Die Dienstwagen der Regierung überschreiten laut einer Umfrage der DUH zu oft die CO2-Grenzwerte. Doch es gibt auch Lichtblicke.
Die selbsternannte Klima-Regierung aus SPD, Grünen und FDP fällt beim Dienstwagen-Check der Deutschen Umwelthilfe (DUH) insgesamt klar durch: Von 9 Fahrzeugen der Bundesministerinnen und -minister überschreiten 7 den CO2-Flottengrenzwert von 95 g/km auf der Straße deutlich. Der durchschnittliche CO2-Ausstoß der Bundesministerien liegt mit 208 g/km auf der Straße nach wie vor deutlich oberhalb des EU-Flottengrenzwerts von 95 g/km und hat sich gegenüber 2021 (229 g CO2/km) wenig verändert.
Die leichte Verbesserung ist zudem fast ausschließlich auf einzelne Lichtblicke zurückzuführen. Die sieht die DUH im Auswärtigen Amt, das als erstes Bundesministerium eine Grüne Karte erhält, bei Landwirtschaftsminister Özdemir und Umweltministerin Lemke mit klimafreundlichen reinen E-Autos sowie bei Staatssekretärin Jennifer Morgan und den Staatssekretären Sven Giegold und Udo Philipp, die auf persönliche Dienstwagen ganz verzichten.
Dazu Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: „Statt eines sparsamen Elektrofahrzeugs setzen die Regierungsmitglieder in großer Menge auf Plug-in-Hybride. Und das, obwohl ihnen bekannt ist, dass diese Fahrzeuge nur auf dem Papier sparsam sind, im realen Betrieb jedoch besonders klimaschädlich. Wenn die Ampel nicht jede Glaubwürdigkeit verlieren will, muss sie jetzt schnell und konsequent umstellen auf wirklich klimafreundliche Dienstwagen.“
„Grüne Karte“ für Özdemir und Lemke
Insgesamt überschreiten von allen 247 befragten Politikerinnen und Politikern auf Bundes- und Landesebene 83 Prozent der Fahrzeuge den EU-Flottengrenzwert für CO2 von 95 g/km im Realbetrieb um mindestens 20 Prozent und erhalten dafür die Rote Karte. Der durchschnittliche reale CO2-Ausstoß aller Dienstwagen liegt bei 219 g/km – mehr als das Doppelte des Grenzwerts. 3 Politiker erhalten eine Gelbe Karte, da ihre Fahrzeuge den CO2-Flottengrenzwert auf der Straße „nur“ um bis zu 20 Prozent überschreiten. Positiv wertet die DUH, dass sich die Gesamtzahl der Grünen Karten auf 30 fast verdoppelt hat. Dabei handelt es sich ausnahmslos um Elektrofahrzeuge. Im vergangenen Jahr lag die Anzahl der Grünen Karten noch bei 16. Die DUH führt außerdem mit dem „Daumen-hoch“-Symbol eine neue Bewertungskategorie ein und hebt alle Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker positiv hervor, die ausdrücklich auf einen persönlichen Dienstwagen verzichten. Neben den bereits erwähnten 3 Politikerinnen und Politikern auf Bundesebene gehen auch 6 auf Landesebene so mit gutem Beispiel voran.
„Im Vergleich zum Vorjahr gibt es beim Dienstwagen-Check insgesamt dieses Mal immerhin kleinere Lichtblicke“, sagt Dorothee Saar, Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung der DUH. „So hat sich etwa der Anteil batterieelektrischer Dienstwagen von 7 auf 14 Prozent verdoppelt. Das reicht aber nicht angesichts der Herausforderungen durch die Klimakrise gerade im Verkehrssektor. Wie letztes Jahr kassiert die Mehrheit der Dienstwagen eine Rote Karte, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. Es wird höchste Zeit, dass sie sich von der klimaschädlichen Scheinlösung Plug-In verabschieden und stattdessen von den Herstellern effiziente und funktionale E-Autos einfordern.“
Zentrale Ergebnisse im Überblick:
- Nur 2 der 9 abgefragten Bundesministerinnen und -minister erhalten eine Grüne Karte: Cem Özdemir und Steffi Lemke halten mit ihren Elektroautos den CO2-Grenzwert auf der Straße ein. Schlusslicht im Kabinett: Klara Geywitz legt in ihrem neuen Ministerium einen Fehlstart bei der Dienstwagen-Wahl hin.
- Schlusslichter im Gesamtranking sind dieses Jahr erneut: Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius und der Nordrhein-Westfälische Innenminister Herbert Reul. Sie haben jeweils einen Audi A8 als Dienstwagen gewählt, der schockierende 488 g/km realen CO2-Ausstoß auf die Straße bringt.
- Die Berliner Umweltsenatorin Bettina Jarasch belegt den Spitzenplatz im Gesamtranking mit einem Tesla Modell 3 (realer CO2-Ausstoß von 59 g/km), gefolgt von Tobias Lindner, Staatsminister im Auswärtigen Amt und einem Mercedes-Benz EQS 450+ (realer CO2-Ausstoß von 64 g/km). Den dritten Platz teilen sich Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium und Priska Hinz, Umweltministerin in Hessen.
- Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg erhält als einziger Landesregierungschef die Grüne Karte.
- Alle im Auswärtigen Amt befragten Politikerinnen und Politiker fahren sparsame Elektroautos oder verzichten wie im Fall von Jennifer Morgan gar auf einen Dienstwagen, weswegen das Ministerium erstmals die Grüne Karte erhält.
- Bei den Umweltministerinnen und -ministern erhalten sechs eine Grüne, zwei eine Gelbe und enttäuschende neun eine Rote Karte; besonders erwähnenswert ist Priska Hinz, die ihren Verbrauch durch einen Fahrzeugwechsel von 258 g/km CO2 auf 69 g/km im realen Betrieb senken konnte und damit vom vorletzten auf den zweiten Platz vorgerückt ist.
Methodik:
Der 16. Dienstwagen-Check fand im Zeitraum von Januar bis Mai 2022 statt. Unterschiedliche CO2-Angaben für das gleiche Fahrzeugmodell ergeben sich zum Beispiel durch verschiedene Erstzulassungszeitpunkte und Ausstattungsvarianten. Die besonders geschützten Fahrzeuge des Bundeskanzlers, des Vizekanzlers, der Verteidigungsministerin sowie der Außen- und Innenministerin und der Minister für Gesundheit und Finanzen werden wie in den Vorjahren in der Auflistung nicht gewertet.
Die Auswertung basiert auf dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ). Dieser Wert ist maßgeblich für die Einhaltung des EU-weit bindenden Flottengrenzwertes für Neuzulassungen bei Pkw. Dem Ranking liegt der CO2-Ausstoß im realen Fahrbetrieb zugrunde. Dieser basiert auf der durchschnittlichen Abweichung zwischen den offiziellen CO2-Angaben des Herstellers und den CO2-Emissionen im realen Fahrbetrieb je Autohersteller. Dafür wurden die herstellerspezifischen Abweichungen auf Basis von Angaben des International Council on Transportation ICCT berücksichtigt. Bei Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen basiert der reale CO2-Ausstoß auf den offiziellen Kraftstoffverbrauchsangaben bei leerer Batterie, da diese Fahrzeuge überwiegend im Verbrennermodus gefahren werden.
Bei Fahrzeugen mit teilelektrischem oder vollelektrischem Antrieb wurde der CO2-Gehalt des deutschen Strommixes nach Angaben des Umweltbundesamtes des Jahres 2020 herangezogen. Titelfoto: AdobeStock
Hier geht es zu den Ergebnissen des DUH-Dienstweagen-Checks.
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