HPC

Trotz HPC: Warum nur lädt mein Wagen so langsam?

Auch uns passiert es immer wieder: Trotz HPC-Säule lädt der Stromer nicht mit voller Leistung. Woran liegt das?

Den E-Flitzer schnell mal unterwegs an einen High Power Charger (HPC) anschließen, damit die Fahrt flott weitergehen kann: 350 kW Spitzenleistung darf man sich ja mal etwas kosten lassen. Leider enden solche Aktionen bei zahlreichen Elektromobilisten mit langen Gesichtern. Viel zu oft wird nicht mal annähernd die Geschwindigkeit erreicht, die der Autohersteller angibt – wobei dank angepasster Software sogar immer höhere Werte versprochen werden. Warum schlägt sich das in der Praxis so selten nieder?

Die Ursachen können vielfältig sein

Zunächst ist die angegebene Ladeleistung immer ein Maximal- und kein Dauerwert. Der kann während eines Ladezyklus maximal erreicht werden – muss aber nicht. So gibt es immer physikalische Grenzen beim Schnelladen: Unter günstigsten Bedingungen – bei Wohlfühltemperaturen für die Batterie um etwas über 20 Grad Celsius und entsprechend leerem Akku – nähert sich die Anzeige dem Maximalwert. Je größer zudem ein Akku ist, umso mehr Strom können die Batteriezellen gleichzeitig aufnehmen.

Wichtig: die Temperatur des Akkus

Liegt die Temperatur einer Lithium-Ionen-Batterie bei 30 bis 40 Grad, verringert sich ihr Innen-Widerstand, so dass sie noch einmal mehr Strom aufnehmen kann als unterhalb solcher Temperaturen. Tesla und einige andere Hersteller versuchen hier, die Performance des Akkus mit dessen gezieltem Aufwärmen noch vor einem geplanten Ladestopp zu optimieren. Was sich übrigens durch übermäßiges Schnellfahren kaum im selben Maß erreichen lässt.

Den umgekehrten Fall gibt es auch – dass eine Batterie zu heiß wird. Fahrer des Nissan Leaf der ersten Generation haben hier ihre Erfahrungen gemacht. Es fehlte eine aktive Klimatisierung des Akkus, so dass er bei schneller Fahrt und sehr hohen Außentemperaturen so warm werden konnte, dass der Onboard-Lader den Strom nur langsam in die Batterie ließ.

Wichtig: der Ladestand des Akkus

Außerdem bestimmt der Ladestatus einer Batterie, der State of Charge (SoC), wie viel Strom hinein kann, ja, noch hinein passt. Je geringer der Akku geladen ist, umso mehr Strom kann er aufnehmen. Nimmt die Kapazität zu, muss die Füllmenge gebremst werden, damit Ionen nicht kollidieren und sich metallisch an der Anode ablagern. Das ließe den Akku schneller altern. Deshalb steuert die Bordelektronik intelligent dagegen – sie muss den Akku nicht nur schnell laden, sondern auch schonen. Das bedeutet: Im Zweifel „entscheidet“ sie pro Batterie.

Wichtig: die Stromstärke der Säule

Audi e-tron GT
Stromer mit 800-Volt-Technologie wie der Audi e-tron GT können auch an 200-Ampere-Säulen schneller laden. Foto: Mag

Für ein schnelles Laden ist aber auch entscheidend, welche Stromstärke (Ampere) eine Ladesäule bietet – nicht nur, welche Leistung (Watt) sie schafft. So sind an Ladesäulen mit 200 Ampere in aller Regel 80 kW möglich, wenn der Akku des E-Autos mit 400 Volt arbeitet. Die Stromstärke müsste dann schon auf 400 A verdoppelt werden, um 160 kW aus der Säule zu kriegen. Es sei denn, das E-Auto beherrscht die 800 Volt-Technik – so wie der Hyundai Ioniq 5, der Porsche Taycan oder der Audi e-tron GT. Theoretisch ist damit das doppelte Ladetempo möglich, da dieses durch die höhere Spannung vergrößert wird.

Kurz gesagt: Bietet die Ladesäule nicht mehr als 200 Ampere, sind bei den meisten E-Autos nur 80 kW Ladepower zu erzielen – abzüglich diverser Verluste dürfte der Output gar noch etwas darunter liegen. Also: Die von den Autoherstellern versprochenen Ladeleistungen lassen sich erzielen – unter den erwähnten optimalen Bedingungen und dank ständig angepasster Software vielleicht für einige Minuten.

Wichtig: das Lastmanagement der Anlage

Und es gibt weitere Gründe für eine reduzierte Ladepower: Arbeitet ein Ladepark mit einem Lastmanagement, wird der zur Verfügung stehende Strom auf alle Anschlüsse verteilt, so dass sich die Leistung überall reduziert.

Auch beim Laden mit Wechselstrom (AC) kann es zu Enttäuschungen kommen: E-Mobilisten müssen darauf achten, dass ihr verwendetes Kabel für dreiphasiges Laden geeignet ist – sofern der Wagen solches Laden beherrscht. Dabei gibt es Kabel für 11 kW (16 A), aber auch für 22 kW (32 A). Ein Kabel, das nur für einphasiges Laden ausgelegt ist, wird höchstens 3,4 kW in die Batterie schaffen. Zunächst muss der E-Mobilist also folgende Fragen klären: Kann mein Auto dreiphasig mit 11 kW oder sogar mit 22 kW laden? Oder lädt es gar nur einphasig? Das Bordbuch hilft in solchen Fragen weiter.

Um uns Enttäuschungen zu ersparen, schauen wir am besten nicht so ehrfürchtig auf die Anzeige der Ladesäule. Oft bleibt uns ohnehin nur der Spruch: Lade mit Weile. Setzen wir einfach auf weitere und rasche neue Entwicklungen. Die kommen und sollten das Ladetempo in den kommenden Jahren ein weiteres Mal beschleunigen. Titelfoto: Porsche

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