BMW S 1000 R

BMW S 1000 R: Die neue Leichtigkeit

Mit der S 1000 R hat BMW ein komplett neues Naked Bike auf die (leichten) Räder gestellt. Wir waren beeindruckt.

Nicht bleibt wie es ist. Dieser Volksweisheit folgen auch so manche Entwickler bei den (Motorrad-)Herstellern. Bei der nun in zweiter Generation aufgelegten S 1000 R von BMW überlebte fast nur der Name des Supersportler-Ablegers; ansonsten wurde quasi ein neues Bike auf die Räder gestellt. Basierend auf eben jener S 1000 RR wurden Motor, Fahrwerk und – immer wichtiger – auch Elektronik an die Erfordernisse eines unverkleideten Landstraßen-Fegers angepasst. Und wir möchten es an dieser Stelle schon einmal vorweg schicken: Es hat sich gelohnt.

Auf der R des Jahres 2021 fühlt man sich auf Anhieb wohl. Das mag an dem kernigen, aber nicht zu lauten Sound liegen, der aus der im M-Paket inbegriffenen Akrapovic-Auspuffanlage entweicht und von dem man beim Fahren kaum noch etwas mitbekommt. Die Vorgängerin gebärdete sich diesbezüglich viel krawalliger, und wir können uns erinnern, dass diese beständige Soundkulisse doch manchmal nervte. Davon kann nun – dank der Vorgaben der Euro-5-Norm – keine Rede mehr sein. Und mit 95 dB Standgeräusch ist sie auch „tirolkompatibel“.

BMW S 1000 R
Eigentlich die zweite Generation der BMW S 1000 R, aber eigentlich ein komplett neues Motorrad. Fotos: May

Modernsisiert: die Elektronik

Als zweites fällt das 6,5-Zoll-TFT-Display auf, das nach dem Starten zum Leben erwacht und das ebenfalls vom Racer übernommen wurde. Per Drehrad und einer daneben liegenden Taste kann man sich durch die Menüs klicken und je nach Ausstattung mannigfaltige Einstellungen vornehmen. Wer auf der Rennstrecke unterwegs ist, kann sich Schräglage, Schlupfregelung und Bremseinsatz direkt anzeigen lassen.

Womit wir bei der Elektronik angekommen sind: Die neue Sechsachsen-Sensorbox ermöglicht nun dynamische Traktions-, Wheelie- und die Berganfahrt-Kontrolle, ABS-Pro mit Kurvenfunktion und drei Fahrmodi. Das alles wird serienmäßig geliefert. Doch darüber hinaus lässt sich noch vieles an Zubehör draufpacken; nur die wenigsten Bikes werden „nackt“ zu Kunden rollen. Wir wollen hier nicht ins Detail gehen, sondern raten zum M-Paket für 2.800 Euro, das nicht nur die feine Sportlackierung beinhaltet. Enthalten sind auch die wartungsfreie Endurance-Kette, Akrapovic-Auspuff, Sportsitz, leichte Batterie, Schmiederäder, Motorschleppmomentregelung (MSR) und GPS-Laptrigger. Nicht fehlen sollten außerdem der Schaltassistent pro (295 Euro) für kupplungsfreies Hoch- und Runterschalten, elektronische Dämpfung (725), Reifendruckkontrolle (235) und Fahrmodi Pro (210). Dann landet man bei 19.004 Euro, was im Wettbewerb durchaus mithalten kann.

BMW S 1000 R
Gut ablesbar, übersichtlich und informativ: das Display der BMW S 1000 R.

Leichterer Motor

So ausgestattet machen wir uns also auf den Weg durch den Taunus und stellen fest, dass man mit der S 1000 R schnell gut Freund werden kann. Die Gasannahme ist in allen Modi (Rain, Road, Dynamic, Dynamic pro) weich, der Motor zieht gleichmäßig nach oben, bevor er bei etwa 8.000 Touren noch mal richtig zulegt und sein Racing-Gesicht zeigt. Er trägt wesentlich zum geringeren Gewicht der neuen R bei: Er alleine wiegt fünf Kilo weniger als der alte Motor, und zwar trotz umfangreicherer Technik.

So gibt es beispielsweise nicht nur eine besonders leichtgängige Anti-Hopping-Kupplung, sondern als Sonderausstattung eine Motor-Schleppmoment-Regelung; abruptes Gaswegnehmen oder Zurückschalten führt damit nicht mehr zu einem Rutschen des Hinterrads. Aber auch Rahmen und Schwinge – beides basiert auf der aktuellen RR – sind leistungsfähiger und zugleich leichter geworden. Als praktisch erweist sich die verstellbare Lenkerklemmung; so lässt sich der Lenker um einen vollen Zentimeter weiter vorne fixieren, ein großer Vorteil für individuell angepasste Ergonomie.

Auf Wunsch Karbonfelgen

Vor allem aber fällt schon auf den ersten Kilometern die Leichtigkeit auf, mit der sich die R steuern lässt. Das liegt freilich am neuen Fahrwerk, aber auch an den Schmiederädern, die etwa 2,5 Kilogramm Gewicht einsparen, was sich aber wegen der reduzierten Kreiselkräfte enorm bemerkbar macht. Wer dies auf die Spitze treiben will, bestellt die noch leichteren Karbonfelgen für 2.100 Euro Aufpreis und kommt auf ein Gesamtgewicht von nur noch 193 Kilogramm.

BMW S 1000 R
Im M-Paket enthalten: der Akrapovic-Auspuff.

Die hatten wir zwar nicht im Testmotorrad, doch auch so spürt man die enorme Leichtigkeit des Fahrens ständig, und es ist eine Lust, die R von einer Kurve in die nächste zu werfen. Gerne hätten wir sie noch stärker gefordert, doch das geht nur auf der Rennstrecke – 165 PS kann man im realen Verkehr nicht ausfahren. Einen Top-Job machen auch die Bremsen: Sie packen jederzeit kräftig zu und das mit einer vorzüglichen Dosierbarkeit. Wie standhaft sie sind? Auch das wäre eine Frage für die Renne; im Alltag kommen sie noch lange nicht an ihre Belastungsgrenze.

Wozu braucht man Keyless Go?

Auch bei der neuen S 1000 R fällt auf, dass 1000er immer kompakter werden. Als 1,90 Meter großen Fahrer muss man die Beine schon recht stark anwinkeln. Stauraum für Kleinkram bietet sie nicht, auch wenn der Soziussitz abgedeckt ist und sich die Klappe abnehmen lässt. Im kleinen Fach darunter findet sich nur ein wenig Werkzeug. Der Verbrauch pendelte sich auf unseren Touren bei 5,9 Liter ein, das ist akzeptabel.

Es gibt also wenig zu mäkeln an der zweiten Generation der S 1000 R, die eigentlich ein komplett neues Motorrad ist. Allenfalls nervte uns das Keyless-Go-System. Wir fragen uns, wo dabei die Vorteile liegen, denn den Tank muss man per Schlüssel öffnen – und dann beginnt die Suche in den Taschen. Wohl dem, der sich erinnert, wo er verblieben ist. Nicht auszudenken ist, wenn er unterwegs verloren geht. Hier geben wir dem Altbewährten bei weitem den Vorzug. Das Keyless-Go-System ist übrigens Teil des Comfort-Pakets für 690 Euro mit Heizgriffen und Tempomat.

BMW S 1000 R
Der Sinn des Keyless-Go-Systems hat sich uns nicht erschlossen.

Fazit: Wer sich mit Generation eins der S 1000 R nicht so recht anfreunden konnte, sollte mal eine Runde auf Gen 2 drehen, so er denn einen großen Streetfighter sucht. Bei aller modernen Technik und Leichtigkeit bleibt sie doch bezahlbar. Und wie gesagt: Wir würden das M-Paket empfehlen. Titelfoto: BMW/Jahn

BMW S 1000 R – Technische Daten:

Motor: Flüssigkeitsgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, 999 ccm Hubraum, vier Ventile pro Zylinder, 121 kW/165 PS bei 11.000 U/min., 114 Nm bei 9.2500 U/min; Einspritzung, 6 Gänge, Kette.

Fahrwerk: Aluminiumverbund-Brückenrahmen, Motor mittragend; USD-Telegabel ø 4,5 cm vorne, voll einstellbar, 12 cm Federweg; Aluminium-Unterzug-Zweiarmschwinge, Zentralfederbein, voll einstellbar, 11,7 cm Federweg; Alu-Gussräder; Doppelscheibenbremse vorn 320 mm, Einscheibenbremse 220 mm hinten, Einkolben-Schwimmsattel.

Maße und Gewichte: Radstand 1,45 m, Sitzhöhe 83 cm, Gewicht fahrfertig 199 kg, Zuladung 208 kg; Tankinhalt 16,5 Liter.

Fahrleistungen: 0-100 km/h ca. 3,2 s, Höchstgeschwindigkeit über 250 km/h, Verbrauch 5,9 l/100 km.

Preis: ab 14.740 Euro.

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