BMW i4

Test-Tagebuch BMW i4 eDrive40

Im Testzeitraum von 14 Tagen fallen uns an einem Auto viele Kleinigkeiten auf. Das Test-Tagebuch fasst diese zusammen. Der Kandidat: BMW i4 eDrive40.

19.11.2022: Achtung: i4, nicht i3. Obwohl nur eine Zahl höher, liegen doch Welten zwischen den beiden Fahrzeugen aus BMW-Produktion. War der i3 seinerzeit ein Vorreiter bei der E-Mobilität und ließ bisherige BMW-Tugenden wie Sportlichkeit links liegen, so stammt der i4 von einem Verbrenner ab, nutzt dessen Plattform und setzt voll und ganz auf die Tugenden der Münchner Fahrzeuge: Sportlichkeit, Fahrspaß und ein Inneres, das zu 100 Prozent Markentreue spiegelt.

BMW i4
Elektrisches Coupé mit vier Türen: BMW i4 eDrive40. Fotos: Mag

„Unser“ i4 ist die kleinere von zwei derzeit angebotenen Varianten, eDrive40 genannt. Es gibt noch den stärkeren M50. Dabei ist unser Exemplar keineswegs schwachbrüstig: 250 kW (340 PS) und Hinterradantrieb liefern zwei Synchronmotoren, die ohne Permanentmagnete und damit ohne seltene Erden auskommen. Stattdessen wird das magnetische Feld elektrisch erzeugt. Das soll die Gesamt-Umweltbilanz der Fahrzeuge verbessern.

Genügend Power

Freilich kann man zwischen verschiedenen Fahrmodi wählen, und wenn man „Sport“ einlegt und das Strompedal durchdrückt, merkt man schnell, dass es den M50 (400 kW/544 PS) nicht braucht, um flott von der Stelle zu kommen. Auch im eDrive40 drückt einem der Kickdown die Gedärme Richtung Sitzlehne, wobei die Traktion trotz Hinterradantrieb hervorragend ist. „Sport“ und „Eco pro“ lassen sich in Untermenüs individuell einstellen. Dritter Modus ist „Comfort“.

So haben wir die ersten Kilometer dazu genutzt, den i4 kennen zu lernen, auf unsere Bedürfnisse einzustellen und erste Fahrtests vorzunehmen. Der Bordcomputer zeigt bei den derzeit kalten Temperaturen nach 80 Kilometern einen Verbrauch von 22,8 kWh an; für die Strecke von München nach Frankfurt weist er 18,5 kWh aus. Nun, wir werden sehen – und berichten.

Die Ladekurve des BMW i4 eDrive40.

23.11.2022: Wir waren eifrig unterwegs mit dem i4, und ruckzuck nähert sich die SoC-Anzeige Regionen, die zum Nachladen auffordern. Nun denn: Wir sind mit einer Restkapazität von 13 Prozent und 49 Kilometern Restreichweite an unserem Aral Supercharger eingetroffen. Wir haben ihn zuvor über das Navi angewählt, damit die Batterie bei Temperaturen um die 8 Grad vorgewärmt werden konnte. Zunächst schnellte die Kurve auf bis zu 208 kW hoch, bevor sie recht schnell auf unter 200 absackte und gleichmäßig absank. Nach 32 Minuten haben wir den Ladestand von 80 Prozent erreicht, und es sei erwähnt, dass die Ladeleistung danach nicht weiter einbrach. So schaffte der i4 in 40 Minuten Ladezeit einen SoC von 88 Prozent. Um 200 Kilometer nachzuladen benötigt man zwischen 11 und 16 Minuten. Angenehm ist, dass der Ladevorgang im Display hinter dem Lenkrad recht detailliert angezeigt wird, inklusive Ladeleistung.

Ein Wort noch zu den Platzverhältnissen. Vorne fühlt man sich in BMW-Manier gut integriert, und der Sitz lässt sich weit nach unten und hinten fahren, so dass auch große Menschen auskömmlich Platz finden. Da der elektrische i4 vom Verbrenner-i4 abstammt geht es Coupé-typisch hinten recht eng zu, was man von E-Autos auf eigenen Plattformen so nicht gewohnt ist. Der Kofferraum fasst 470 bis 1.290 Liter, ist aber durch die große Heckklappe gut zugänglich. Leider gibt es wenig Ablagen, und die Türtaschen fallen recht klein aus. Die Anhängelast beträgt 1.600 kg gebremst und 750 kg ungebremst; die Stützlast 75 kg.

25.11.2022: Unser Testwagen hatte eine elektronische Erkältung. Als wir dieser Tage einstiegen und losfahren wollten, zählte er nach dem Hochfahren insgesamt sechs Fehler auf. Im Ergebnis funktionierten die Fahrerassistenten nicht, das Radio blieb stumm und auch über das Handy ließ sich nichts abspielen. Auch das Blinkerticken ließ sich nicht vernehmen (der Blinker funktionierte aber).

Also haben wir angehalten, die Zündung ausgemacht, sind ausgestiegen und haben das Auto verschlossen – meist hilft das schon gegen elektronische Probleme. Doch diesmal nicht, trotz mehrmaligen Versuchs. Als letzte Chance blieb also nur diejenige Maßnahme, die bei allen Elektronik-Wehwehchen am besten hilft: eine Nacht abwarten. Und siehe da: Am nächsten Morgen fuhr das System problemlos hoch, und seitdem tun Radio und Fahrassistenten wieder brav ihren Dienst – Erkältung auskuriert.

Ansonsten finden wir am elektrischen i4 immer mehr Freude. Fahren und Bedienung sind wirklich ein Genuss, die automatische Rekuperation funktioniert wirklich sehr gut, so dass wir die Hebelstellung B – Abbremsen bis zum Stillstand – noch gar nicht genutzt haben. Wichtiges liegt auf Tasten oder man findet es recht schnell im Menü. Allein die derzeit viel genutzte Sitzheizung könnte noch direkt ansteuerbar sein.

Am Wochenende geht´s auf eine längere Strecke. Hoffentlich ohne Erkältung.

 BMW i4
Unter dem Laderaumboden ist Platz für ein Ladekabel.

28.11.2022: Das Wichtige zuerst: Die Erkältung ist anscheinend dauerhaft überwunden, die Elektronik funktionierte bei einem längeren Trip problemlos. Und da war dann noch die Beinahe-Schlägerei auf dem Rastplatz wegen eines zugeparkten E-Ladeplatzes.

Wie angekündigt sind wir am Wochenende eine längere Autobahn-Strecke gefahren, von Frankfurt nach Neuss und Köln. Dabei spielte der i4 seine Stärken aus: Fahrwerkseinstellung auf Comfort und adaptiver Tempomat auf 125 km/h – und schon regelt die erwähnte Elektronik das meiste – die Erkennung von Tempolimits funktioniert weitgehend zuverlässig. Das Fahrwerk arbeitet dann recht kommod, vermittelt aber dennoch ein sportliches Grundgefühl. Bei Temperaturen um die 9 Grad auf dem Hinweg zeigte der Bordcomputer 19,7 kWh Verbrauch je 100 Kilometer, auf dem Rückweg waren es 22,1 kWh bei um die 6 Grad.

Losgefahren mit einem Ladestand von 100 Prozent, mussten wir einmal nachladen. Leider waren auf der belebten, dunklen und recht kleinen Raststätte die beiden Schnellladeranschlüsse von Verbrennern zugeparkt. Wir nutzten zunächst einen 50-kW-Lader daneben. Bevor wir die recht alte und abgenutzte Säule zum Laufen brachten, kam ein weiterer E-Mobilist und parkte laut schimpfend neben den Parksündern. Als kurz darauf einer der beiden auftauchte, entstand ein heftiger und lauter Wortwechsel, der beinahe zu einer Schlägerei ausgeartet wäre. Das alles in leichtem Nieselregen. Leben hautnah.

Nun ja, als der zweite Sünder weggefahren war (das hatten wir nicht mitbekommen), hängten wir den BMW noch kurz an den HPC-Lader, bevor wir nach einer insgesamt 45-minütigen Pause die Weiterfahrt antraten – voll von Gedanken, wie man das Problem der Ladesäulen-Zuparker lösen könnte.

Die Bedienung erfolgt über den Dreh-Drücksteller oder über den Touchscreen – oder über Tasten.

01.12.2022: Die Testzeit neigt sich dem Ende zu. Und bevor wir den BMW i4 verabschiedeten, zeigte sich die „Erkältung“ (siehe Eintrag am 25.11.22) erneut. Wir haben aber mittlerweile herausbekommen, was die Elektronikfehler verursacht. Es ist offensichtlich ein Fehler beim Hochfahren des Systems. Wenn man die Tür öffnet und dann zu schnell den Startbutton drückt, verschluckt sich der Rechner – mit den erwähnten Folgen. Wir haben aber auch herausbekommen, wie dem beizukommen ist: Auto abschalten, aussteigen, abschließen und weit genug entfernen, damit der Schlüssel keinen Kontakt mehr zum Fahrzeug hat. Dann einige Minuten warten. Danach klappte das Booten wieder – natürlich mit kurzer Pause zwischen Einsteigen und starten. Tja: Computer auf Rädern.

Es ist aber auch Zeit, einen Blick auf den Preis des i4 zu werfen. Der Basispreis liegt bei 59.200 Euro brutto. Damit qualifiziert er sich für den 2023er Umweltbonus von 3.000 Euro. Freilich geht kein i4 „nackt“ über den Tresen. Unser Testwagen war unter anderem ausgestattet mit netten Extras wie elektrische Sitzverstellung (1.200 Euro), Driving Assistant (2.000), aerodynamische 19-Zoll-Räder (2.690), diverse Designstücke wie Exterieur Line Aluminium satiniert (410) oder dem Harman-Kardon-Soundsystem für 900 Euro. Alles in allem kam der Testwagen auf 74.630 Euro – ein Preis, den man für einen vernünftig ausgestatteten i4 einkalkulieren sollte.

Vermisst haben wir das Matrix-Licht, das BMW aber nur in Verbindung mit Laserlicht anbietet – zu einem Aufpreis von 1.700 Euro. Für das LED-Basislicht wird lediglich ein Fernlicht-Assistent für 190 Euro angeboten. Noch ein Wort zur Bedienung: Obwohl die Bedienung bei BMW fast vorbildlich ist, muss man für die Sitzheizung ins Menü wechseln; eine Taste gibt es nicht. Angesichts von Ledersitzen im Winter wäre eine solche praktischer. Zudem dauert es recht lange, bis die Sitze warm sind.

Nun denn, BMW hat aus einem Verbrenner-Coupé ein beachtliches Elektroauto mit nur sehr wenigen Schwächen, aber mit viel Fahrspaß und trotzdem guten Verbräuchen gemacht. Der Abschlussbericht folgt in einigen Tagen.

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