Zelle defekt, wird das entsprechende Modul im Diagnosegerät angezeigt. „Wir tauschen allerdings keine einzelne Zellen, sondern immer ein komplettes Modul, betont Stefan Schierle. Er ist als Service Trainer e-Mobility bei Porsche für die Ausbildung der HV-Experten verantwortlich. Der große Performance-Akku mit einer Kapazität von 93 kWh im Taycan hat 33, die kleinere 80-kWh-Batterie 28 Module. Verbaut sind in jedem Modul zwölf Pouch-Zellen. Bei diesem Zelltyp wird der Elektroden-Stapel nicht von einem festen Gehäuse, sondern von einer flexiblen Verbundfolie umschlossen. Porsche zufolge lässt sich der vorhandene rechteckige Bauraum der Batterie dadurch optimal nutzen und das Gewicht reduzieren.

Genau festgelegte Schritte

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Jeder Handgriff erfolgt nach den genau festgelegten Sicherheitsmaßnahmen.

Ist das defekte Modul identifiziert muss zunächst die gesamte Flüssigkeit aus dem Kühlkreislauf – beim Taycan gibt es keinen separaten für die Batterie – abgelassen werden. Anschließend geht der HV-Techniker in exakt definierten Schritten an die Arbeit, öffnet den verklebten und verschraubten Akku. Für einige dieser Arbeitseinheiten sind sogar zwei Kollegen notwendig. Dabei muss aber lediglich der direkt an der Batterie tätige Mitarbeiter Schutzkleidung tragen. Sind Steuergerät und Deckel entfernt, wird das für die Fehlermeldung verantwortliche Modul mit Spezialwerkzeug aus dem Batteriekasten gehoben. Jeder Handgriff erfolgt dabei nach den genau festgelegten Sicherheitsmaßnahmen. Das gilt anschließend ebenso für den Einbau des neuen Moduls. Zuvor muss der Boden des Akkufachs von der dort angebrachten Thermalpaste gesäubert werden. Die entfernte Masse wird gewogen, um dann exakt die gleiche Menge auf den Boden des Moduls wieder aufzutragen. Um das Batteriefach absolut dicht zu verschließen, wird nicht nur geschraubt, sondern auch geklebt. Nach der entsprechenden Trocknungszeit rundet eine Spannungsfestigkeitsmessung die Reparatur ab. Anschließend wird die komplette Batterieeinheit wieder unter den Taycan gefahren und mit dem Auto verschraubt. Das gesamte Reparaturkonzept ist übrigens so ausgelegt, dass es auch beim 2023 kommenden elektrisch angetriebene Macan und weiteren E-Modelle von Porsche eingesetzt werden kann.

Second-Life-Strategie

Sind die ausgebauten Module noch funktionsfähig, aber nicht im Fahrzeug einsetzbar, können sie für andere Aufgaben eingesetzt werden. Die Second-Life-Strategie von Porsche sieht vor, die Module der HV-Batterien in stationären Energiespeichern zu verbauen. Zudem wird daran gearbeitet, die Recycling-Prozesse so zu optimieren, dass der Anteil an Rohstoffen im Kreislauf erhöht wird, um diese dann in neuen Akkus einzusetzen.

Vorerst sind nicht alle Werkstätten in der Lage, die Batterien von E-Autos zu reparieren. „Arbeiten an E-Fahrzeugen erfordern besonderes Fachwissen, Spezialwerkzeuge sowie extra ausgewiesene Arbeitsplätze plus Reparaturflächen. Das alles ist die Grundlage für einen Hochvolt-Stützpunkt. Von denen gibt es weltweit derzeit 80. Zudem sind 80 mobile Hochvolt-Experten im Einsatz, um bei Bedarf als Flying Doctors aktiv zu werden“, beschreibt Brügger die aktuelle Situation. Bis 2025 soll es weltweit 370 HV-Stützpunkte und 150 mobile Einsatzkräfte geben. Um bis dahin ein möglichst breites Angebot zu haben, übernehmen überregionale Hubs in zertifizierten Porsche-Zentren die HV-Reparaturen. Der Kunde gibt sein Auto dazu bei seinem Händler ab, bekommt es dort auch zurück.

Eine App für den Gesundheitszustand

Derzeit müssen die Besitzer eines elektrisch angetriebenen Porsche noch in die Werkstatt, wenn sie Informationen zu Leistungsstand und Kapazität der Batterie haben wollen. Ein dort stationierte Diagnosetester liest auf Wunsch die entsprechenden Daten aus. Schon in naher Zukunft will Porsche allerdings eine App-Lösung anbieten, mit der die Kunden eigenständig den Gesundheitszustand des Fahrzeugs – in diesem Fall speziell auch der Batterie – abrufen können.

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