Akkuzellen

Die Energiespeicher der Zukunft

Neuartige Energiespeicher ohne problematische Stoffe können zur Energiewende beitragen. Und sie können schnell aktiviert werden.

Die massive Verspätung beim Ausbau der Nord-Süd-Stromtrassen – eine Voraussetzung für die Energiewende in Deutschland – verstärkt den Bedarf an stationären Elektrizitätsspeichern. Diese werden benötigt, um Schwankungen im Stromnetz auszugleichen, aber auch um Energie zu speichern, die zwar gerade produziert, aber nicht gebraucht wird. Tatsächlich bleibt solche Energie ungenutzt, wenn Erzeuger von Wind- und Solarstrom ihre Anlagen komplett abschalten müssen, weil stationäre Großspeicher fehlen. Nach Ansicht von Forschern könnte die Kapazität solcher Speicher in Deutschland bei bis zu 176 Gigawattstunden (GWh) liegen. Der Vorteil für viele Betreiber von Stromspeichern besteht auch darin, dass sie sich damit am Energiehandel beteiligen können.

Jenseits der Lithium-Ionen-Batterie

Längst haben findige Unternehmen Speichertechnologien auf den Markt gebracht, die gänzlich andere Technologien und Materialen verwenden als heutige Lithium-Ionen-Batterien und die ohne kritische oder seltene Rohstoffe auskommen. Zum einen produzieren die chinesischen Marktführer CATL und BYD, wie hier schon berichtet, eine Batterie, die anstelle von Lithium mit Natrium arbeitet, und auf Nickel, Kobalt oder Kupfer komplett verzichtet. Natrium ist 1.000mal häufiger in der Erdkruste zu finden als Lithium. Eine solche Batterie speichert zwar weniger Energie als ein Akku auf Lithium-Basis, ist aber nur sehr schwer brennbar und obendrein kältefest. Die Massenproduktion solcher Energiespeicher ist schon für dieses Jahr geplant. Sie werden Akkus auf Lithium-Basis mit Sicherheit nicht verdrängen, wohl aber eine umweltfreundliche und kostengünstigere Alternative sein.

Interessant: Natrium-Batterien

Solche Natriumbatterien sind nicht nur für Elektroautos, sondern auch als stationäre Großspeicher für Wind- und Solarstrom geplant. Vor allem hier sind die meisten Innovationen zu erwarten. Zum Beispiel der Energiespeicher von CMBlu Energy AG aus Alzenau in Unterfranken. Das Start-Up, das bereits einen Standort in den USA bezog, kann einen Speicher nach dem Prinzip einer Redox-Flow-Batterie (RFB) bauen, die in Modulbauweise theoretisch eine Kapazität von mehreren Hundert Megawattstunden Strom speichern kann. RFB bestehen aus zwei elektrolytführenden Tanks, einem Pumpsystem, das die beiden Elektrolyte durch eine Reaktionskammer drückt, in der sie über eine Membran getrennt sind, sowie aus zwei Elektroden, die den Strom abnehmen. RFB sind seit mindestens 130 Jahren bekannt und werden längst genutzt, allerdings noch nicht im Gigawattbereich. Genau bis hierhin will CMBlu jedoch vorstoßen.

Der Akku des Unternehmens arbeitet mit einem flüssigen Elektrolyten auf Lignin-Basis. Aus Lignin wird ein Biopolymer gewonnen, das Elektronen aufnehmen und abgeben kann. Lignin selbst ist in den Zellwänden von Pflanzen enthalten und fällt in der Größenordnung mehrerer Millionen Tonnen jährlich als Abfall bei der Verarbeitung von Papier und Holz an. Der Nachschub ist also gesichert.

CMBlu will in den Gigawatt-Bereich

Energiespeicher
Das Arbeitsprinzip der Redox-Flow-Batterie von CMBlu. Foto: CMBlu

Auch das CMBlu-Batteriemodul besteht aus zwei großen Tanks, die jedoch ein Feststoffgranulat als Speichermedium enthalten. Beim Be- und Entladen des Speichers fließt eine wässrige Elektrolytlösung durch das Kreislaufsystem und einen Energiewandler. Das Beladen bewirkt eine Umwandlung in chemische Energie, die im Tank gespeichert wird. Das Entladen setzt diese Energie wieder frei. Die Größe der Tanks bestimmen das Kapazitätsvolumen der Batterie. Die verwendeten organischen Elektrolyte sind weder brennbar noch explosiv. Ist die Lösung erschöpft, kann sie ausgetauscht und recycelt werden; die Lebenszeit der Batterie ist damit fast unbegrenzt.

Auf dem Gelände des Uniper-Kraftwerks Staudinger an der bayerisch-hessischen Grenze will CMBlu diese Technik zusammen mit Uniper noch in diesem Jahr im Megawattbereich testen. Das Unternehmen kooperiert außerdem mit dem österreichischen Burgenland, das bis 2030 energieautark werden will. Hierzu soll ein Großspeicher entstehen, der über eine Kapazität von 300 Megawattstunden verfügt.

EWE testet Redox-Flow-Akku

Auch das Energieunternehmen EWE in Oldenburg testet bis zum Jahr 2025 einen Energiespeicher nach dem Redox-Flow-Prinzip. Dabei könnten auch unterirdische Kavernen verwendet werden, in die eine Salzlösung als Elektrolyt eingefüllt wird.

Ebenfalls aus Unterfranken kommt eine Meldung über die Planung eines neuen Großspeichers. In Haßfurt soll ein so genannter Stülpmembranspeicher gebaut werden, der die gesamte Stadt mit Strom versorgen kann. Dazu hat die dortige Stadtwerk GmbH zusammen mit der Technischen Hochschule Nürnberg ein Abkommen für einen Prototypen getroffen. Die Stadtwerk Haßfurt GmbH setzt bereits auf klima- und umweltfreundliche Lösungen und eine möglichst dezentrale und emissionsfreie Energieversorgung. 2012 fiel dort die Entscheidung, auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzustellen – zunächst bei der Stromerzeugung, dann in den Bereichen Wärme und Industrie. Hinzu kamen Ladestationen für E-Autos, ein Ausbau der Speicher- nebst Aufbau von Wasserstoffkapazitäten.

Haßfurt baut den Stülpmembranspeicher

Haßfurt betreibt unter anderem bereits einen klassischen Lithium-Ionen-Energiespeicher mit einer Kapazität von 10 Megawattstunden. Nun soll ein Stülpmembranspeicher hinzukommen. Dieser arbeitet nach dem Prinzip eines Pumpspeicherkraftwerks, allerdings in kleinerem und kompakterem Maßstab (Die TH Nürnberg erklärt das Prinzip anschaulich unter https://lmy.de/nPBBM). Herzstück ist ein Kolben, der sich frei in einem Zylinder bewegt und zwei mit Wasser gefüllte Kammern dank einer Stülpmembran so voneinander trennt, dass sich die Inhalte der Reservoirs nicht miteinander vermischen können. Kammern und Kolben befinden sich in einem 400 Meter tiefen und mit Zement ausgekleideten Schacht mit einem Durchmesser von 130 Metern.

Strom wird nun erzeugt, wenn das Gewicht des Kolbens auf das Wasser der unteren Kammer drückt, dieses über eine dann geöffnete Leitung ins obere Reservoir ausweichen und unterwegs eine Turbine antreiben kann. Wird kein Strom nachgefragt, kann dieser dazu verwendet werden, erneut Wasser aus dem oberen Reservoir in die untere Kammer zu pumpen und den Kolben dabei anzuheben. Dieser Kreislauf ist ständig wiederholbar. Mit dem Bau eines solchen Speichers in die Erde erhofft man sich mehr Akzeptanz bei der Bevölkerung für solche Großspeicher.

Auch diese Lösung erfordert keine besonderen Materialien. Ressourcenverbrauch und Kosten bleiben gering, und das Wasser wird in einem Kreislauf verwendet. Strom aus Erneuerbaren Energien wird damit jederzeit verfügbar. Einen Filmbeitrag des BR zu Großspeicherlösungen gibt es unter https://lmy.de/Hw5yP. Titelfoto: VW

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