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Shell plant Stationen ohne Benzin und Diesel

Wie stellen sich die Mineralölkonzerne auf die Zukunft ein? Die Konzepte gehen weit über den Aufbau von Ladesäulen hinaus.

Wie sieht eigentlich die Zukunft von Tankstellen aus, die heute noch vom Sprit- und Lebensmittelverkauf leben? Die Konzerne machen sich derzeit durchaus schon Gedanken über die ferne Zukunft – auch wenn das Verbrenner-Aus erst 2035 in Kraft tritt. Außer Frage steht: Der Weltenergiemarkt bewegt sich zunehmend in Richtung erneuerbare Energien und umweltfreundlichere Alternativen. Dies hat einen direkten Einfluss auf den Kraftstoffverkauf, da immer mehr Menschen Elektrofahrzeuge nutzen und sich das Bewusstsein für Umweltauswirkungen verstärkt. Aral-Chef Achim Bothe sagte dem „Handelsblatt“: „Seit 2019 ist der Kraftstoffverbrauch in Deutschland um rund acht Prozent zurückgegangen.“ Angesichts dieser Herausforderungen haben die großen Mineralölkonzerne begonnen, sich auf den sinkenden Kraftstoffverkauf einzustellen.

Elektrifizierung und Ladeinfrastruktur

Einige Mineralölkonzerne beteiligen sich am Aufbau von Elektrofahrzeug-Ladeinfrastrukturen. Indem sie Ladestationen an ihren Tankstellen installieren, erhoffen sie sich, Kunden anzuziehen, die Elektrofahrzeuge besitzen. Dies eröffnet auch die Möglichkeit, in Zukunft verschiedene Energiedienstleistungen anzubieten.

So plant Aral laut dem „Handelsblatt“, 100 Millionen Euro bis Ende 2025 allein für den Ausbau von Ladesäulen ausgeben. Insgesamt seien 5.000 Ladepunkte geplant. Derzeit bietet das Mineralöl-Unternehmen für E-Auto-Fahrer 1.600 Ladepunkte an 240 Stationen an. Schon bis Ende des Jahres soll sich die Anzahl auf 3.000 Ladepunkte erhöhen. Dabei setzt das Unternehmen vor allem auf Ladesäulen mit Ultraschnellladen (HPC), um sich von der Konkurrenz abzuheben. Zusätzlich sollen 50 weitere Stationen mit einem Rewe-To-Go-Tankstellenshop ausgestattet werden.

Shell setzt auf Mobility-Hubs

Einen anderen, radikaleren Weg beschreitet Shell. In Städten sollen so genannte Mobility-Hubs speziell für E-Autos entstehen, schreibt das Handelsblatt. Dort gebe es dann ausschließlich Ladesäulen und keine herkömmlichen Zapfsäulen mehr. Auf Autohöfen wolle Shell sein Angebot zusätzlich durch Bio-Flüssigerdgas und Wasserstoff für den Schwerlastverkehr erweitern. Zudem sollen Tankstellen zunehmend zum Rundum-Dienstleister ausgebaut werden. Neben Strom, Kraftstoff und Autowäsche sollen dort auch Geldautomaten und Paketservices angeboten werden. In den Stores setzt Shell vor allem auf ein vielfältiges Kaffeeangebot, frische Backwaren und Snacks.

Exxon (Esso) passt sein Tankstellennetzwerk an die Bedürfnisse der Zukunft an. Das Unternehmen prüft Möglichkeiten, Ladestationen für Elektrofahrzeuge an ausgewählten Standorten einzurichten, um den wachsenden Markt der Elektromobilität zu bedienen.

Total hat verkauft

Der französische Betreiber Total Energies hat seine 1.200 Stationen in Deutschland bereits an den kanadischen Shopbetreiber Couche-Tard verkauft. Vertraglich ist dieser jetzt nur noch fünf Jahre gebunden, auch die Kraftstoffe von Total zu vertreiben. Total sieht die Zukunft für Tankstellen nicht in der Elektromobilität. Das liegt unter anderem daran, dass nur rund 20 Prozent aller Ladevorgänge an öffentlichen Ladestationen stattfinden.

Aber nicht nur neue Konzepte für die Tankstellen-Infrastruktur treiben die Konzerne um, sie möchten auch mit anderen Maßnahmen der Entwicklung entgegenwirken und neue Geschäftsfelder auftun:

Forschung und Entwicklung: Die großen Mineralölkonzerne investieren verstärkt in Forschung und Entwicklung, um alternative Kraftstoffe zu erforschen und zu entwickeln. Das reicht von fortschrittlichen Biokraftstoffen bis hin zu synthetischen Kraftstoffen, die eine geringere Umweltauswirkung haben könnten. Dieser Ansatz zielt darauf ab, den CO2-Fußabdruck herkömmlicher Kraftstoffe zu reduzieren.

Chance Mobilität

Übernahmen und Partnerschaften: Einige Mineralölkonzerne setzen auf strategische Partnerschaften oder Übernahmen von Start-ups und Unternehmen, die auf erneuerbare Energien oder neue Mobilitätslösungen spezialisiert sind. Dies ermöglicht ihnen den schnelleren Zugang zu innovativen Technologien und Know-how.

Mobilitätsdienstleistungen: Einige Mineralölkonzerne erweitern ihre Angebote um Mobilitätsdienstleistungen wie Carsharing, Mitfahrgelegenheiten oder sogar den Verleih von Elektrofahrzeugen. Dies ermöglicht es ihnen, in den sich entwickelnden Markt für geteilte Mobilität einzusteigen.

Rückbau und Umnutzung

Rückbau und Umnutzung: In einigen Regionen reduzieren Mineralölkonzerne die Anzahl ihrer Tankstellen und prüfen Möglichkeiten für die Umnutzung von brachliegenden Flächen. Dies kann von Wohnentwicklungen bis hin zu erneuerbaren Energieprojekten reichen.

Diversifikation der Geschäftsmodelle: Mineralölkonzerne erkennen die Notwendigkeit, sich über ihr traditionelles Geschäft hinaus zu diversifizieren. Viele von ihnen investieren in erneuerbare Energien, wie etwa Wind- und Solarenergieprojekte. Durch den Ausbau von Portfolios in diesen Bereichen versuchen sie, langfristige Einnahmequellen außerhalb des Kraftstoffverkaufs zu erschließen.

Man darf freilich davon ausgehen, dass die Konzerne ihre Strategien je nach Entwicklungsstand und Marktlage anpassen werden. Doch generell lässt sich feststellen, dass sie die Weichen schon heute stellen. Und die weisen den Weg – weg vom Verbrenner. Titelfoto: Shell

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