Audi e-tron Sportback

Audi e-tron Sportback: Der Heck-Trick

Audi hat dem e-tron ein coupéartiges Heck verpasst, das manchem gut gefallen dürfte. Er hat aber noch andere Qualitäten.

Mitten im Stau am Kreisel an der Hanauer Landstraße in Frankfurt klopft es an die Beifahrer-Scheibe. Es ist der Fahrer des Müllautos hinter uns, der die Gunst der Verstopfung wohl genutzt hat, um eine Mülllaster-interne Diskussion zum Abschluss zu bringen und den genauen Namen unseres Testwagens zu erfragen. Dem Mann kann geholfen werden: Audi e-tron 55 Sportback quattro lautet er. Er ist die – manche sagen formschönere – Variante der e-tron Limousine, da ihr Heck die Coupéform nachahmt. Auf jeden Fall ist er die sparsamere Variante, da der CW-Wert von 0,27 auf 0,25 sank.

Audi e-tron Sportback
Der Audi e-tron Sportback besticht mit seinem abgerundeten Heck. Fotos: Audi

Noch ohne spezielle Elektroplattform

Ob nun optisch gelungener oder nicht: Audi treibt die Elektrifizierung nach Kräften voran; mittlerweile gibt es die GT-Varianten des großen e-tron, zudem den etwas kompakteren Q4 e-tron. Und man merkt der Familie an, dass Audi mächtig Strom gibt beim Unterfangen, den Rückstand zum Vorreiter Tesla aufzuholen. Und das bislang ohne eigene Elektroplattform: Die wurde erst dieser Tage vorgestellt, ab 2023 soll der Q6 e-tron das erste Fahrzeug sein, das auf ihr aufbaut.

Bis dahin behilft man sich mit einer Adaption des MLB-Baukastens, die die Möglichkeiten einer Elektroarchitektur weniger ausreizt. Beim e-tron Sportback spürt man von Platzmangel wenig. Vorne wie hinten sitzt man komfortabel, wobei der Blick vor allem in den Fond gerichtet ist – wegen des abfallenden Hecks freilich. Doch auch dort kann man als 1.90 Meter großer Mensch sitzen, ohne an den Himmel anzustoßen. Noch weiter hinten, im Laderaum, muss man lediglich 45 Liter Gepäckraum weniger verschmerzen als in der Limousine. Dafür kann man sich über die große Klappe freuen. Komplett erhalten bleibt die Anhängelast von 1.800 Kilogramm.

Jede Menge Power

Audi e-tron Sportback
Drei große Monitore mit vielfältigen Anzeigen erleichtern das Fahren.

Ansonsten ähneln sich die Brüder im Innenraum durchaus sehr: Bedienung, Armaturen, Infotainment, Tasten, Bildschirme – alles dasselbe. Kommen wir also zur Technik: Audi baut an beide Achsen je einen Asynchron-Drehstrommotor. Die sind bauartbedingt weniger effizient als die häufiger eingesetzten Synchronmotoren, gelten aber als robust und langlebig. Sie leisten gemeinsam 300 kW (408 PS) und reißen den Audi mit so enormer Kraft aus dem Stand, dass sich die beste aller Ehefrauen auf dem Beifahrersitz beschwert, Mann möge ihren Magen doch bitte nicht um die Wirbelsäule wickeln. Doch es geht auch gemütlicher: Dank „Drive select“-Schalter kann man zwischen unterschiedlichen Fahrprogrammen wählen, wobei „dynamic“ für volle Power und „auto“ sowie „comfort“ für entspanntes Reisen sorgen. Bei 200 km/h deckelt Audi übrigens die Geschwindigkeit.

Moderater Testverbrauch

Doch der Dauersprint ist nicht die Hauptaufgabe eines Elektroautos, auch nicht des e-tron. Vielmehr sollte man ihn in einem Fenster betreiben, das den Verbrauch schont, die Reichweite vergrößert und die Akkuzellen nicht zu sehr stresst. Auf einer längeren Strecke von Frankfurt nach Köln fuhren wir einen Schnitt von etwa 110 km/h und wurden bei gutem und warmem Wetter (der einzige Tag über 25 Grad bisher in diesem Jahr) mit einem Schnitt von knapp 22 kWh belohnt. Die Summe vieler kürzerer Strecken lag letztendlich bei 23,7 kWh je 100 Kilometer – laut Bordcomputer wohlgemerkt. Bei einer einzelnen Messung lag der Wert etwa eine kWh höher. Das sind keine schlechten Werte und reichen beinahe an die anderer, kleinerer E-Autos heran, die bei uns vorfuhren. So genehmigte sich der Peugeot e-208 zuletzt im Schnitt 19,8 kWh. Man weiß mittlerweile aber auch, wie schnell die Verbräuche durch schnelleres Fahren und widriger Witterung nach oben schnellen, so dass 30 kWh je 100 Kilometer – und entsprechend weniger Reichweite – durchaus erreicht werden können.

Laden: bis 150 kW

Audi e-tron Sportback
Die Ladekapazität beträgt 1.665 Liter – und damit 45 Liter weniger als in der Limousine,

Mindestens ebenso wichtig wird den Käufern der Komfort im e-tron sein. Insbesondere auf längeren Strecken nimmt er dem Piloten viel ab, bleibt in Kurven dank Spurassistent leicht lenkbar, und der adaptive Tempomat regelt nicht nur den Abstand zum Vorderauto, sondern passt die Geschwindigkeit an die Tempolimits an. Leider vertut er sich beim Schilderlesen manchmal, und dann kann es vorkommen, dass das Schild an der Einfahrt zum Rasthof einen Bremsvorgang auslöst. Bei der Verkehrszeichenerkennung muss aber nicht nur Audi nacharbeiten.

Werfen wir nun aber den Blick auf das zweite wichtige Stromer-Thema, das Laden. Hier erreicht der 55er e-tron SB keine Topwerte wie der e-tron GT oder der Porsche Taycan; er lädt seinen 95 kWh (netto 86 kWh) großen Akku mit maximal 150 kW am CCS-Stecker – wenn man denn eine so schnelle Säule hat. Obwohl in zwei Apps angegeben, fanden wir auf der Raststätte lediglich einen 50-kW-Lader vor, der nach einigem hin und her schließlich 45 kW übertrug, was uns nach 30 Minuten genügend Strom für die restliche Strecke beschert.

Schnelle Lader? Seltenheit

Das veranlasste uns, in Frankfurt nach einem schnellen Lader zu suchen. Der laut diverser Apps schnellste steht an genannter Hanauer Landstraße auf dem Hof eines Autohändlers, ist wochentags kaum zugänglich (weil zugeparkt) und schafft statt der versprochenen 300 kW nur 175. Da bleibt einiges zu tun. Noch ernüchternder war der Gebrauch des Audi-Ladegeräts, das man an die Haushaltssteckdose anstöpselt. Um das zu aktivieren, muss man fast eine Minute warten, um einen Code eizugeben, der das Laden freigibt – und dann lud der Audi nur mit 1,5 kW.

Gerne auch mal 100.000 Euro

Audi e-tron Sportback
Der 220-Volt-Lader verlangt bei jedem Ladevorgang nach einem Code.

Bleibt der Blick auf die Preise. Der Audi e-tron Sportback startet als 50er bei 71.350 Euro, also 2.250 Euro mehr als die Limousine. Der von uns gefahrene 55er Sportback kostet mindestens 81.500 Euro. Mit großem Akku und dem getesteten Ausstattungspaket S-Line kostet er mindestens 84.450 Euro. Freilich kommt man damit nicht hin: In unserem Testwagen waren noch mehr oder weniger notwendige diverse Extras verbaut, so dass er auf 104.000 Euro kam – und das ohne Head-up-Display. Die volle Förderung gibt´s in keinem Fall.

Fazit: Ob Sportback oder Limousine ist wohl eher Geschmacksache und dreht sich um die Frage, ob man ein coupéartiges Heck knuffiger findet. Technisch gibt es keine großen Unterschiede. Man darf gespannt sein, was die künftigen Modelle auf der neuen PPE-Plattform bieten werden. Aber bis dahin dauert es ja noch ein wenig. HM

Technische Daten – Audi e-tron Sportback 55 quattro

Fünftüriger, fünfsitziger Sportback mit Elektroantrieb, Länge 4,90 Meter, Breite 1,93 Meter (ohne Spiegel), Höhe 1,61 Meter, Radstand: 2,93 Meter, Kofferraumvolumen: 615/1.665 Liter.

2 Asynchronmaschinen, 265 kW (Boost 300 kW), dreiphasiger Lader mit max. 150 kW (DC) und 11 kW (AC), maximales Drehmoment: 561 (664) Nm ab 1 U/min, 0-100 km/h: 5,7 s, Vmax: 200 km/h, Batteriekapazität 95 (netto 86,5) kW  kWh, Durchschnittsverbrauch (WLTP-Zyklus): 25,9 – 21,6 kWh/100 km, Testverbrauch 23,7 kWh l/100 km, CO2-Ausstoß: 0 g/km, Effizienzklasse: A+.

Preis: ab 81.500 Euro, Testwagenpreis: 104.070 Euro.

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